- Von Redaktion
- 19.06.2023 um 17:33
Vertriebskanal
Hinsichtlich der Kanalpräferenzen gibt es gute Neuigkeiten für Versicherer: Laut unseren Studienergebnissen würden 61 Prozent der Kunden ein nachhaltiges Versicherungsprodukt präferiert direkt beim Versicherer abschließen, davon 35 Prozent beim Versicherungsvermittler und 27 Prozent direkt online bei der Versicherung. Plattformen wie Check24 und unabhängige Makler spielen eher eine untergeordnete Rolle. In der Kanalpräferenz der Kunden sollten Versicherer das Potenzial sehen, das Thema Nachhaltigkeit vor allem über eigens kontrollierbare und effiziente Vertriebskanäle gezielt bespielen zu können, Interessierte über diese Kanäle zu gewinnen und als Kunden zu binden.
Da die Kundentypen durchaus unterschiedliche Informations- und Emotionsbedürfnisse zeigen, bedarf es differenzierter Antragsstrecken, um die Konversionsrate zu maximieren. Neben Informationen zu den Nachhaltigkeitsaspekten der Produkte und deren gesellschaftlicher oder umweltbezogener Auswirkungen, sollte gleichzeitig auch das Gefühl „das Richtige zu tun“ vermittelt und auf diese Weise emotionaler Wert erzeugt werden. Um sich nicht in der Multi-Kanal-Welt zu verstricken, ist die priorisierte Anpassung der einzelnen Kanäle wichtig. Es empfiehlt sich, beispielsweise die Online-Antragsstrecke der eigenen Homepage als Erstes anzugehen.
Beratung
Sowohl aus den Gründen, bisher kein nachhaltiges Versicherungsprodukt abgeschlossen zu haben, als auch in der Präferenz für den Vermittlerkanal, wird deutlich, dass Kunden einen hohen Informations- und damit Beratungsbedarf bei nachhaltigen Policen haben. Wie unsere Kundenbefragung deutlich macht, wünschen sich 78 Prozent der Befragten, dass ihr Vermittler oder ihre Vermittlerin in Nachhaltigkeitsthemen zertifiziert ist (etwa über ein offizielles Siegel). Es wird klar: Kompetente und bestenfalls zertifizierte Beratung ist der Schlüssel zum Erfolg beim Vertrieb nachhaltiger Produkte.
Die zwei erfolgversprechendsten Handlungsfelder sind die Kompetenzsteigerung der Berater und eine ganzheitliche Verbesserung des Beratungsprozesses. Zentrale Stellhebel zur Kompetenzerweiterung der Berater sind gezielte Schulungen, um sie in der Nachhaltigkeitsberatung sattelfest zu machen. Dies reduziert die Angst, Kunden im bisher unbekannten Terrain zu beraten, und steigert die Motivation. Jedoch fällt es Beratern zunehmend schwer, im Triangel von Kundenorientierung, Produktvielfalt und Regulatorik alles Relevante abzudecken. Deshalb braucht es zusätzlich Entlastung für die Berater.
Wir empfehlen deshalb eine Optimierung des Beratungsprozesses mit einem Fokus auf Strukturierung und Entlastung. Dabei kann es sinnvoll sein, das Thema Nachhaltigkeit an Kompetenzcenter auszulagern, also eine Einheit an Nachhaltigkeitsspezialisten zu etablieren. Diese Einheit, die komplizierte Wirkungszusammenhänge und die Produkte der Nachhaltigkeit eingängig zu vermitteln vermag, kann ein klares Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb um die Kunden sein.
Kundenerlebnis
Nicht zuletzt entscheidet bei den Kunden oft das Gesamterlebnis, also nicht nur ihr Nachhaltigkeitserlebnis in der Vertragsanbahnung, sondern auch im Rahmen des Leistungs-/Schadenmanagements und der Loyalisierungsphase. Ansatzpunkt bietet beispielsweise die Einführung eines Belohnungssystems für ein nachhaltiges Produktportfolio. 92 Prozent der befragten Kunden stehen einer solchen Maßnahme zur Kundenbindung äußerst positiv gegenüber. Mit derartigen Maßnahmen lässt sich das Thema Nachhaltigkeit an mehreren Kundenkontaktpunkten entlang der Customer Journey zum Leben erwecken und langfristig im Bewusstsein der Kunden etablieren.
Um Kunden ein ganzheitlich überzeugendes Nachhaltigkeitserlebnis zu ermöglichen, muss sich die Organisation konsequent an den Nachhaltigkeitsbedürfnissen ausrichten – und das sparten- und funktionsübergreifend. Eine Nachhaltigkeitsstrategie kann dazu die Leitplanken für ein ganzheitliches und stimmiges Auftreten gegenüber Mitarbeitern, Kunden und Partnern legen.
Fazit
Dem Versicherungsmarkt steht zeitnah ein Wandel bevor, getrieben von den Kunden und ihren Nachhaltigkeitsbedürfnissen. Um die Marktchancen erfolgreich zu nutzen, ist in erster Linie der Vertrieb gefragt. Für vertrieblichen Erfolg mit nachhaltigen Produkten braucht es allerdings keine komplett neuen Vertriebsansätze, sondern vielmehr Verbesserungen und eine klare Ausrichtung im aktuellen Operating Model. Es gilt, relevante Kundengruppen zu identifizieren und mit informativen und emotional aufgeladenen Marketingbotschaften gezielt anzusprechen.
Antragsstrecken, die Vertrauen und Emotionen adressieren, bilden die unterstützende Basis für eine kompetente Beratung rund um Nachhaltigkeit. Statt der nächsten großen Transformation sind die richtigen, kundenbedürfnisorientierten Stellhebel umzulegen. Nachhaltigkeit bietet eine immense Chance für den Versicherungsvertrieb – sowohl finanziell als auch zur Emotionalisierung der Kundenbeziehung – und sollte höchste Priorität genießen.
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