Eine Frau hält vor anderen Frauen einen Vortrag über Finanzen: Was ist nötig, um den Gender Pension Gap zu beseitigen? Wir haben uns umgehört. © picture alliance / dpa Themendienst | Monique Wuestenhagen
  • Von Barbara Bocks
  • 15.10.2024 um 13:19
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lesedauer Lesedauer: ca. 18:10 Min

Der Gender Pension Gap, also die Rentenlücke von Frauen, existiert seit Jahren und hat viele komplexe Ursachen. Wir haben uns bei zahlreichen Expertinnen und einem Experten umgehört, was die Lücke beseitigen kann – und was die Profis Frauen in Bezug auf ihre Finanzen raten.

Seit Jahren gibt es immer wieder erschreckende Zahlen zum Gender Pension Gap, also die geschlechterspezifische Rentenlücke zwischen Männern und Frauen. Zuletzt bekamen Frauen zwischen 27 und 40 Prozent weniger Alterseinkünfte als Männer, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die Krux dabei ist, dass sich viele Frauen ihrer Rentenlücke gar nicht bewusst sind. Und Frauen, denen das klar ist, unterschätzen die Höhe ihrer fehlenden Rente.

Absolut nachvollziehbar, haben viele Frauen mit Job, Care-Arbeit und Kindererziehung ohnehin schon alle Hände voll zu tun. Aber es ist dennoch bitter, nicht nur für die Frauen, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Es müssen also dringend Lösungen her.

Wir wollten es genauer wissen und haben die folgenden Expertinnen und Experten

  • Hanne Borst, Aktuarin DAV/IVS und Managing Director Retirement, Head of Retirement Germany bei Willis Towers Watson,
  • Ines Freiboth, Inhaberin einer Allianz-Agentur, 
  • Katrin Fuchs, Coach und Beraterin für Vereinbarkeit von Lebensphasen und Beruf, feministische und gleichberechtigte Elternschaft, Mitinitiatorin der Initiative unpaidcarework“,
  • Dr. Birgit Happel, Geldbiografien® Expertin Finanzbildung & Finanzielle Gleichstellung, Keynote-Speakerin,
  • Verena Kienel, Head of Sustainability Research bei Ökoworld,
  • Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin Stuttgarter Vorsorge-Management, und Per Protoschill, Geschäftsführer Stuttgarter Vorsorge-Management,
  • Martina Pophal, Journalistin, Moderatorin, Multiplikatorin,
  • Ute Thoma, Leiterin Unternehmens-Vorsorgewelt bei der Bayerischen,
  • Dr. Carolin Weyand, Gründungspartnerin bei Rettenmaier Frankfurt, Fachanwältin für Strafrecht, Vorstandsvorsitzende Vereinigung Hessischer Strafverteidiger*innen,
  • Cordula Vis-Paulus, bAV-Consulting und Expertin für betriebliche Altersvorsorge & Benefits, Veranstalterin des „German Equal Pension Symposium“,

gefragt, welche Maßnahmen sie gegen den Gender Pension Gap empfehlen und was sie Frauen in Bezug auf ihre Finanzen raten.

Die Antworten finden Sie in der folgenden Bilderstrecke.

Hanne Borst: „Es braucht mehr finanzielle Bildung bereits im Schulalter, sodass Frauen bewusster ist, welche Folgen Entscheidungen wie die Berufswahl haben
Hanne Borst von Willis Towers Watson: „Diversität in der Anlage ist wichtig. Man sollte nicht nur auf eine Karte, sondern auf verschiedene Altersvorsorgemöglichkeiten setzen.“ Foto: Willis Towers Watson
Hanne Borst: „Diversität in der Anlage ist wichtig. Man sollte nicht nur auf eine Karte, sondern auf verschiedene Altersvorsorgemöglichkeiten setzen.“ Foto: Willis Towers Watson

Pfefferminzia: Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Hebel, damit der Gender Pension Gap irgendwann kein Thema mehr ist?

Hanne Borst: Die Gründe für den Gender Pension Gap sind vielfältig. Zum einen verdienen Frauen weniger als Männer. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht regelmäßig Informationen über den Verdienstabstand von Männern und Frauen. 2023 betrugen die Verdienstunterschiede 18 Prozent.

Wird berücksichtigt, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird, betrugen die Verdienstunterschiede im Jahr 2023 immer noch 6 Prozent. Das bedeutet, dass Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer im Schnitt 6 Prozent weniger pro Stunde verdienen.

Zusätzlich zu den Verdienstunterschieden arbeiten Frauen im Durchschnitt weniger Stunden pro Woche und sind häufiger in nicht sozialversicherungspflichtigen Mini-Jobs beschäftigt. So gingen 2021 nach Ergebnissen des Mikrozensus 47,4 Prozent der erwerbstätigen Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren einer Teilzeittätigkeit nach, aber nur 10,6 Prozent der gleichaltrigen Männer.

Frauen unterbrechen zudem ihre Erwerbsarbeit häufiger und länger als Männer, in der Regel um Care-Arbeiten wie Kinderbetreuung und Pflegeleistungen für Angehörige zu übernehmen. Verstärkt wird diese Situation oftmals durch unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung fehlten in Deutschland im vergangenen Jahr fast 400.000 Kinderbetreuungsplätze.

Um die Situation nachhaltig zu verändern sind somit Anpassungen an der Bezahlung, der Verteilung der Care-Arbeit und bei einer verlässlichen Kinderbetreuung erforderlich. Zudem braucht es mehr finanzielle Bildung bereits im Schulalter, sodass Frauen bewusster ist, welche Folgen Entscheidungen wie die Berufswahl haben.

Was ist für dich der wichtigste Tipp, den du mit dem Wissen von heute Frauen für ihre Finanz- und Lebensplanung mitgeben möchtest?

Für sehr wichtig halte ich den Aspekt der finanziellen Bildung. Man sollte sich bei jeder das Leben nachhaltig beeinflussenden Entscheidung darüber informieren, welche Folgen daraus insbesondere auch für die Altersversorgung entstehen können. Dazu gehören Berufswahl, Eheschließung, Teilzeitarbeit, Geburt, Pflege und auch Scheidung und Todesfall.

Was ist dein wichtigster Altersvorsorgetipp?

Diversität in der Anlage ist wichtig. Man sollte nicht nur auf eine Karte, sondern auf verschiedene Altersvorsorgemöglichkeiten setzen. Zudem empfehle ich bei der Auszahlungsform auf eine lebenslange Grundversorgung zu achten. Für den einzelnen ist es schwierig abzuschätzen, wie lange man leben wird und wie lange dann zum Beispiel ein Kapitalbetrag reichen muss. Eine lebenslange Rente läuft lebenslang.

Viele Studien sagen, dass Frauen, wenn sie investieren, das am liebsten nachhaltig tun. Inwiefern teilst du diese Beobachtung für dich und deine Peer Group?

In der Kapitalanlage auf Nachhaltigkeitsaspekte zu setzen, kann durchaus sinnvoll sein. Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen, sind laut Marktstudien in der Regel langfristig erfolgreicher. Das ist am Ende aber eine sehr individuelle Entscheidung, die sehr stark von persönlichen Präferenzen abhängt.

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Barbara

Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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