Dachdecker arbeiten in einem gefährlichen Beruf: Laut VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände mitzuteilen und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr, berichtet Makler Eckhard Borchardt. © dpa/picture alliance
  • Von Eckhard Borchardt
  • 22.10.2017 um 10:33
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:30 Min

Es gibt offenbar einige Versicherer, die mit Bezug auf ein Urteil des Landgerichts Heidelberg eine spontane Anzeigepflicht nutzen wollen, um Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zurückzuweisen. Darüber berichtete kürzlich der Versicherungsmakler Matthias Helberg. Sein Berufskollege Eckhard Borchardt hat sich daraufhin mit einem exklusiven Gastbeitrag für Pfefferminzia zu Wort gemeldet. Darin formuliert er eine klare Erwartungshaltung an die Versicherungsbranche.

Seit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist klar: Vor Vertragsschluss muss der Versicherungsnehmer die risikorelevanten Umstände angeben, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.  

So steht es eindeutig im Versicherungsvertragsgesetz:  

„Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind UND nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen“.

Dieses „aber eben auch nicht mehr“ wird nun angezweifelt.  

Versicherungsmakler Matthias Helberg hat einen Fall in seinem eigenen Kundenkreis, bei dem ein Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente mit Hinweis auf eine spontane Anzeigepflicht zurückweist. Nach Veröffentlichung seines Artikels habe es weitere Betroffene gegeben, die sich bei ihm gemeldet haben.  

Mehrere Online-Publikationen greifen Helbergs Thema auf und Fachmakler Frank Dietrich kommentiert Helbergs Artikel so:

„Die Änderungen des VVG sind in Bezug auf Gesundheitsfragen und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung nicht abschließend. Das kann so nicht sein oder bleiben. Klarheit sollte nicht nur in den Versicherungsbedingungen herrschen, sondern auch der Weg, Versicherungsschutz zu beantragen, sollte nachvollziehbar sein. Eindeutig.“

Fundamentales Thema: Vertrauen

Wie kann ein Versicherungskunde einem Versicherer eigentlich noch trauen, wenn dieser ihm vor Vertragsschluss bestimmte Bedingungen zur vorvertraglichen Anzeigepflicht mitteilt, der Kunde sich an diese Bedingungen exakt hält und der Versicherer im Leistungsfall dann die „spontane Anzeigepflicht“ und „Treu und Glauben“ aus dem Hut zaubert?

Können wir und die Kunden auf das vertrauen, was der Versicherer vor Vertragsschluss sagt? Bei welchen Versicherern müssen wir mit Überraschungen im Leistungsfall rechnen?

Die PR-Abteilungen der Versicherer müssten eigentlich in heller Aufregung sein. Doch bisher: Nichts zu sehen und nichts zu hören.

Lösungsvorschläge

Jahrelang haben die Versicherungsgesellschaften ihre BU-Bedingungen immer weiter verbessert: Verzicht auf die abstrakte Verweisung, AU-Klausel und vieles mehr. Der Nutzen einiger Klauseln für den Verbraucher ist allerdings fraglich, Beispiel Infektionsklausel.

Mit dem Thema „spontane Anzeigepflicht“ haben wir nun eine überaus streitanfällige Lage. Hier besteht Handlungsbedarf hinsichtlich einer Änderung und Klarstellung in den BU-Bedingungen. Das Urteil des LG Heidelberg wird zu vermehrten Streitigkeiten zwischen Versicherungskunde und BU-Versicherer führen.

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Eckhard Borchardt

Eckhard Borchardt ist Versicherungsmakler mit den Schwerpunkten BU, private Krankenversicherung (PKV) und Altersvorsorge in Hamburg. Er schreibt außerdem regelmäßig in seinem Blog zu den Themen BU, PKV und Altersvorsorge.

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