- Von Juliana Demski
- 11.12.2017 um 14:31
Waren Mitte 2016 noch etwas mehr als 50 Insurtechs hierzulande aktiv, so sind es Ende 2017 bereits 110. In vielen Fällen haben die Anbieter dabei ihre Geschäftsmodelle überarbeiten, sagt Nikolai Dördrechter, Geschäftsführer von Policen Direkt. Der Policenkäufer hat zusammen mit der Unternehmensberatung Oliver Wyman alle deutschen Insurtechs genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist das diesjährige „Insurtech-Radar“.
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Es zeigt: Vertriebsmodelle überwiegen noch mit 40 Prozent, nehmen aber ab (2016: 63 Prozent). Dagegen stechen immer mehr Insurtechs mit Technologiekompetenz im Betrieb (38 Prozent, 2016: 21 Prozent) und Angebot (22 Prozent, Prozent: 16 Prozent) hervor. Hier sehen die Studienautoren noch viel Potenzial.
Zweite Insurtech-Welle baut sich auf
Laut Studie muss sich die Versicherungsbranche nun auf die zweite Insurtech-Welle vorbereiten: Mit welcher Wucht sie ankommt, hängt allerdings noch von einigen Faktoren ab, meinen die Studienautoren. Herausforderungen liegen etwa im Personalbereich und bei der Finanzierung. „Tiefes Versicherungswissen wie auch Technologie-Know-how“ seien notwendige Bedingungen, meint Dördrechter.
19 Geschäftsfelder haben sich die Experten angesehen. Am häufigsten fanden sie digitale „Full-Stack-Carrier“ vor, also volldigitale Versicherungsunternehmen mit Niedrigkostenstrategie und solchen Lösungen, die den Versicherungsvertrieb technisch unterstützen. „Hier stehen die Zeichen eher auf Stagnation“, sagt Dietmar Kottmann, Partner der Strategieberatung Oliver Wyman. „Einige Marktteilnehmer werden ausscheiden oder ihr Geschäftsmodell in lukrativere Felder verlagern.“
Hohes Potenzial bieten dagegen Innovationen in Bereichen, die Lösungen aus einer Kombination von Versicherungswissen und Technologie erfordern. Kottmann: „Echte Innovationen sind hier noch rar gesät. Bei innovativen Angeboten wie Risikopartnermodellen oder ‚erlebter Sicherheit‘ sowie in Versicherungskernaufgaben wie Antrag, Underwriting oder Schadensabwicklung erwarten wir daher Gründungen, die technologiegetriebene Innovationen nutzen.”
Problem Wachstumsfinanzierung
Das Problem hierbei: Noch fehle es an Kapital speziell im Bereich hoher Anschlussfinanzierungen, erklärt Dödrechter. Bei einem Startkapital von weniger als 250.000 Euro sehen die Befragten keine großen Hürden. Finanzierungsrunden, in denen es um 2 Millionen Euro oder mehr geht, werden von zwei Dritteln allerdings als schwierig oder sehr schwierig angesehen. Genau in der Wachstumsphase reicht das Kapital daher oft nicht aus. „Marktdurchdringung oder internationale Expansion werden so erschwert“, sagt Dördrechter.
Woher soll das Geld also kommen?
Was die staatlichen Förderprogramme angeht, haben 94 Prozent der befragten Insurtechs keine Hoffnung auf Verbesserung. Den größten Schub erwarten die Befragten von Venture-Capital-Programmen der traditionellen Versicherer aus dem Inland (71 Prozent) oder aus dem Ausland (82 Prozent).
75 Prozent der Befragten können einer möglichen Beteiligung eines Primärversicherers im eigenen Insurtech allerdings nichts Positives abgewinnen. 28 Prozent lehnen eine solche Beteiligung kategorisch ab. Sie fürchten um Kundenbeziehungen und einen Verlust von Freiheit und Agilität.
Rückversicherer scheinen unter Insurtech-Gründern indes einen besseren Ruf zu haben: 44 Prozent sähen einen Einstieg eines Rückversicherers als positiv an, weitere 22 Prozent sogar als optimal.
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