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Verena Kienel, Leiterin Nachhaltigkeitsresearch, und Marcus Langer, Bereichsleitung Versicherer-, Vermittler- und Bankenvertrieb, beide bei Ökoworld © Ökoworld
  • Von Sabine Groth
  • 18.07.2024 um 10:13
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:25 Min

Zu erkennen, welche Fonds tatsächlich nachhaltig investieren, ist nicht einfach für Berater. Weshalb viele das Thema gleich ganz meiden. Verena Kienel, Leiterin Nachhaltigkeitsresearch, und Vertriebs-Experte Marcus Langer, beide Ökoworld, geben Tipps, wie sie das Problem lösen können und auf welche Merkmale sie achten sollten.

Pfefferminzia: Nachhaltige Anlageprodukte sind ein weites unübersichtliches Feld. Wie können Vermittler sich hier zurechtfinden?

Verena Kienel: Zwar bietet die FNG Datenbank eine erste gute Übersicht mit nachhaltigkeitsrelevanten Informationen zu einem Großteil der in Deutschland zugelassenen nachhaltigen Fonds, jedoch führt trotz allem kein Weg daran vorbei, sich nach einer ersten Einschätzung im Detail mit einem jeden Fonds zu beschäftigen, um die wirklich dahinterstehenden Inhalte herauszufinden.

Marcus Langer: Zukünftig wird auch die Beratungssoftware hier stärker unterstützen können. Die Anbieter passen gerade die Systeme an.

Hilft nicht die Einordnung von Fonds nach Artikel 6, 8 und 9 der Offenlegungsverordnung?

Kienel: Bei den Artikeln geht es um Transparenzpflichten, das haben viele falsch verstanden. Artikel 8 und 9 sagen nichts über den Inhalt eines Fonds aus. Auch ein Artikel-9-Fonds kann in Atomkraft oder Militärtechnik investieren. Berater sollten sich daher nicht auf diese Einstufungen verlassen, sondern sich auf die Inhalte der Fonds konzentrieren. Darauf, in welche Unternehmen sie tatsächlich investieren.

Langer: Es wird wohl nie eine einfache Lösung für Berater geben. Nachhaltigkeit bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Ähnlich wie Berater gelernt haben, was das Wort Risiko für ihre Kunden bedeutet, müssen sie nun versuchen herauszufinden, was diese mit Nachhaltigkeit verbinden.

Wie können Berater das schaffen?

Kienel: Der einfachste Weg führt über Ausschlüsse. In was will der Kunde oder die Kundin nicht investieren? Kinderarbeit, Verletzung der Menschenrechte, Atomkraft, Kohle, Chemieunternehmen und so weiter. Es kann aber auch herausgearbeitet werden, in was investiert werden soll, welche nachhaltigen Themen besonders wichtig sind.

Langer: Wenn sich herausstellt, dass der Kunde sehr hohe Ansprüche an Nachhaltigkeit hat, wäre er beispielsweise bei unseren Fonds gut aufgehoben. Wenn nicht, könnten andere Fonds besser passen. Den ganzen Markt an nachhaltigen Produkten zu beobachten, ist für Berater allerdings kaum möglich. Letztlich muss er für seine Kunden, die nachhaltig anlegen wollen, einige Anbieter beziehungsweise Produkte an der Hand haben, aus denen er ihnen dann das passende vermitteln kann.

Auf welche Parameter sollten Vermittler bei der Auswahl achten?

Langer: Ein Indiz ist die Anzahl der Unternehmen im Universum des Fonds. Wenn nach einigen Filtern immer noch mehrere Tausend investierbare Titel übrig bleiben, kann die Strategie nicht so nachhaltig sein. Ein enges Universum deutet auf strenge Auswahlkriterien hin. Für den Ökoworld Ökovision Classic stehen beispielweise nur etwas mehr als 400 Unternehmen zur Auswahl, die unsere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Kienel: Auch die Prozesse des Fonds sind wichtig. An welcher Stelle spielt Nachhaltigkeit eine Rolle? Und gibt es ein eigenes ESG-Team oder werden nur Daten von Agenturen eingekauft, die eventuell noch nicht einmal verpflichtend zu berücksichtigen sind? Ein weiterer Hinweis ist, wie der Anbieter das Thema lebt. Nur durch den Kauf der Aktie kann man nicht viel Einfluss nehmen. Aktives Engagement ist wichtig. Dabei geht es darum, auf der Hauptversammlung abzustimmen, aber auch von Unternehmen über Gespräche bestimmte Verhaltensweisen einzufordern.

Warum sollten Vermittler ihren Kunden überhaupt nachhaltige Anlageprodukte empfehlen?

Kienel: Gute Argumente dafür gibt es viele. Zum Beispiel die regulatorischen Änderungen, die Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit verpflichten. Aber auch Wasser- und Ressourcenknappheit fordern Umdenken. Geschäftsmodelle, die den Klimawandel heute noch nicht berücksichtigen, wird es bald nicht mehr geben. Wer jetzt hingegen schon jetzt zum Beispiel auf die Vorteile der Kreislaufwirtschaft und die Anpassung an den Klimawandel setzt, kann zu den Gewinnern von morgen zählen.

Langer: Mit Nachhaltigkeitsfonds müssen Anleger nicht auf Performance verzichten, sie können aber dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Zudem führt an dem Thema mittel- und langfristig ohnehin kein Weg vorbei. Unternehmen brauchen schon heute ein auf die Zukunft gerichtetes Geschäftsmodell. Wir sehen die nachhaltigen Unternehmen, in die wir heute investieren, als die Gewinner der Zukunft im globalen Wandel.

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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