- Von Redaktion
- 10.01.2025 um 13:06
„Eine Rückkehr zur bisherigen Form der Berichterstattung (nichtfinanzielle Erklärung)“ sei „oftmals faktisch nicht mehr möglich“, heißt es im Briefing Paper des DRSC. Das IDW wiederum veröffentlichte praktisch auf den letzten Metern, am 20. Dezember, ein 46-seitiges Paper „F & A zur verspäteten Umsetzung der CSRD“.
Ob de jure oder de facto: Die CSRD einzuführen ist grundsätzlich teuer. Das illustriert der vom Statistischen Bundesamt (Destastis) erhobene Bürokratiekostenindex (BKI). Im Juli, zum Stichmonat für die Verabschiedung der CSRD, stieg der BKI im Vergleich zum Vormonat um 2,4 Prozent – und damit so stark wie noch nie.
Der Anstieg entspricht fast exakt den jährlichen Kosten über 1,58 Milliarden Euro, die der Bund bei vollständiger Einführung der bisherigen CSRD erwartet und die das Statistische Bundesamt entsprechend berücksichtigt hat. Destatis selbst führt den Anstieg des BKI auf die CSRD zurück.
Die jährlichen Bürokratiekosten der Wirtschaft beliefen sich laut Bundestag 2024 auf rund 67 Milliarden Euro (Stand 31. März). Wegen der Bürokratie entgingen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an Wirtschaftsleistung. Das schätzt eine aktuelle Studie des ifo-Instituts im Auftrag der IHK für München und Oberbayern.
Kosten entstehen im Finanz- und Unternehmenssektor auch für Ratings. Trotz des Tohuwabohus rund um die ESG-Berichterstattung und den damit nun verbundenen unbekannten Änderungen im Rahmen der Omnibus-Initiative hat der Rat der EU am 19. November 2024 eine Verordnung über ESG-Rating-Tätigkeiten angenommen.
Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, Rating-Tätigkeiten in der EU kohärenter, transparenter und vergleichbarer zu gestalten, um „das Vertrauen der Anleger in nachhaltige Finanzprodukte zu stärken“.
Doch die Frage, ob Unternehmen in der Masse überhaupt in der Lage sein werden, konsistente und relevante Daten für transparente und vergleichbare ESG-Ratings zur Verfügung zu stellen, stellt sich mit der Verschiebung, Verwässerung und der unterschiedlichen Tempi für die Einführung von Regeln mehr denn je.
Zwar ist die CSRD in Deutschland nicht wie von der EU gefordert eingeführt – was nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland nach sich zieht. Ob sich der Bund der CSRD noch ganz entziehen könnte, ist aber fraglich.
Denn die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips innerhalb der EU kann Deutschland im Nachhinein nach Annahme des Gesetzgebungsaktes nur im Wege einer Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union überprüfen. Die Subsidiarität besagt, dass die EU nur Regelungen in solchen Bereichen treffen darf, die nicht besser auf regionaler oder EU-mitgliedstaatlicher Ebene geregelt werden können.
So dürfte es zunächst lediglich bei dem Eingeständnis der EU und der Erkenntnis der Rumpfbundesregierung bleiben, in Sachen ESG längst überreguliert zu haben. Die komplexen Regelwerke dürften im Grundsatz aber bestehen bleiben.
Nun doktert Brüssel also an Regelungen herum, die gerade ein paar Tage im neuen Jahr 2025 gelten. Allerdings nicht überall – in Polen oder Spanien etwa haben die CSRD noch keine Gesetzeskraft.
Andere Regeln im Zusammenhang mit den Themen Klima und Umwelt sind entweder verschoben, oder sollen im laufenden Prozess ebenfalls reduziert werden.
Der Schaden ist groß. Es herrscht Rechtsunsicherheit. Personal-Kapazitäten, die für die Verarbeitung der Regeln aufgebaut wurden, könnten nicht mehr passgenau sein. Zudem dürfte der ewige Traum der EU, europäische Regeln als Blaupause für einen Weltstandard zu kreieren, spätestens angesichts des aktuellen Chaos wieder einmal ausgeträumt sein.
ISSB erweitert Bilanzregeln ebenfalls um ESG-Kriterien
In Frankfurt treibt das International Sustainability Standards Board (ISSB) derweil unverdrossen die IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) voran. Diese für Unternehmen ebenfalls verpflichtenden Bilanzregeln sind angeblich eng mit den ESRS abgestimmt, die ja nun entweder noch nicht gelten, höchstwahrscheinlich aber abgespeckt werden.
Auch bei den IFRS SDS redet die EU über ihr Gremium EFRAG gehörig mit. So gibt es eine gemeinsame Stellungnahme zur „Klimabilanzierung“. Die EFRAG wiederum hat inzwischen bereits 162 Erläuterungen zu den ESRS verfasst, die Hilfestellungen für vermutlich längst überforderte Unternehmen und Prüfer geben sollen.
Und für kleine und mittlere, nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen gibt es seit Mitte Dezember 2024 einen freiwilligen Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (VSME). Freiwillig meint hier, dass der Standard (im Gegensatz zur CSRD) nicht über eine EU-Verordnung in nationales Recht überführt wird.
Ganz unfreiwillig muss aber auch der Mittelstand wohl oder übel liefern, wenn etwa Banken im Rahmen der EU-Taxonomie für die Kreditvergabe Nachhaltigkeitsinformationen einfordern (Green Asset Ratio).
Wem also irgendwas nicht ganz klar sein sollte im Zusammenhang mit ESG, CSRD, CSDDD, EUDR, ESRS, IFRS SDS, SFDR, VSME oder der gesamten EU-Taxonomie, der sollte sich trösten: Damit befindet man sich ziemlich sicher in der Mehrheit.
Die Zeit drängt, denn Berichtspflichten unterliegen ja bekanntermaßen strengen Fristen. Dass es im Ergebnis eine nicht vergleichbare Kraut- und Rüben-Berichterstattung mit fragwürdigen Testaten geben wird, ist wohl das Einzige, was sicher ist.
Der Original-Beitrag ist zuerst hier erschienen.
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