- Von Oliver Lepold
- 28.09.2021 um 10:45
Anders als in der privaten Kfz-Sparte gibt es jedoch kein vergleichbares standardisiertes Tarifwerk für die Flottenversicherung. „Es gibt vom GDV zwar einen Flottentarif, der aber wenig differenzierend ist. Die Anforderungen der Flottenkunden sind sehr unterschiedlich, was den gewünschten Leistungsumfang angeht, sodass ein einheitlicher GDV-Tarif dem nicht gerecht wird“, sagt Frederik Waller, Abteilungsleiter Maklervertrieb Itzehoer Versicherungen.
Tarifgruppen sind keine Lösung
Das Problem: Aufgrund der Besonderheiten jeder Flotte kann eine Prämienkalkulation nur auf Basis der individuellen Schadensituation erfolgen. „Würde man hier Tarifgruppen schaffen, würde dies zu einer negativen Risikoselektion führen. Das bedeutet, dass gute Risiken zu viel zahlen und zur Konkurrenz abwandern und schlechte Risiken ungerechtfertigt subventioniert würden“, erläutert Timon Schneider, Spezialist für Flottenversicherung der Zurich. Daher müssten Flottentarife derzeit auf Basis der Informationen aus den Schadenfällen der GDV-Meldestatistik erstellt und kalkuliert werden, deren Aussagewert dafür begrenzt ist.
„Die grundlegende Schwierigkeit bei der Entwicklung neuer Tarifmerkmale besteht darin, den kausalen Zusammenhang von sich nicht gegenseitig beeinflussenden schadenauslösenden Faktoren zu erkennen, zu erklären und statistisch nachweisbar zu quantifizieren“, sagt Thomas Winkler, Chief Underwriter Kraftfahrt der Gothaer Versicherung, der über das Thema promoviert hat. Die relativ kleinen Versicherungsbestände und kurzen Beobachtungszeiträume erschweren dieses Vorhaben zusätzlich.
Allgemeingültige Tarife noch nicht möglich
Die VHV etwa bietet bei kleineren Flotten mit weniger als fünf Fahrzeugen neben dem klassischen Tarif mit Schadenfreiheitsrabatt auch Stückbeitragslösungen für bestimmte Zielgruppen an. „Für eine Kalkulation auf Branchen- oder Verbandsebene sind allerdings die verfügbare Datenmenge zu gering und die statistische Varianz zu groß für eine risikogerechte Beitragsspreizung, als dass sich zum heutigen Zeitpunkt allgemeingültige Tarife im Flottengeschäft ohne Betrachtung des individuellen Schadenverlaufes berechnen lassen“, so Eller.
Und die Schäden werden durch technische Entwicklungen und medizinische Fortschritte immer teurer: „Etwa durch die Komplexität bei Scheinwerfern, Frontscheiben oder die Weiterentwicklung der Prothetik. Dies führt zu Sicherheits- und Komfortverbesserungen, aber eben auch zu höheren Kosten“, betont Zurich-Flottenspezialist Schneider.
Viele Flottenbetreiber versuchen, ihre Schäden zu senken, um Folgekosten für den eigenen Betrieb zu minimieren. Denn Umsatzverluste, Wertminderungen oder Lohnfortzahlungen übernimmt kein Flottenversicherer. „Als Trend im Flottenbereich sehen wir zudem eine weitere Zunahme von Fahrerassistenzsystemen sowie einen verstärkten Fokus auf alternative Mobilitätskonzepte“, so R+V-Underwriter Ghezzi. Die R+V hat autonomes Fahren und Cyber-Risiken bereits in ihren Versicherungsbedingungen berücksichtigt.
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