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Ausgestelltes Audi TT RS Coupe: Mit einem ähnlichen Typ baute ein Autofahrer auf der A6 vor über vier Jahren einen Unfall © picture alliance / dpa | Stringer
  • Von Andreas Harms
  • 09.09.2024 um 12:06
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:25 Min

Ein Mann ist „sportlich“ unterwegs, baut einen Unfall – und haut ab. In seinem Auto findet man eine leere Tablettenpackung und eine leere Bierkiste. Nun soll seine Versicherung den Schaden bezahlen, er habe schließlich einen Schock mit Filmriss gehabt. Ein Gericht gibt ihm noch Recht, das andere nicht mehr.

Ein Kaskoversicherer braucht den Schaden eines Kunden nach einem Unfall nicht zu bezahlen. Das befand das Oberlandesgericht Saarbrücken in einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen: 5 U 102/23). Damit hob es ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken auf (14 O 402/20). Das hatte ihn noch von Vorsatz und Schuld freigesprochen – wogegen der Versicherer erfolgreich vorging. Das neue Urteil ist rechtskräftig, Revision ist nicht zugelassen.

Der Unfall

Autobahn A6, Höhe der Anschlussstelle Homburg (Saar), Richtung Waldmohr. Im März 2020 fährt ein Mann mit seinem Audi-Sportwagen (8J/ TTS Coupé S) zu schnell und zu dicht auf ein anderes Fahrzeug auf. Dabei verliert er die Kontrolle und knallt in die mittlere Leitplanke. Ein nachfolgender Fahrer will ausweichen und gerät ins Schleudern. Die Insassen werden leicht verletzt.

Der Audi-Fahrer verlässt den Unfallort. In seinem Auto finden Polizisten im Fußraum einen leeren Bierkasten und eine leere Tablettenpackung. An der Leitplanke finden sie noch eine leere Bierkiste, die Autoschlüssel und das Portemonnaie des Fahrers – und darin wiederum seine Adresse. Doch dort treffen sie ihn nicht an.

Am nächsten Morgen geht der Mann zum Arzt und erzählt von einem Unfall, in den er verwickelt gewesen sei. Doch er sei so geschockt gewesen, dass er panisch geflüchtet und querfeldein gelaufen sei. Danach habe er sich an nichts mehr erinnern können, bis er morgens in der Wohnung seiner Freundin aufgewacht sei. Laut deren Aussage musste er sich dann mehrmals übergeben.

In der Klinik stellt man fest, dass der Mann klar im Kopf und bis auf den Filmriss unauffällig ist. Die Diagnose: „posttraumatischer psychischer Schock mit Erinnerungslücken“ – und einige Prellungen.

Die Klage

Anschließend forderte der Fahrer, dass seine KFZ-Vollkaskoversicherung den Schaden übernimmt. Als Schuldige trug er eine Fahrerin in das Schadensformular ein, angeblich weil sie die Spur gewechselt hatte. Es ging um die Differenz aus Wiederbeschaffungs- und Restwert für den Audi – rund 10.000 Euro. Somit begann das Fingerhakeln mit dem Versicherer und der Fall landete vor Gericht.

In seiner Klage stritt der Audi-Fahrer ab, dass er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt und damit die Obliegenheitspflicht verletzt hatte. Wegen seines Schocks (den ja auch der Arzt bestätigt hatte), habe er weder vorsätzlich noch arglistig und auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Und dass die Fahrerin den Unfall verursacht hatte, sei nur seine Meinung gewesen. Mehr nicht.

Der Versicherer lehnte ab, weil der Kläger zu schnell und zu dicht aufgefahren sei. Außerdem habe er die Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich und arglistig verletzt, indem er geflohen war. Alkohol- und Drogentests seien so zum Beispiel nicht möglich gewesen. Und überhaupt spreche einiges dafür, dass der Kläger einfach nur durch Alkohol und Tabletten enthemmt war. Was auch sein Fahrverhalten und den Versuch erkläre, dass er eine Bierkiste mitnehmen wollte. Und dann habe er sogar noch seine Freundin angerufen, damit sie ihn am Rasthof Waldmohr abholt.

Das Urteil

Vor dem Landgericht Saarbrücken gewann der Audi-Fahrer. Die Richter meinten, dass er durch den Schock vorsatz- und schuldlos war. Dagegen legte der Versicherer Berufung ein, denn er hielt seinen Kunden sehr wohl für zurechnungsfähig und glaubte nicht einmal an den Filmriss. Und damit gewann er – wie bereits erwähnt – vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken.

Die Richter dort akzeptierten die Erklärung mit dem Schock nicht mehr (im Gegensatz zum Landgericht), denn sie vermissten die dafür nötigen Anzeichen. Damit halten sie ihn für schuldig.

Im Juristendeutsch heißt das: „Im Hinblick auf das Entfernen von der Unfallörtlichkeit bei starken Indizien für eine Enthemmung durch Alkohol, Tabletten oder sonstige Rauschmittel, angesichts des durch Zeugen beobachteten Fahrverhaltens und falscher Angaben in der Schadensanzeige müsse auch der bei Vorsatz mögliche Kausalitätsgegenbeweis scheitern.“

Damit hat der Kläger – so das Gericht – gegen seine vertragliche Aufklärungsobliegenheit verstoßen. Und die Kasko braucht nicht zu zahlen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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Autodiebstähle: Dieses Bundesland ist Spitzenreiter – Pfefferminzia.de
Vor 5 Tagen

[…] KFZ-Versicherer braucht für Unfall nicht zu zahlen […]

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