- Von Redaktion
- 12.06.2019 um 10:38
Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung bezüglich des Hypes um Insurtechs und Insur-Labs, die gerade wie Pilze aus dem Boden schießen?
Raake: Das ist eine sehr wichtige Entwicklung für eine Branche, die ja nicht gerade für ihre Innovationsfreude bekannt ist. Der AMC greift seit 1994 innovative Themen auf. Manchmal waren wir damit zu früh dran. Eigentlich schade, dass der Druck von außen kommen muss, um Dinge anzustoßen. Allerdings war Innovationsbereitschaft in den vergangenen hundert Jahren kein Einstellungskriterium bei den meisten Versicherern. Leidensfähigkeit und Frustrationstoleranz schon eher. Das war auch nicht weiter tragisch, jetzt fällt es den Unternehmen allerdings so schnell auf die Füße, das beiseite springen nicht mehr möglich ist.
Kersten: Ob Big Data, Predictive Analytics, Machine Learning, Bots, Künstliche Intelligenz oder Personalisierung – bisher wird nur wenig in neue Technologien investiert. Die Big Player mal außen vor. Die Hierarchie-Ebenen sind bei vielen Versicherungsunternehmen noch zu groß, um Innovationen zielgerichtet voranzutreiben. Unter diesen Voraussetzungen die richtigen Mitarbeiter zu finden, ist extrem schwer. Die eigenen Leute sind meist doch recht betriebsblind. Umso wichtiger sind Initiativen wie zum Beispiel das Insurlab Germany in Köln, das versucht, Versicherer und Start-ups praxisnah zusammenzubringen. Oder Kongresse wie die DIA, die auf internationaler Ebene der Branche die Chancen aufzeigt.
Ausschließlichkeit, Makler oder Direktgeschäft – welcher Vertriebsweg wird sich Ihrer Meinung nach durchsetzen? Und wie werden sich die Versicherer hier präsentieren?
Raake: Vieles hängt davon ab, ob die Vertriebsprofis in der Lage sein werden, ihr Beratungswissen mit den neuen digitalen Möglichkeiten zu synchronisieren. Die „neuen“ Vertriebsprofis können aus jedem Vertriebsweg kommen. Online-Berater sind gefragt, der Vermittler auf der Couch eher nicht. Alles in allem sind das riesige Aufgaben, die die Branche zu bewältigen hat. Der AMC will Versicherungsgesellschaften und Dienstleister auch in den kommenden Jahren dabei bestmöglich unterstützen, hier die richtigen Lösungen zu finden.
Kersten: Wie digitaler Vertrieb geht, zeigen uns erfolgreiche Vermittler aus der AO und dem Maklervertrieb. Häufig getrieben durch Selbstverantwortung, Fleiß und Lust am Versicherungsgeschäft. Wie positionieren sich hier die Versicherungsgesellschaften? Dies ist eine entscheidende Frage, sollen doch Unternehmens-Governance und Compliance – zumindest in der AO – über sämtliche Vertriebskanäle eingehalten werden. Dies wird nur gelingen, wenn den Vertriebspartnern schnelle und schlanke Prozesse zur Verfügung gestellt werden – womit wir wieder bei den Herausforderungen sind, die auch schon 1994 bestanden.
Über die Gesprächspartner
Frank Kersten und Stefan Raake begannen ihre berufliche Tätigkeit beim AMC kurz nach der Gründung 1994. Seit 2010 leiten sie gemeinsam mit Edmund Weißbarth als Geschäftsführer und Gesellschafter die AMC Finanzmarkt GmbH. Zum AMC-Netzwerk gehören aktuell über 140 Unternehmen.
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