- Von Björn Thorben M. Jöhnke
- 01.10.2019 um 16:51
Was ist geschehen?
Eine Frau verlangt von ihrer Rechtsschutzversicherung, dass sie die Kosten für die Abwehr einer Darlehensforderung übernimmt. Das zinslose Darlehen hatte die Klägerin 2008 aufgenommen. Bis Anfang 2011 zahlte sie auch die vereinbarten Raten. Im September 2015 kündigten die Erben des Darlehensgebers das Darlehen wegen Zahlungsverzugs.
Die Klägerin verweigert die Rückzahlung – der Darlehensgeber habe das Darlehen bereits 2011 gekündigt, der Fall sei verjährt. Die Rechtsschutzversicherung aber verweist unter Berufung auf Paragraf 14 ARB 1975/95 darauf, dass der Rechtsschutzfall erst nach Ende des Versicherungsvertrags, der bis 1. Januar 2015 lief, eingetreten sei.
In den Versicherungsbedingungen heißt es:
Paragraf 14 Eintritt des Versicherungsfalles
(1) Bei Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gilt als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrundeliegenden Schadenereignisses. (…) (2) In den Fällen, in denen dem Versicherungsnehmer die Verletzung einer Vorschrift des Straf-, Ordnungswidrigkeiten-, Disziplinar- oder Standesrechtes vorgeworfen wird, gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer begonnen hat oder begonnen haben soll, die Vorschrift zu verletzen. Bei Verfahren wegen Einschränkung, Entzuges oder Wiedererlangung der Fahrerlaubnis gilt das gleiche. …
(3) In allen übrigen Fällen gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Bei mehreren Verstößen ist der erste adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei tatsächliche oder behauptete Verstöße, die länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsvertrages für das betroffene Wagnis zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalles außer Betracht bleiben. Liegt der tatsächliche oder behauptete Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn oder löst eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor oder innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn vorgenommen wird, den Versicherungsfall aus, besteht kein Versicherungsschutz …”
Paragraf 14 entspricht Paragraf 4 Abs. 1c ARB 2010.
Paragraf 4 Voraussetzung für den Anspruch auf Rechtsschutz
(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
a) im Schadenersatz- Rechtsschutz gemäß § 2a) von dem ersten Ereignis an, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll;
b) im Beratungs-Rechtsschutz für Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht gemäß § 2k) von dem Ereignis an, das die Änderung der Rechtslage des Versicherungsnehmers oder einer mitversicherten Person zur Folge hat;
c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.
Die Urteile
Das Landgericht Hechingen weist die Klage ab (13. Oktober 2017 – Aktenzeichen 1 O 75/17), das Oberlandesgericht Stuttgart ebenso (22. März 2018 – Aktenzeichen 7 U 192/17). Der Fall landet schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
Nach Ansicht des BGH hat die Frau keinen Anspruch auf eine Rechtsschutzdeckung, da der Versicherungsfall erst mit der Geltendmachung des – nach Ansicht der Frau verjährten – Rückzahlungsanspruchs durch die Erben des Darlehensgebers (September 2015) und damit erst nach Beendigung der Rechtsschutzversicherung (Januar 2015) eingetreten ist (BGH-Urteil vom 3. Juli 2019 – Aktenzeichen IV ZR 111/18).
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