- Von Jens Lehmann
- 12.07.2022 um 10:52
In den vergangenen Jahren hat insbesondere der europäische Gesetzgeber einige neue Regeln dazu erlassen, wie Versicherungsmakler und Finanzberater mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen sollen. Dazu zählen die Transparenzverordnung (TVO) und die Verordnungen zur EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD und zur Finanzmarktrichtlinie Mifid II.
Transparenzverordnung: Info-Pflicht im Internet
Die Vorgaben der TVO, die bereits seit 10. März 2021 gilt, verpflichtet alle Finanzberaterinnen und Finanzberater, auf ihren Internetseiten Auskunft über ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen zu geben. Dabei geht es beispielsweise um Informationen darüber, inwiefern nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren in der Beratung berücksichtigt werden, oder ob die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken zu mehr oder weniger Vergütung führt.
„Es fehlt noch an einheitlichen Nachhaltigkeitskriterien“
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„Es gibt riesige Abgrenzungsprobleme im Markt“
„Die Informationspflichten nach der Transparenzverordnung sind für Vermittler nicht sehr umfangreich und lassen sich schnell und einfach umsetzen“, sagt Rechtsanwalt Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW. Dafür hat der Verband in Kooperation mit dem Votum-Verband eine Reihe von Hinweisen und Formulierungshilfen erarbeitet und auf seinen Internetseiten bereitgestellt. „Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssen Vermittler die Bausteine lediglich an ihren Bedarf anpassen und im Impressum oder an anderer Stelle auf ihrer Internetseite veröffentlichen.“
Vermittler ohne Internetpräsenz haben nur sehr eingeschränkte Pflichten aus der TVO. Hier gelten lediglich die für alle statuierte Pflicht, vorvertragliche Information zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Beratungsprozess zu erteilen. Auch hier unterstützt der AfW mit Textbausteinen, die Makler in ihr Beratungsprotokoll übernehmen können.
Fehler im Gesetzestext führt zu Verwirrung in der Branche
Sehr viel komplizierter ist es mit der sogenannten Präferenzabfrage, die sich aus den jeweils hierfür geänderten delegierten Verordnungen zu IDD und Mifid II ergeben. „Danach müssen Vermittlerinnen und Vermittler von Versicherungs- oder Finanzprodukten ihre Kunden vom 2. August an zu deren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen“, sagt Experte Wirth.
Wegen eines redaktionellen Fehlers des deutschen Gesetzgebers kommt es aktuell aber dazu, dass Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung nicht dazu verpflichtet sind. Wohl aber Konkurrenten wie Banken, Vermögensverwalter oder auch Vermittlerinnen und Vermittler unter einem Haftungsdach und alle, die Versicherungsanlageprodukte vermitteln, die Präferenzabfrage durchführen und dann daraus ableitend passende Produkte empfehlen müssen.
„Eine völlig absurde Situation“, urteilt Wirth. Das führt dazu, dass ein 34d-Vermittler eine fondsgebundene Lebensversicherung künftig nur nach vorangegangener Ermittlung der Nachhaltigkeitspräferenzen an die Frau oder den Mann bringen darf, wogegen ein 34f-Vermittler einen Fonds wie gehabt ohne Nachhaltigkeitsabfrage anbieten und vermitteln kann. „Das ist ein unhaltbarer Zustand, der vom Gesetzgeber nicht gewollt war“, so Wirth.
Schon wegen der parlamentarischen Sommerpause dürfte es mit der Beseitigung des Fehlers in der Finanzmarktrichtlinie so bald nichts werden. Damit rechnet der AfW-Vorstand eventuell erst zum Jahreswechsel 2022/2023.
>>Seite 2: Wie sich Vermittler in der Zwischenzeit verhalten können.
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