Schülerin schnuppert am Girls Day in eine KFZ-Werkstatt in Bonn: Steigende Preise in Werkstätten machen der KFZ-Versicherung noch immer zu schaffen © picture alliance / Ulrich Baumgarten
  • Von Andreas Harms
  • 09.04.2025 um 14:13
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Steigende Kosten in Werkstätten ließen Prämien für KFZ-Haftpflicht und KFZ-Kasko steigen. Das brachte Kunden verstärkt dazu, sich eine neue KFZ-Versicherung zu suchen. In der aktuellen Zahlensaison springen uns drei beziehungsweise zweieinhalb Gewinner dieses Trends ins Auge. Alle drei melden Rekordsummen im Neugeschäft.

Holger Iben hatte es schon im vergangenen Sommer im hauseigenen Podcast angedeutet. „Das ist nicht nur Flut, sondern schon eher eine Springflut“, sagte er damals schon. Iben leitet den Maklervertrieb bei der Itzehoer. Und die konnte sich damals schon über viele neue Kunden freuen, denen anderswo die Prämien für die KFZ-Versicherung kräftig nach oben gesetzt wurden (mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier).

„Wenn man ehrlich ist, hat es uns ein Stück weit überrollt, weil wir so viel nicht geplant hatten und eigentlich auch gar nicht haben wollten“, sagte Iben außerdem.

Was sich damals nur andeuten ließ, ist heute über echte Zahlen greifbar geworden: Kunden mit KFZ-Haftpflicht und vielleicht auch KFZ-Kasko flohen massiv vor steigenden Prämien und wechselten Anbieter. Die Berichtssaison der Versicherer läuft jetzt und lässt manche Häuser von Zuströmen in Rekordhöhe in die KFZ-Versicherung erzählen. Zwei davon fallen besonders auf, eines davon ist die Itzehoer, das zweite ist die ADAC Autoversicherung. Ebenfalls viele neue Verträge meldet die Huk-Coburg, doch sie sehen wir nur als halbe Gewinnerin. Mehr dazu später im Text.

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Die Itzehoer verzeichnete im Gesamtjahr 2024 satte 221.260 neue KFZ-Verträge. Der Bestand wuchs um 17,3 Prozent auf nunmehr 1,5 Millionen Verträge. Die Stornoquote blieb mit 6,5 Prozent trotz der um durchschnittlich 7 Prozent erhöhten Prämien recht überschaubar.

„Es waren zwei KFZ-Versicherungsjahre, wie wir sie noch nicht erlebt hatten“, meint Vorstandschef Uwe Ludka am 7. April auf der Bilanz-Pressekonferenz.

Und er liefert Argumente, warum sein Haus derart zum Ziel der Kundenwanderung wurde. Mit „transparenter Kommunikation zu den enormen Preisschüben im KFZ-Reparaturbetrieb“ habe das zu tun. Also nicht einfach Prämie hoch, sondern auch erklären, warum.

Werkstattbindung in jeder vierten KFZ-Kasko

Außerdem habe man Kunden den Werkstattbonus angeboten. Sie zahlen dann in der Kasko bis zu 20 Prozent weniger, dafür darf die Itzehoer die Werkstatt aussuchen. Wobei natürlich „Werkstattbonus“ nicht ganz so einschränkend klingt wie die eigentlich übliche „Werkstattbindung“. Worte erzeugen nun mal Gefühle. Inzwischen taucht diese Klausel in jeder vierten KFZ-Kasko auf.

Gleichwohl hat die Itzehoer die schwarzen Zahlen verfehlt. Die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) betrug 2024 im KFZ-Geschäft defizitäre 105,5 Prozent. Wobei laut Ludka das nun erreichte Beitragsniveau ausreicht, um in diesem Jahr unter 100 Prozent zu tauchen.

Als zweiter großer Gewinner erweist sich die ADAC Autoversicherung. Das zu 51 Prozent der Allianz Versicherung gehörende Haus (der Rest gehört der ADAC Versicherung) meldete für 2024 ein Rekord-Neugeschäft. 380.000 frische Policen flatterten ins Haus. Damit lag allein das Wachstum (!) 16 Prozent höher als im Vorjahr. Die Zahl der versicherten Fahrzeuge stieg um 13 Prozent auf 1,3 Millionen, denn auch bei der ADAC Autoversicherung sprangen Kunden wegen steigender Beiträge ab.

„Stärkstes Neugeschäft der Unternehmensgeschichte“

Vorstandschef Stefan Daehne sieht ebenfalls die erhöhte Wechselbereitschaft in der KFZ-Versicherung als Treibstoff und drückt das so aus: „In diesem herausfordernden Marktumfeld hat die ADAC Autoversicherung mehr Autofahrer als je zuvor überzeugt und so zum dritten Mal in Folge das stärkste Neugeschäft der Unternehmensgeschichte erzielt.“

Wie bei der Itzehoer greifen auch Kunden der ADAC Autoversicherung zunehmend zur Werkstattbindung, die übrigens ebenfalls Werkstattbonus heißt. Auch hier kann die Kasko-Prämie um bis zu 20 Prozent sinken. Dafür entschieden haben sich schon mehr als 60 Prozent der Kaskoversicherten.

Eine Schaden-Kosten-Quote gibt das Haus nicht an. Aber das versicherungstechnische Ergebnis im SFCR-Bericht beträgt plus 648.000 Euro, was in solchen Zeiten wirklich beachtlich ist. Nach Handelsrecht kommen Rückstellungen hinzu, was das Ergebnis auf minus 7,2 Millionen Euro drückt.

Die eingangs schon erwähnte Huk-Coburg mischt zwar ebenfalls kräftig im KFZ-Neugeschäft mit, geht aber nur als halbe Gewinnerin durch. Zwar meldet auch sie mit 1,7 Millionen versicherten Fahrzeugen einen Rekord im Neugeschäft (hier sind die Zahlen insgesamt größer als bei den anderen). Der Bestand stieg trotzdem um lediglich 0,8 Prozent auf 14 Millionen Fahrzeuge, was sie natürlich trotzdem weiter ganz vorn mitmischen lässt. Es heißt aber im Umkehrschluss: Eine Menge Kunden sprangen ab.

Huk-Coburg peilt Combined Ratio unter 100 Prozent an

In Hinblick auf die Combined Ratio schrammte die Huk-Coburg mit 101,7 Prozent nur noch knapp an der schwarzen Zahl vorbei. Dieses Jahr soll es in die Gewinnzone gehen.

Und während die Konkurrenz gern über Werkstattbindung spricht, erwähnt man bei der Huk-Coburg die Telematik. Mittlerweile nutzten 670.000 Kunden einen solchen Tarif, der das Fahrverhalten misst und danach die Prämie richtet. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein bemerkenswerter Zuwachs um 18 Prozent.

Und wie geht es eigentlich dem Platzhirsch, der Allianz Versicherung? Sie meldet zwar in der Kraftfahrtversicherung 2,0 Millionen neu abgeschlossene Verträge. Das ist zweifellos eine enorme Menge. Doch die Gesamtzahl der Verträge im Bestand fuhr mit 13,1 Millionen Stück nahezu auf der Stelle. Die Combined Ratio landete bei 102,5 Prozent.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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