- Von Andreas Harms
- 06.12.2022 um 12:29
Sie vermitteln auch Fonds? Und Sie mögen es, wenn sie nachhaltig sind? Und seit dem 2. August müssen Sie auch Ihre Kunden befragen, ob sie das genau so sehen? Dann schauen Sie in nächster Zeit bitte etwas öfter hin, welche Fonds Ihre Kunden im Depot haben. Denn was heute noch sehr sauber und nachhaltig sein soll, kann es morgen schon nicht mehr sein. Offenbar hat die Investmentbranche Probleme ihre eigenen Produkte richtig einzuordnen.
Zunächst ist der Hintergrund der sogenannten Offenlegungsverordnung (SFDR) ein guter, der Anlegern und Vermittlern helfen soll: Seit März 2021 müssen Investmentgesellschaften ihre Fonds nach der SFDR einschlüsseln. Die heißt komplett „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ und unterscheidet zwischen den Artikeln 6, 8 und 9. Herkömmliche Fonds landen in Artikel 6. Fonds nach Artikel 8 müssen ökologische oder soziale Merkmale aufweisen, es müssen also schon Fonds mit nachhaltigen Kriterien sein. Artikel-9-Fonds hingegen müssen ausdrücklich ökologische und soziale Ziele verfolgen und über die Wirkung berichten.
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Nur fehlt es noch immer an konkreten Merkmalen und Standards. Was wirklich grün ist, steht noch nirgendwo klar geschrieben. Die Fondsgesellschaften können ihre Produkte selbst den Artikeln zuordnen, und die Aufsicht kontrolliert das kaum.
Deshalb hat das mal das „Handelsblatt“ im Rahmen des internationalen Medienprojekts „Great Green Investment Investigation“ zusammen mit den Plattformen Follow the Money und Investico und einigen Medienhäusern übernommen. Mehr als 800 als grün dargestellte Fonds – also nach Artikel 9 – besah man sich in einer Studie, 547 davon sind in Deutschland erhältlich.
Öl, Kohle, Flugzeuge in jedem zweiten Fonds
Fast jeder zweite Fonds enthält Öl, Kohle und Luftfahrt – alles nicht sonderlich klimafreundlich, möchte man meinen. 8,5 Milliarden Euro fließen europaweit entgegen der Werbung nicht in ökologische Firmen. Einige extreme Beispiele für Artikel-9-Fonds hielten sogar mehr als 40 Prozent ihres Geldes in den genannten Branchen.
Zweifellos sind unter den Anbietern einige, die sich mit dem Trend zur Nachhaltigkeit eine goldene Nase verdienen wollen. Ein Problem ist allerdings auch, dass sich die Welt nicht so einfach in schwarz und grün unterteilen lässt. Das zeigt sich oft an Energie-Unternehmen, die schon auf Erneuerbare umstellen, aber noch (zu) stark an der Kohle hängen. Somit lässt sich als Gegenargument bringen, dass Fonds über ihre Stimmrechte schmutzige Unternehmen in eine saubere Zukunft lenken wollen und auch können. Und es ist sicher auch davon auszugehen, dass zahlreiche Fonds diesen Hebel auch bewusst einsetzen. Wenn nicht Aktionäre ein Unternehmen umkrempeln können – wer dann?
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