- Von Andreas Harms
- 07.04.2025 um 10:50
Man kann es sich natürlich schönreden. Wie so oft. Dann fallen Sätze wie: „Ist doch nicht so schlimm“ oder „Trifft ja keinen armen“. Doch es ist und bleibt Betrug, was sich da in manchen Fahrradwerkstätten neuerdings mutmaßlich ereignet. „Fahrradbesitzer bringen ihr Fahrrad in die Werkstatt, wo sie nicht nur einen Kostenvoranschlag erhalten, sondern auch den Hinweis, eine Fahrradversicherung abzuschließen, um die Reparaturkosten später über diese abzurechnen“, berichtet Jörg Fischer, Leiter der Schadenabteilung bei den NV-Versicherungen.
Also schnell eine Police, um den schon vorhandenen Schaden bezahlen zu lassen? Das ist eine Praktik, die auch Axel Börner vom Branchendienstleister Friss Betrugsprävention schon beobachtet hat: Kunden schließen online eine Police ab und melden ein paar Stunden später den Schaden, der schon vorher da war (das Interview hören Sie in unserem Podcast).
Nun also auch mit Fahrrädern? Vielleicht. Auch andere Fahrradversicherer halten es zumindest für möglich. So sagt etwa Georg Düsener, Referent Vertrieb bei Linexo, der Fahrradmarke des Versicherers Wertgarantie: „Es kommt vor, dass Versicherungsantrag und erste Schadenmeldung am selben Tag eingehen.“ Aber er relativiert auch sofort: „2024 haben die innerhalb von 24 Stunden eingereichten und von uns regulierten Schäden 0,03 Prozent ausgemacht.“ Das ist zweifellos überschaubar.

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Gleichwohl reagieren die Versicherer auf solche Vorgänge und sogar schon auf die entsprechende Gefahr. So haben die NV-Versicherungen zumindest für Verschleißschäden bei ihrer Fahrradversicherung eine Wartezeit eingeführt. Zwar zahlt die NV Fahrradkasko Premium 2.0 nach wie vor abgefahrene Reifen, zerdehnte Fahrradketten und allen anderen üblichen Abrieb. Doch bei Neurädern tut sie das erst nach einer Laufzeit von drei Monaten. Ist das Fahrrad bei Versicherungsbeginn älter als sechs Monate, beträgt die Wartezeit sogar ebenfalls sechs Monate.
Bei der Fahrradversicherung der frisch mit der Gothaer fusionierten Barmenia gibt es so eine Wartefrist nicht. Aber man schaut bei Schäden genau hin. So erklärt eine Sprecherin: „Bei Schäden zu einem sehr frühen Vertragszeitpunkt in Verbindung mit gebrauchten Fahrrädern oder E-Bikes fordern wir Anschaffungsbelege zum Fahrrad und auch Unterlagen zur Wartungshistorie an. Auch ein Diagnosebericht bei Elektronikschäden und Angaben zur Laufleistung im Diagnosebericht können Aufschluss über eventuelle Vorschäden geben.“ Ebenso sei Rücksprache mit Werkstätten denkbar. Ziel solcher Aktionen sei die Kontrolle, ob der gemeldete Schaden überhaupt in der kurzen Vertragslaufzeit entstanden sein könnte.
Darüber hinaus hat man bei der Barmenia Ideen, wie sich Missbrauch der Fahrradversicherung vorbeugen lässt. Umsetzen will man sie noch in diesem Jahr, mehr Infos dazu lässt der Versicherer nicht raus.
Schäden auf statistische Auffälligkeiten prüfen
Bei Linexo hingegen hat man schon einige Maßnahmen umgesetzt (wobei eine Wartezeit von sechs Monaten nur für Verschleiß an gebrauchten Rädern greift). So prüft der Versicherer gemeldete Schäden mittels künstlicher Intelligenz auf statistische Auffälligkeiten, die auf Betrug hindeuten könnten. „Wir können damit sowohl innerhalb von Rechnungen und Kostenvoranschlägen als auch auf Ebene der Fachhändler Auffälligkeiten identifizieren“, sagt Georg Düsener. Eine wichtige Voraussetzung dafür hat Linexo von Anfang an erfüllt: Alles läuft dort digital.
Doch bei Neuverträgen verlässt sich der Versicherer noch auf die gute alte Erfahrung. So sehen sich geschulte Mitarbeiter alle Schadenmeldungen einzeln an, die in den ersten Versicherungswochen ins Haus kommen. Egal, wie hoch oder niedrig die Summe ist. Dabei gibt man sich selbstbewusst. Düsener: „Unsere Leistungsbearbeitung ist geschult und erkennt Betrugsversuche zuverlässig. Über das Fachhändler- sowie Kundenportal haben wir die Möglichkeit, mit beiden fallbezogen in Kontakt zu treten und Ungereimtheiten zu klären.“
Und sollte das nicht fruchten und die Schadenquote auffällig hoch bleiben, zeigt sich der Versicherer konsequent: „Eine Partnerschaft kann beendet werden. Und das haben wir auch schon getan.“ Da hilft dann auch kein Schönreden mehr.

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