- Von Andreas Harms
- 09.09.2022 um 08:59
Nur noch ein paar Minuten. Ich stehe gar nicht so schlecht da. Die Aktien liegen weit im Gewinn, die Börse läuft. Doch ich bin nur im Mittelfeld, andere sind weiter vorn. Steige ich aus? Sichere ich, was ich habe, und hoffe auf einen Crash für die anderen? Oder gehe ich rein mit allem was ich habe? Oder was?
Ach pfeif drauf! Ist ja nur ein Spiel. Und ich entscheide mich …
Was davor geschah
Wolfgang Tritsch und Alexander Oberenzer arbeiten in Wien als Berater bei dem Finanzdienstleister Finum. Der ist nicht gerade klein, hat neben der Hauptstadt noch Standorte in Graz, Innsbruck und … ähem … Dornbirn, einer 50.000-Seelen-Kleinstadt südöstlich vom Bodensee.
Vor einigen Jahren haben die beiden das Spiel „My first Million Game“ erfunden und inzwischen vom Brett- in ein Online-Spiel verwandelt. Jetzt wollen sie es breiter ausrollen – auch nach Deutschland. Mit Standard Life und Pfefferminzia sitzen bereits ein Versicherer und ein Medienhaus mit im Boot, die das alles begleiten.
Damit ist es Zeit für den Selbstversuch
Christian Nuschele und Oliver Höflich von Standard Life sind dabei, ebenso wie Hero Harder und meine Wenigkeit aus unserem Haus. Jeder kriegt 100.000 Euro Startguthaben. Tritsch ist Spielleiter. Es gibt Aktien, Immobilien und neu gegründete Unternehmen, sogenannte Startups. Im Laufe des Spiels werde ich mein Geld in einen Hundefutterhersteller, einen Eisladen und einen digitalen Marathon-Trainer stecken. Mit wechselndem Erfolg.
Doch gleich am Anfang gehen die Probleme schon los. Ich rufe mir Anlegerregeln ins Gedächtnis, die ich mir über die Jahre zusammengeschustert habe: Immer irgendwie investiert sein, aber immer auch handlungsfähig bleiben. Und so steige ich erst einmal ein. In zwei Branchen, die mir eine Zukunft zu haben scheinen. Aber mit gebremstem Schaum. Immobilienangebote lasse ich sausen, ich will bei Aktien bleiben.
Und dann kommt’s. Rumms, die Kurse brechen ein. Hab ich’s doch gewusst. Zum Glück habe ich noch gut Cash, bin handlungsfähig. Kaufe ich schon nach? Grübel, grübel. Ach ja, klar, zweistellige Verluste sind meistens eine gute Gelegenheit. Und etwas später weiß ich: Stimmt.
Es weht zweifellos ein altehrwürdiger Hauch von Monopoly durch die 90 Minuten. Kaufen, halten, verkaufen? Die Unternehmen zahlen mir Dividende. Die Immobilien (der anderen) werfen Mieten ab und steigen im Preis. Später gönne ich mir (gezwungenermaßen) einen Lehrgang, zack, mehrere tausend Euro weg. Ein Startup geht in die Grütze, ein anderes rechnet sich hervorragend. Wie das Investorenleben eben so spielt.
Verflixte Testfragen
Aber dann immer diese Testfragen zwischendurch. Wer richtig liegt, kann zusätzliches Geld gewinnen. Wenige Fragen sind einfach, einige gar richtig schwierig. Bei „Wer wird Millionär“ könnten sie glatt eine halbe Million wert sein. 10 von 17 habe ich am Ende richtig. Willkommen auf dem Boden der Tatsachen.
Seite 2: Wenn der Gegner vorn liegt …
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