- Von Lorenz Klein
- 21.03.2023 um 13:35
Wäsche waschen, E-Auto laden und nebenbei das Klima schützen: Für das Ehepaar Bliesener schien der Traum vom eigenen Strom aus der heimischen Solaranlage zum Greifen nah – und blieb doch unerreichbar: Nachdem der Installateur die Sonnenkollektoren auf dem Flachdach verschraubt hatte, drang schon bald Wasser in die Wohnräume. „Es war dramatisch“, berichtete Monika Bliesener kürzlich der „Süddeutschen Zeitung“.
Da das Dach erst kurz vor der Installation der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) saniert worden war, musste der Anlagenbauer den Schaden verursacht haben – zumindest die Blieseners waren davon überzeugt. Doch die Betriebshaftpflichtversicherung des Solaranlagenbauers sah das anders und argumentierte, das Dach sei bereits vor dem Aufbau defekt gewesen. Das Ehepaar streitet sich nun schon seit 2019 mit der Versicherung, Ausgang offen.
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„Der Boom ist angekommen bei den Versicherern“
Zwar haben die Blieseners eine Wohngebäudeversicherung, wie es im SZ-Bericht heißt. Doch diese sei nicht zuständig. „Verbraucher können sich gegen Schäden, die aus Installationsfehlern resultieren, nicht versichern“, zitiert die Zeitung eine Sprecherin der Mannheimer Versicherung. Denn hier hafte der Auftragnehmer, also die Montagefirma, mit ihrer Betriebshaftpflichtversicherung – und das so lange, bis der Auftraggeber, sprich Hausbesitzer, die Anlage abgenommen hat. Doch dazu kam es bei den Blieseners offenbar nicht. Wenn sich dann die Haftpflicht querstellt, bleibt nur noch der Rechtsweg.
Der Fall wirft auch ein Schlaglicht darauf, welche Risiken der Solar-Boom, der maßgeblich von der Energiekrise angeheizt wurde, noch bergen könnte: „Aufgrund der sehr hohen Nachfrage kommt es bei der Montage von PV-Anlagen wieder vermehrt zu mangelhaft ausgeführten Installationen durch die Installationsbetriebe“, beobachtet René Arne Schmidt, Experte für Technische Versicherungen bei der Inter Allgemeinen Versicherung.
Denn jeder anziehende Markt lockt auch ungeübte Glücksritter an, die auf schnelles Geld hoffen. So würden manche Solarteure die anerkannten Regeln der Technik vernachlässigen, „was in der Folge wiederum den Eintritt von Schäden begünstigt“, fährt Schmidt fort. Beispielhaft verweist der Inter-Mann darauf, dass bei den Modulen die Mindestabstände zum Dachfirst oder -rand nicht eingehalten werden. Bei Sturm kann es dann zu einer Sogwirkung unter den Modulen kommen, wodurch diese vom Dach gerissen werden.
Großer Andrang bei Versicherern
Die gute Nachricht für den Versicherungsnehmer an dieser Stelle ist, dass sich eine PV-Anlage gegen Sturmschäden und weitere Naturgefahren meist problemlos versichern lässt – und das ist auch angezeigt. „Die Anlagen sind nicht nur der Sonne ausgesetzt, sondern auch anderen Witterungen und Risiken – Extremwetterereignisse haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, sagt Paul Ristock von der Oberösterreichischen Versicherung. Ristock leitet die deutsche Niederlassung des Unternehmens, das sich angesichts jahrelanger Erfahrungen aus dem Heimatmarkt als Vorreiter in diesem Segment sieht.
Und das Neugeschäft des Versicherers scheint von der Energiekrise zu profitieren: „Der Boom ist angekommen, und die Nachfrage nach Versicherungslösungen nimmt deutlich zu“, berichtet Ristock. Gerade in Zeiten, in denen sich der Strom „zu einem Luxusgut“ entwickle, nutzten viele Deutsche den Vorteil einer Photovoltaikanlage, um ihre eigene Energie zu produzieren.
Auch Thomas Gebhardt, Vorstandsvorsitzender der Waldenburger Versicherung, vermerkt „eine Zunahme der Anträge in diesem Segment“. Das spüre man aber nicht nur bei Versicherungen, so Gebhardt, sondern auch bei Händlern und Netzbetreibern, die mit den Anträgen auf Einspeisungen kaum noch nachkämen. Inter-Manager Schmidt bestätigt, dass die Nachfrage nach Versicherungsschutz bereits in den vergangenen Jahren hoch gewesen sei und aktuell weiter zunehme. 2022 sei die Inter sowohl bei den Verträgen als auch bei den Prämieneinnahmen „im zweistelligen Prozentbereich“ gegenüber dem Vorjahr gewachsen.
Insbesondere die Zahl der Versicherungsanfragen für Anlagen mit Batteriespeicher steige –Lieferproblemen zum Trotz – überdurchschnittlich stark an. Thomas Bartsch, Produktchef vom Photovoltaik-Anbieter IBC Solar aus Bad Staffelstein, dürfte dem zustimmen: „Anfragen und Bestellungen sind massiv angestiegen“, bilanziert Bartsch, wenngleich er die Lieferbarkeit von Produkten und Materialien als „herausfordernd“ bezeichnet. Hier zahle sich das umfangreiche Lieferantennetzwerk des Unternehmens aus, das viele Engpässe auffangen könne, so der Manager.
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