Anette Weiß © Geld.wert
  • Von Redaktion
  • 13.05.2015 um 14:38
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Die aktuelle Diskussion um die Honorarberatung und ob sie sich in Deutschland durchsetzen kann, nervt Anette Weiß, selbst Honorarfinanzanlageberaterin. Immer wieder würden die gleichen Argumente nur in neue Worte verpackt. Dabei liegt das Problem ganz woanders. Warum die Zeit für die Honorarberatung in Deutschland noch nicht reif ist, erklärt Weiß in ihrem Kommentar.

Immer wieder wird in der Branche über die Honorarberatung diskutiert und gestritten. Immer wieder werden die gleichen Argumente in neue Worte verpackt und von einer angeblich bahnbrechend neuen Seite betrachtet. Es ist alles bereits besprochen. Mehrmals.

Da die Angst vor der Honorarberatung, das Entsetzen über das „Vermittlersterben“ – nein, die Kollegen sind nicht tot. Man fasse sich mal bitte an den Kopf und überlege, was genau man da eigentlich schreibt! – und die Angst vor Einkommenseinbußen – die natürlich immer nur „die anderen“ betreffen, niemals die Hunde, die gerade jaulen – offensichtlich nicht nachlässt, möchte ich gerne ein paar echt neue Diskussionspunkte liefern, warum die Honorarberatung in Deutschland momentan noch nicht bahnbrechend zukunftsfähig ist.

1. Zu wenige haben verstanden, was Honorarberatung überhaupt ist

Die momentane gesetzliche Fassung der Honorarberatung (also §34h und die Haftungsdachberater) bezieht sich ausschließlich auf die Geldanlage. Eine Versicherung ist keine Geldanlage. Das sind zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe. Ein Sach-Versicherungsmakler wird sich niemals mit einem Anlageberater ins Gehege kommen. Ein Provisionsmakler, der Fonds im Versicherungsmantel verkauft, dagegen schon.

Fazit: Solange diese Trennung nicht verstanden werden will, ist keine sachliche Diskussion möglich. Die Lösung wäre einfach: Der Gesetzgeber sollte alle fondsbasierten Produkte als Finanzanlageprodukte definieren und damit Klarheit schaffen.

2. Es gibt keine saubere Versicherungs-Honorarberatung

Es gibt Versicherungsberater. Versicherungsberater spielen aber in einer ganz anderen Liga.

Das, was momentan die Versicherungsvermittlung auf Honorarbasis (mittels Nettotarifen oder über die Auskehrung der Provisionen) ist, wird nach wie vor über den §34d abgedeckt – und hier streiten sich die Geister.

Genau betrachtet, bezieht sich nämlich alle Diskussion nur auf diesen Teil der Honorarberatung, denn nur hier haben die Provisionsmakler die großen Gewinneinbußen zu befürchten. In der Hauptsache reden wir über Rentenversicherungen, Lebensversicherungen, BU und Krankenvoll, also die teuren, provisionsintensiven Versicherungen.

Wäre hier konsequent eine Trennlinie zwischen Geldanlage und Versicherung gezogen, so brauchen wir einen §34Vh, der die Vermittlung von (auch Sach-)Versicherungen analog §34h regelt. Nur damit ist auch dieser Zweig der Finanzberatung deutlich in Provisions- und Honorarlager geteilt und nur dann kann man sich auch auf gleicher Ebene streiten.

Und damit kann sich die Provisionslobby auch gerne mit einem tatsächlichen, echten Argument gegen die Honorarberatung beschäftigen:

3. Es gibt zu wenig innovative Geschäftsmodelle

Der versicherungslastige Teil der Honorarberatung hat es bisher versäumt, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Denn es ist natürlich Unsinn, eine Haftpflichtversicherung mit 60 Euro Jahresbeitrag gegen 150 Euro Stundenhonorar zu vermitteln. Oder für das Ausfüllen einer Schadensmeldung eine Rechnung zu schreiben.

Die bestehenden Honorar-Geschäftsmodelle sind hauptsächlich auf Anlage- und Vermögensberatungskunden ausgerichtet, sie eignen sich nicht für Sachversicherungen wie Gebäude, Kfz und so weiter.

Es tut also Not, neue Ideen auszuprobieren, Möglichkeiten gibt es genug. Selbstverständlich muss endlich das überholte Auskehrungsverbot abgeschafft werden – auch hier ist der Gesetzgeber gefragt. Nur aus der geringen Verfügbarkeit der wenigen, innovativen Versicherungsmodelle heraus ergibt sich die Untermauerung des „Honorarberatung ist nichts für Otto-Normal-Verdiener“- Arguments.

4. Die Honorarberatung ist zu konservativ um kostengünstig zu sein

Es ist nicht genug, einfach nur die Abrechnungsmethode auf Honorar umzustellen und ansonsten genauso weiter zu machen, wie zuvor.

Die Welt hat sich verändert, das Internet kann viele Aufgaben übernehmen, über die die Branche sich früher definiert hatte. Zum Abschluss von Produkten braucht uns heute kein Mensch mehr – zur Beratung aber mehr denn je. Diese Unterscheidung gilt es, deutlich herauszustellen.

Will die Honorarberatung nicht nur eine honorarbasierte Variante der klassischen Finanzberatung sein, so muss sie eine echtes Paralleluniversum werden: untereinander kooperativ, modern und offen in Außenauftritt und Kommunikation, digitalisiert und damit kostensparend.

Anstatt alles rund um Fintech oder Robo-Banking mit Argusaugen zu beobachten und hoheitsvoll zu ignorieren – weil es altgediente Makler und Berater als Konkurrenz und neumodischen Unsinn betrachten –, gilt es, die neuen Möglichkeiten zu nutzen, zu integrieren – und so die Honorarberatung auch für kleine Geldbeutel flächendeckend attraktiv zu machen.

Ich für meinen Teil bin es langsam müde, die immer gleichen Diskussionen mit den immer gleichen Argumenten zu führen. Ich frage mich, wie der Kunde – also derjenige, dessen Wohl uns allen ja so unglaublich am Herzen liegt – bei unserem Begriffs- und Definitionswirrwarr durchblicken soll, wenn sogar Honorarberater die Honorarberatung nicht verstehen, Provisionsberater sie gar nicht verstehen wollen und jetzt sogar noch Versicherungsberater unreflektiert ihren Senf dazugeben.

Ich komme nicht umhin, hier der Gesetzgebung den großen Vorwurf zu machen, dass sie – anstatt die ganze Gemengelage ordentlich zu sezieren und dann sauber neu zu definieren – nur an bestehenden, überkommenen Paragrafen flickschustert.

Über die Autorin: Anette Weiß ist Geschäftsführerin von Geld.wert Finanzbildung und Honorarberaterin beim VDH.

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