- Von Lorenz Klein
- 10.09.2018 um 10:22
Endlich Freitag! Erlösung finden vom öden Schul-/Azubi-Schnarch-Alltag in der Provinz – für wenigstens ein paar unendlich währende Stunden. Mit den Kumpels über die Landstraße rollen – „Hit the road“! Für viele Jugendliche, die gerade ihren Führerschein gemacht haben, kann so das Lebensgefühl aussehen. Der Tod hat in diesen Gedanken verständlicherweise keinerlei Platz, jedoch in den dürren Zeilen des Nachrichten-Tickers vom 21. Juli 2018: „Ein 18-jähriger Fahranfänger ist am Samstagmorgen im Hohenlohekreis tödlich verunglückt. Er schoss mit seinem Wagen über eine Verkehrsinsel. Sein 22 Jahre alter Beifahrer wurde schwer verletzt.“
Verti will keine Fahranfänger versichern
Wann es sich lohnt, nach einem Unfall selbst zu zahlen
Begleitetes Fahren drückt Versicherungsprämien
Nur eine Woche später findet ein „Bild“-Reporter eindringliche Worte für den nächtlichen Horror auf deutschen Landstraßen: „Die Türen sind weggefetzt, die Airbags geplatzt. Die Karosse ist völlig zerstört. Der Kran hievt die Überreste des VW auf den Abschlepper. Ein Fahranfänger hat im Vogtland seinen Golf zerlegt.“ Auch diesen Unfall verursachte ein 18-Jähriger Samstagmorgen gegen 3 Uhr. Ob er zu schnell gewesen sei, werde noch ermittelt. Wie durch ein Wunder konnte der Fahrer lebend geborgen werden. Er kam mit schweren Verletzungen in die Klinik.
„Nach wie vor sind junge Fahrer einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt“
Es sind zwei Beispiele, die von den Unfallstatistiken gestützt werden. „Nach wie vor sind junge Fahrer, also Autofahrer in der Altersspanne von 18 bis 24 Jahren, einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt“, berichtet das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz. Auf dem Weg in die Eigenständigkeit würden Grenzen getestet und überschritten, was nicht selten mit dem Konsum von Alkohol und Drogen einhergehe, so die Analyse der Polizei. Die Zahl der Verkehrsunfälle in der Gruppe der jungen Fahrer konnte beispielsweise in Rheinland-Pfalz von 33.193 in 2016 auf 33.098 im Folgejahr nur minimal reduziert werden.
Hauptunfallursachen sind fehlende Sicherheitsabstände, gefolgt von überhöhter Geschwindigkeit. Gerade männliche Fahranfänger neigen laut Polizei dazu, sich selbst zu überschätzen. Hinzu kommt immer häufiger die Gefahr der Ablenkung durch die Nutzung von Smartphones. Verkehrspsychologen zufolge ist das Unfallrisiko beim Lesen und Schreiben von Texten stärker erhöht als beim Fahren unter Alkoholeinfluss. Schon ein kurzer Blick von einer Sekunde auf das Display reicht aus, um bei Tempo 50 ganze 14 Meter im „Blindflug“ unterwegs zu sein.
Auffällig sei vor allem eines, berichtet das Portal Regio-Protect, das junge Menschen in Brandenburg für Risiken im Straßenverkehr sensibilisieren möchte: Fahranfänger haben ein anderes Blick verhalten als erfahrene Autofahrer, sie vermuten Gefahren eher bei unbewegten Objekten, unterschätzen Risiken und erfassen die Verkehrsumwelt noch nicht ganzheitlich. Dies wiederum führe dazu, dass der Sicherheitsabstand nicht ein gehalten und die Geschwindigkeit nicht angepasst werde.
Mehr Disziplin dank Telematik?
Kann womöglich die Versicherungswirtschaft einen entscheidenden Beitrag liefern, um die Sicherheit von Fahranfängern zu erhöhen? Anders gefragt: Können sogenannte Telematik-Tarife der Kfz-Versicherer die Selbstdisziplin der „jungen Wilden“ stärken? Darum geht es: Bei Telematik-Tarifen, gelegentlich auch als „Pay-as-you-drive“-Tarife bezeichnet, beeinflusst die Fahrweise des Kunden die Höhe seiner Kfz-Versicherungsprämie. „Wer vorsichtiger fährt, hat eine geringere Schadenwahrscheinlichkeit – und kann so unter Umständen auch bei der Versicherungsprämie sparen“, erklären die Experten des Versicherungsverbandes GDV.
Die elektronischen Systeme messen dabei Faktoren wie Geschwindigkeit, Uhrzeit, Beschleunigungs- und Bremsverhalten. Die Daten werden per Mobilfunk an einen unabhängigen oder zum Versicherer gehörenden Dienstleister übertragen. Dieser errechnet daraus nach jeder Fahrt eine Note, den sogenannte Score, der wiederum über die Prämie entscheidet. Wer die Datenerfassung abschaltet, darf das tun, riskiert aber, den Bonus zu verlieren.
Lange Zeit waren derartige Tarife mit reichlich angezogener Handbremse auf der Vertriebsstrecke unterwegs. Doch die Versicherer haben mittlerweile ein paar Gänge höher geschaltet. Beispiel Huk-Coburg: Im Oktober 2016 ging der Versicherer mit dem „Smart-Driver“-Tarif an den Start. Seither kamen nach eigenen Angaben rund 70.000 Vertragsabschlüsse zusammen. Das Produkt steht jungen Menschen bis 25 Jahren offen. Hauptanreiz ist, dass Kunden bis zu 30 Prozent ihrer Beiträge sparen können, außerdem ist eine automatische Rettung nach einem Unfall vorgesehen.
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