- Von Lorenz Klein
- 14.11.2022 um 14:27
Kunden im Beratungsgespräch sollen künftig auch von Finanzanlagenvermittlern (mit Registrierung gemäß Paragraf 34f GewO) sowie Honorar-Finanzanlagenberatern (gemäß Paragraf 34h GewO) danach gefragt werden, wie sie zum Thema Nachhaltigkeit stehen – und inwieweit sich ihre Vorsorge an Nachhaltigkeitszielen orientieren soll. Das geht aus einem Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hervor, der am Freitag veröffentlicht wurde.
„Es fehlt noch an einheitlichen Nachhaltigkeitskriterien“
34f-Vermittler brauchen Nachhaltigkeit nicht abzufragen
Bislang betraf die Abfragepflicht der Nachhaltigkeitspräferenzen lediglich Banker, Vermögensverwalter, Finanzdienstleister unter einem Haftungsdach und Versicherungsvermittler. All jene müssen bereits seit dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erfassen und im Bedarfsfall passende Produkte empfehlen. 34f- und 34h GewO-Zulassungsinhaber unterlagen dieser Verpflichtung hingegen nicht – jedenfalls bisher. Laut Referentenentwurf soll die entsprechende Gewerbeanzeige- und Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) so geändert werden, dass künftig alle Vermittler den gleichen Regeln unterliegen. Dies dürfte voraussichtlich ab März 2023 der Fall sein, sofern es keine großen Verzögerungen im weiteren Gesetzgebungsprozess gibt.
Bisherige Regelung werde „endlich korrigiert“
Vermittlerverbände, denen der Entwurf zur Stellungnahme übersandt wurde, begrüßen die geplante Änderung der FinVermV einhellig. „Damit wird ein bisher bestehender Fehler korrigiert“, erklärte der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW am Montag in einer Mitteilung. So besagt die aktuelle Regelung, dass die Präferenzen abzufragen sind bei einer Beratung zu Versicherungsanlageprodukten, die Investmentfonds enthalten (also bei Fondspolicen) – nicht aber im Falle einer Beratung zu Einzelfonds. Beim AfW hält man diesen Zustand für „absurd“. Als Verband der unabhängigen Finanzdienstleister, „die ihre Kunden oft produktübergreifend, also im Allfinanzgedanken beraten, begrüßen wir die kommende Änderung sehr“, heißt es seitens des AfW.
Auch beim Vermittlerverband Votum gibt man sich erleichtert angesichts der Nachricht aus dem Haus von Robert Habeck (Grüne). „Damit herrscht nun endlich Klarheit!“, freut sich Votum-Vorstand Martin Klein. Der seit Beginn der Präferenzabfragepflicht bestehende „Systemfehler“ werde nunmehr „endlich korrigiert“. Klar sei aber, so Klein weiter, dass es besser gewesen wäre, den Start der Abfragepräferenz für alle Berater auf das Frühjahr 2023 zu verschieben. Das habe Votum „von Anfang an gefordert“, wie Klein betonte. Grund hierfür sei die weiterhin unvollständigen Datenlage. So fehlten beispielsweise noch eine verbindliche europäischen Taxonomie für die Nachhaltigkeitsziele in Bereich S(Social) und G(Governance).
Die Finanzanlagenvermittler hätten nun aber zumindest den Vorteil, dass sie auf bereits erprobte Beratungstools für die Ermittlung der Präferenzabfragepflichten zurückgreifen könnten, wie der Votum-Vorstand ausführte – wenngleich auch hier „mit einer dynamischen regulativen Entwicklung“ zu rechnen sei. Sprich: Was genau eigentlich als nachhaltig einzustufen ist (und was nicht), kann vom Gesetzgeber noch munter hin und her gedreht werden. Der Votum-Verband erklärte vorsorglich, „auch dieses Gesetzgebungsverfahren im Interesse der beratenden Unternehmen in Deutschland eng zu begleiten und sich an der Konsultation aktiv zu beteiligen“.
Der AfW verspricht ähnliches und weist zudem in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Entwurf innerhalb der Bundesregierung noch nicht endgültig abgestimmt sei. Auch der Bundesrat muss abschließend zustimmen. Nach Angaben des Verbandes habe man aus dem Bundeswirtschaftsministerium exklusiv erfahren, dass die Länderkammer, „die zustimmungspflichtige Änderungsverordnung voraussichtlich Mitte Februar beraten wird. Es ist beabsichtigt, dass die Änderungsverordnung danach so schnell wie möglich in Kraft tritt“.
„Spätestens jetzt dringend mit Nachhaltigkeitspräferenz beschäftigen“
Die reine Gesetzeskonstruktion ist handwerklich unspektakulär: Konkret wird in Paragraf 11a Absatz 3 Satz 3 FinVermV der starre Verweis auf die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 geändert und in einen dynamischen Verweis auf die jeweils geltende Fassung der Delegierten Verordnung verwandelt.
Durchaus mehr zu tun haben da schon die 34f-Vermittlerinnen und Vermittler. Sie seien „spätestens jetzt dringend aufgefordert, sich mit dem Thema Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz zu beschäftigen“, appelliert der AfW. Eine Beschäftigung mit dem Thema ESG sei spätestens jetzt unabdingbar. „An Qualifikation dazu führt kein Weg vorbei. Es ist keine Frage mehr des ob, sondern nur noch des wie“, betont Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.
Update: BVK äußert sich ebenfalls zustimmend
Am Montagnachmittag äußerte sich auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zustimmend über den Entwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Dieser werde eine wichtige Regelungslücke schließen und eine Ungleichbehandlung zwischen Versicherungskaufleuten und Finanzanlagenvermittlern beseitigen, hieß es aus Bonn. Auch bei den Kunden werde der Entwurf „die nötige Klarheit schaffen“, erklärte BVK-Präsident Michael Heinz. Das werde der Verband auch in seiner Stellungnahme an das BMWK so äußern, hieß es. Es sei nun zu hoffen, dass der Verordnungsentwurf rasch verabschiedet werde. „Wir rechnen damit im Frühjahr 2023“, so Heinz.
Der BVK begrüße darüber hinaus, dass das Thema „nachhaltige Finanzanlageprodukte“ Gegenstand der Sachkundeprüfung der FinVermV werden soll. „Schließlich sollte schon in der Ausbildung der Finanzanlagenvermittler das Wissen um dieses wichtige Themengebiet berücksichtigt und gestärkt werden“, erklärte der BVK abschließend.
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