Carsten Schildknecht, Vorstandsvorsitzender der Zurich Gruppe Deutschland, sprach mit Pfefferminzia-Chefredakteurin Karen Schmidt anlässlich der Taufe des neuen Bootes von Weltumsegler und Zurich-Klimabotschafter Boris Herrmann, über das Thema Nachhaltigkeit. © Zurich
  • Von Karen Schmidt
  • 25.10.2022 um 13:55
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Die Zurich will eines der verantwortungsbewusstesten und wirkungsvollsten Unternehmen der Welt werden. Wie das funktionieren soll, wie man das überhaupt misst, welche Rolle dabei Zurich-Klimabotschafter Boris Herrmann spielt, und wie sich dieses Ziel auf die Zurich-Produkte auswirkt, besprachen wir mit Carsten Schildknecht, Vorstandsvorsitzender der Zurich Gruppe Deutschland.

Pfefferminzia: Sie haben das ehrgeizige Ziel, Zurich zu einem der verantwortungsbewusstesten und wirkungsvollsten Unternehmen der Welt zu machen. Wie kann man sowas eigentlich messen und wie weit sind Sie?

Carsten Schildknecht: Wir sind heute schon eines der verantwortungsvollsten Unternehmen der Welt – nicht nur bezogen auf die Versicherungsindustrie. Wir waren immerhin der erste Versicherer, der das 1,5-Grad-Ziel unterschrieben hat. Das liegt uns am Herzen und motiviert uns. Wie messen wir das? Nun, als Versicherer kann man in vierfacher Hinsicht einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Erstens: als Unternehmen und Arbeitgeber. Wir produzieren Policen, wenn man so will. Dazu brauchen wir nicht nur hervorragende Mitarbeitende, sondern wir benötigen und unterhalten auch Gebäude und Ausstattung. Als Unternehmen reduzieren wir die CO2-Emissionen in unseren betrieblichen Abläufen drastisch und wollen zunächst klimaneutral, später sogar klimapositiv werden, indem wir Klimaprojekte unterstützen – etwa den Erhalt der Moore, Wälder und mehr. Im Vordergrund steht bei uns zunächst das Vermeiden, dann das Reduzieren und erst am Ende das Kompensieren von, zurzeit noch unvermeidbaren, Restemissionen. Wir setzen dabei aber vor allem auf die Möglichkeiten des technologischen Fortschrittes und intrinsische Motivation – nicht auf ein Mehr von Verboten.

Zweitens: Wir sind Risikomanager und Versicherer und integrieren dabei das Klimarisiko vollständig in die Risikomanagementprozesse. Wir helfen unseren Kunden dabei, Klimarisiken zu identifizieren und zu bedienen. Im Bereich der Industriekunden haben wir etwa den Bereich „Zurich Resilience Solutions“ neu geschaffen. Dort beraten wir Unternehmen unter anderem bezüglich geeigneter Standorte, wo sie also besonderen Klimarisiken ausgesetzt sind und wie sie präventiv Schäden vermeiden können. Das ist die eine Art, wie wir unsere Kunden begleiten. Die andere ist, indem wir sie begleiten, selbst das 1,5-Grad-Ziel zu schaffen, dabei können unsere Kunden auf das Know-how eines weltweit agierenden Versicherers zurückgreifen.

Und wie sehen die anderen beiden Rollen aus?

Die dritte Rolle ist die des Investors. Wir verfügen über erhebliche Kapitalanlagen. Wenn wir diese klimaneutral anlegen, ist das ein riesiger Hebel. Darüber hinaus beraten wir unsere Kunden entsprechend. Für unsere fondsgebundenen Lebensversicherungen haben wir beispielsweise ein starkes Portfolio an ESG-konformen Produkten. Der Kunde kann sich dort also sein ESG-Depotmodell aussuchen. Dann tut unser Kunde nicht nur etwas für die eigene Altersvorsorge, sondern auch für die Zukunft der nächsten Generation.

Und die vierte Rolle schließlich ist die des Versicherers als Teil der Gesellschaft, in der wir uns in langfristigen Projekten engagieren – lokal über die Zurich Kinder- und Jugendstiftung sowie über die Z Zurich Foundation auch weltweit. Wir nehmen hier unsere soziale Verantwortung in vielen Projekten wahr und sensibilisieren auch immer wieder für das Thema Klimawandel. Damit schaffen wir ein Bewusstsein für dieses erhebliche Risiko. Für alle diese vier Rollen haben wir uns Ziele gesetzt, die wir langfristig umsetzen wollen.

Können Sie hier Beispiele nennen?

Wir wollen in der ersten Rolle bis zum Jahr 2050 klimapositiv werden. Wir brechen das dann herunter, was das für die einzelnen Jahre bedeutet. Wir haben als Unternehmen 2019 einen CO2-Footprint von ca. 15.000 Tonnen gehabt. Diesen Wert haben wir mittlerweile reduziert auf etwa 7.000 Tonnen. Maßnahmen, die dazu geführt haben, sind etwa die Umstellung auf Hybridflotten, der Umzug in unser neues, modernes Gebäude mit Fernwärme und neue Arbeitsmodelle wie Working at Home, durch die wir das Pendeln unserer Mitarbeitenden reduzieren können. Vergleichbare Erfolge können wir auch in unseren anderen Rollen erzielen.

Welche Rolle spielt Weltumsegler und Zurich-Klimabotschafter Boris Herrmann bei dieser Strategie? Was wollen Sie mit dieser Kooperation erreichen?

Immer wieder auf das Thema Klimawandel aufmerksam zu machen – auf dieses Ziel zahlt unsere Zusammenarbeit mit Boris Herrmann ein. Er segelt unter dem Motto „A race we must win – climate action now” – und da stehen wir voll dahinter. Wir müssen und wollen gemeinsam das Rennen gegen den Klimawandel gewinnen. Dazu haben wir im vergangenen Jahr eine gemeinsame Initiative gegründet – den Planet Hero Award, bei dem Boris Herrmann Mitglied der Jury ist. Wir schreiben dabei eine Förderung aus über drei Jahre für Nicht-Profit-Organisationen, die sich dem Klimaschutz, Biodiversität oder Gewässerschutz widmen. Letztes Jahr hatten wir über 100 Bewerber, aus denen wir 4 Preisträger herausgesucht haben. Dieses Jahr ging der Planet Hero Award in die zweite Runde – erneut mit hervorragenden Einreichungen, die zeigen, dass Klimaschutz nicht mit Technologieverboten sondern durch Innovationskraft und Unternehmertum funktioniert. Die Siegerinitiativen fördern wir nicht nur finanziell, sondern auch mit dem Know-how unserer Vorstandspaten über einen Zeitraum von drei Jahren – auch hier zählt sozusagen nachhaltiges Handeln.

Sie haben eben schon Fondspolicen erwähnt. Wie drückt sich denn Ihr Nachhaltigkeitsstreben in Ihren Produkten aus?

In der fondsgebundenen Lebensversicherung liegt der Anteil nachhaltiger Anlagen inzwischen schon bei rund 50 Prozent. Jeder zweite Kunde bestückt seine Fondspolice also mit nachhaltigen Produkten. In Sachen Taxonomie ist zwar noch einiges im Wandel, in unseren Fondspolicen setzen wir aber vor allem Fonds ein, die den Artikeln 8 und 9 Transparenzverordnung entsprechen. Und wir haben im Juli ein ETF-Depotmodell mit Klimafokus aufgelegt. Es erfüllt strengere Kriterien als Artikel 8 und 9 und ist günstig. Wir sprechen hier von Kosten für Geldanlage zwischen 25 und 30 Basispunkten. Das ist sehr attraktiv und wettbewerbsfähig – und in unseren Augen die nächste Generation der ETF-Modelle.

Auf der Sachversicherungsseite geht es eher darum, Kunden auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu begleiten. Wir versichern also die Solaranlage auf dem Betriebsgebäude oder die E-Flotte. Was sich zurzeit in der Pilotphase befindet, ist, KFZ-Kunden CO2-Kompensationsmöglichkeiten anzubieten. Wir rechnen die CO2-Emissionen des Autos aus, das der Kunde versichern will – anhand von Fahrleistung, Fahrzeugtyp und so weiter. Und bieten dann eine Plattform an, über die der Kunde in ein CO2-kompensierendes Projekt investieren kann. Damit kommen wir auch dem gestiegenen Nachhaltigkeitsinteresse unserer Kunden nach. Denn eines ist klar: Die Lösung dieser Klimakrise kann es meines Erachtens nicht sein, auf die Errungenschaften zu verzichten, die wir uns in den vergangenen 300 Jahren hart erarbeitet haben. Wir wollen nicht zurück in die Steinzeit. Die Lösung ist, mit neuen Technologien und Innovationen die CO2-Emissionen zu reduzieren, statt Technik zu verteufeln.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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