- Von Lorenz Klein
- 04.10.2021 um 10:42
Pfefferminzia: „Nachfrage nach Rechtsberatung ungebrochen hoch“, titelte Pfefferminzia im Februar. Demnach suchten immer mehr Verbraucher in der Corona-Pandemie Rat bei ihrem Rechtsschutzversicherer, weil sie zum Beispiel Angst um ihren Job haben. Das ergab eine Sonderauswertung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Können Sie diese Entwicklung auch aus heutiger Sicht bestätigen und hat sich dies bei Ihnen auch durch eine erhöhte Nachfrage nach Rechtsschutzversicherungen bemerkbar gemacht?
Sven Nebenführ: Während der Pandemie habe ich einen Nachfrageanstieg bei speziellen Rechtsschutztarifen für Geschäftsführer und im Vermieterrechtsschutz festgestellt. Einen allgemein gesteigerten Bedarf nach einer Rechtsberatung ist bei mir im Maklerbüro nicht angekommen. Ich gehe davon aus, dass sich meine Mandate direkt über die telefonische Anwalt-Hotline an die Rechtsberatung ihres Versicherers wenden. Im Übrigen hat während der Pandemie die Arag allen ihren Kunden – und sogar Nicht-Kunden – eine kostenlose Rechtsberatung angeboten, die wohl starken Zuspruch fand.
Auf welche Rechtsschutzversicherer Makler setzen
Diese Rechtsschutzversicherungen sind gut
Nachfrage nach Rechtsberatung ungebrochen hoch
„Testergebnisse von Rechtsschutztarifen sind für Verbraucher nur bedingt verlässlich“, lautete Ihre Kritik im Mai 2020, die sich am Test-Verfahren von „Finanztest“ richtete. Inwieweit hat sich Ihre damals kritische Sicht in der Zwischenzeit verändert?
Ich bleibe dabei: Damit die verschiedenen Rechtsschutztarife miteinander verglichen werden können, müssen zuvor feste Kriterien definiert werden – man kreiert also eine standardisierte Testumgebung, von der man glaubt, dass diese auf die Bedürfnisse der meisten Menschen zutrifft. Doch in erster Linie geht es bei der Wahl des optimalen Rechtsschutzes um die individuelle Passgenauigkeit, also dem genauen Gegenteil eines Standards. Denn die Lebenssituationen und Bedürfnisse der Menschen sind vielfältig, variantenreich und verändern sich im Laufe der Zeit.
Ein zweiter, wie ich finde, wichtiger Punkt ist, dass die Mehrwerte einzelner Tarife nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Auxilia und DMB versichern zum Beispiel in ihrem Spezialstrafrechtsschutz (SSR) nicht nur das Vergehen, sondern auch das Verbrechen. Die Arag bietet als zusätzliche Leistung in ihrem Premium-Rechtsschutz auch den Bauherrenrechtsschutz an. Beim standardisierten Vergleich von Rechtsschutztarifen bleiben diese Mehrwerte außen vor.
Wie sollten Kunden grundsätzlich vorgehen, wenn Sie beabsichtigen eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen?
Wenn Sie sich krank fühlen, gibt es zwei Möglichkeiten: Anhand Ihrer Symptome googeln Sie sich durchs Internet und finden mindestens zwei mögliche Diagnosen. Auch nach längerer Recherche werden Sie sehr wahrscheinlich einen Rest Unsicherheit verspüren, und auch die Art der Behandlung liegt sehr wahrscheinlich nicht klar vor Ihnen. Sie können deshalb auch gleich Möglichkeit Nummer zwei wählen und zum Arzt gehen. Der untersucht Sie, stellt die Diagnose, überreicht Ihnen ein Rezept und begleitet Sie beim Heilungsprozess.
So ähnlich sollten Kunden bei der Wahl einer Rechtsschutzversicherung vorgehen: Wenden Sie sich an einen Versicherungsvermittler, den Sie für kompetent halten und dem Sie vertrauen. Wenn er sein Geschäft versteht, befragt er Sie eingehend nach Ihrer Lebenssituation, erstellt eine Bedarfsanalyse und vermittelt Tarife, die zu Ihnen passen. Testergebnisse dienen lediglich der Orientierung. Vielmehr ist es nützlich sich selbst zu fragen, welche Risiken Sie heute und in naher Zukunft abgesichert wissen möchten.
Was zeichnet einen verbraucherfreundlichen Rechtsschutz aus Ihrer Sicht aus?
Ein verbraucherfreundlicher Rechtsschutztarif ist der Tarif, der den Fall des Verbrauchers absichert. Den gibt es, wenn man vor dem Abschluss der Versicherung eine vernünftige Analyse der Lebenssituation, der Wünsche und Bedürfnisse des Verbrauchers durchführt und ihm im Anschluss einen auf ihn zugeschnittenen Tarif vermittelt.
Priorität 1: Der Tarif muss passen. Dann können weitere Tarifvorteile in die Auswahl einbezogen werden. An letzter Stelle steht der Preis. Günstige Tarife, die vollumfänglich absichern, gibt es nicht – kann es nicht geben, weil sie dem Gedanken der Versicherungsgemeinschaft widersprechen. Aus dem Beitragstopf der Versicherer kann nicht mehr herausgeholt werden, als hineinkommt. Ob sich eine höhere Selbstbeteiligung für den Verbraucher lohnt, kann relativ zum Jahresbeitrag errechnet werden.
Zur Person:
Sven Nebenführ ist Makler für Komposit-Versicherungen und Rechtsschutz-Experte mit Sitz in Taunusstein in Hessen.
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