- Von Lorenz Klein
- 20.03.2017 um 10:08
Es diskutierten: Martin Bockelmann, xbAV; Henriette Meissner, Stuttgarter; Fabian von Löbbecke, HDI; Stefanie Alt, Nürnberger; Thomas Vietze, Continentale
Pfefferminzia: Die Große Koalition hat sich auf eine umfassende Reform der betrieblichen Altersversorgung verständigt. Das Vorhaben sieht ein gutes halbes Dutzend Einzelmaßnahmen vor, um die Verbreitung der Betriebsrente insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen – kurz KMUs – voranzubringen. Was gefällt Ihnen am Betriebsrentenstärkungsgesetz – und was nicht?
Fabian von Löbbecke: Grundsätzlich begrüße ich es, dass der Gesetzgeber Schwung in die Sache gebracht hat, denn die Reform der bAV hat lange auf sich warten lassen. Uns waren diese Forderungen wichtig: Komplexität reduzieren, Schluss machen mit der Doppelverbeitragung der Betriebsrenten bei Kranken- und Pflegeversicherung, Ernst machen mit der Förderung der Geringverdiener. Was jetzt aber auf dem Tisch liegt, führt am Ziel vorbei, weil es die eigentliche Zielgruppe des ganzen Vorhabens – die KMUs – nicht wirklich erreicht. Stattdessen gibt es mit dem Sozialpartnermodell ab Januar 2018 eine Parallelwelt zur bisherigen bAV. Das sehe ich als größtes Hemmnis dieser Reform an. Die Zielrente ist grundsätzlich eine gute Idee. Man hätte sie aber auch in der klassischen bAV einführen sollen – und nicht nur auf die Tarifvertragsparteien beschränken sollen.
Henriette Meissner: Aus Sicht von Geringverdienern ist sicherlich positiv, dass die Bundesregierung endlich die Anrechnung auf die Grundsicherung angeht. Kein Geringverdiener – auch nicht im Sozialpartnermodell – hat Interesse an einer Betriebsrente, wenn diese nur dazu dient, die Kommunen finanziell zu entlasten. Das ist ein Riesenschritt nach vorn. Doch leider geht der Gesetzesentwurf an der Stärkung der bAV in den KMUs vorbei – da gebe ich Herrn von Löbbecke recht. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist ein Tarifbindungsstärkungsgesetz. Es erfüllt nicht die Forderung des Koalitionsvertrags, kleine und mittelständische Unternehmen zu stärken, die eben meist nicht tarifgebunden sind.
Martin Bockelmann: Zu loben ist, dass jetzt mehr Klarheit über die Zukunft der bAV herrscht. Das ist uns deutlich lieber als der bisherige Zustand. Ich bin auch überzeugt, dass diese Reform ihre Wirkung entfalten wird. Schade ist allerdings, dass sie der Gesetzgeber unter die Prämisse gestellt hat, keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Dadurch ist es nur bedingt möglich, Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Anstatt die Schwachstellen in der „ersten bAV-Welt“ zu beseitigen, wurde in der Tat eine Parallelwelt geschaffen, die die Komplexität der bAV leider weiter erhöht.
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