Daniel Dadun, Principal Consultant bei Capco: „Die Zinswende ist absehbar der wichtigste Hebel für ESG-Investments.“ © Capco
  • Von Barbara Bocks
  • 11.09.2024 um 13:34
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In Amerika kühlt die Begeisterung für ESG-Anlagen zunehmend ab. Gründe dafür sind die aktuell schlechteren Renditen und ein geringeres Engagement von Platzhirschen wie Blackrock. Welche Gründe dafür sprechen, dass ESG-Anlagen weiter attraktiv für langfristige Investments bleiben, erklärt Daniel Dadun von Capco im Interview.

Inwiefern sind die schwächelnden Renditen für ESG-interessierte Anleger ein Minuspunkt oder verzichten diese für „gute Investments“ auch auf eine gewisse Rendite?

Dadun: Dies ist sicher nicht pauschal zu beantworten. Wir sehen im Markt eindeutig, dass ökologische und ethische Fragen bei vielen Anlegern weiterhin sehr hoch im Kurs stehen. Viele Anleger wünschen sich eine höhere Transparenz und sind bei ihren Anlagen durchaus wählerisch. Die Nachfrage ist ohne Zweifel weiterhin zu erkennen, auch wenn wir im Hype-Cycle nun an einem anderen Punkt sind also noch vor vier Jahren.

Welche Zielgruppe von Anlegern investiert am liebsten in nachhaltige Geldanlagen?

Dadun: Die Zielgruppe, die derzeit am stärksten in nachhaltige Geldanlagen investiert, besteht aus Millennials und der Generation Z. Hier sehen wir Anleger, die besonders umwelt- und sozialbewusst agieren. Auch vermögende Privatanleger und Family Offices interessieren sich zunehmend für ESG, da sie langfristige Werte wie Nachhaltigkeit und ethische Verantwortung in ihre Anlagestrategien integrieren wollen. Auch große institutionelle Player agieren vermehrt gemäß strengerer ESG-Vorgaben. Ein prominentes Beispiel sind etwa Staatsfonds wie in Norwegen.

Kann die aktuelle Flaute als eine natürliche Entwicklung entlang des klassischen Hype-Cycles gesehen werden?

Dadun: Ich glaube, dass dies tatsächlich der Fall ist, insbesondere, wenn man die Aktivitäten der großen Vermögensverwalter beobachtet. Hier wurde der Tatendrang zuletzt deutlich überschaubarer. Der Hype rund um ESG ist sicherlich nicht mehr riesengroß. Aber viele Anleger möchten bestimmte Branchen schlicht meiden – man denke an Tabak oder Rüstung. Stattdessen ist der Wunsch groß, an innovativen, ökologischen Geschäftsmodellen zu partizipieren. Die Finanzindustrie muss diese Ideen besser mit dem Anspruch auf Rendite verbinden.

Welche Trendthemen am Kapitalmarkt laufen ESG gerade den Rang ab und wieso?

Dadun: Der Trend der vergangenen Monate ist eindeutig die Künstliche Intelligenz. Mit dem Launch von ChatGPT konnte jeder selber ausprobieren, zu welchen Leistungen KI bereits in der Lage ist. Das war ein Hallo-Wach-Moment. Wir erleben nun, wie sich jede Branche mit den Chancen des Trends auseinandersetzt. Auch hier wird die Erkenntnis irgendwann reifen, dass zwar große Sprünge bei der Effizienz und neuen Geschäftsmodellen machbar sind, diese aber nicht überall so schnell greifbar sind, wie heute erhofft.  

Könnte die inzwischen absehbare Trendwende der Fed gar für ein Comeback klassischer ESG-Werte sorgen und die Karten einmal mehr neu verteilen?

Dadun: Das glaube ich tatsächlich. Allerdings muss man ehrlich sagen, dass die Dekade vor der Pandemie historisch natürlich eine Ausnahme darstellt. Ein Nullzinspolitik wie damals wird wohl bis auf weiteres auf sich warten lassen. Somit sehe ich zwar Chancen für klassische ESG-Performances. Aber die „ideale“ Welt der supergünstigen fast risikolosen Finanzierung wird passé sein.

Welche Gründe könnten noch für ein Comeback der ESG-Assetklasse bei Anlegern und Finanzmarktakteuren sprechen?

Dadun: Die Zinswende ist absehbar der wichtigste Hebel. Aber wir dürfen nicht unterschätzen, dass die Regulatoren eine nachhaltigere Ausrichtung der Finanzströme durchsetzen wollen. Konkret heißt dies, dass es für Player ohne nachhaltige oder ethische Geschäftsmodelle schwieriger werden wird, Fremdkapital zu bekommen und wenn, dann in der Regel zu schlechteren Konditionen; eine Entwicklung, die gerade in Europa weitergehen wird.

Dies wird sich auch auf Preise auswirken und einige Player dauerhaft in die Bredouille bringen. In den USA gibt es bereits erste Geschäftsmodelle, die Banken schlicht nicht mehr finanzieren wollen und dürfen.

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Barbara Bocks

Barbara Bocks ist seit 2011 als Journalistin im Wirtschafts- und Finanzbereich unterwegs. Seit Juli 2024 ist sie als Redakteurin bei der Pfefferminzia Medien GmbH angestellt.

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