- Von Andreas Harms
- 16.02.2022 um 10:56
Pfefferminzia: Sind Atom- und Gaskraftwerke wirklich nachhaltig?
Jan Wicke: Die Anfang Februar von der Europäischen Kommission vorgelegte Ergänzung zur EU-Taxonomie kann einen Beitrag zur Energiewende leisten – dafür sollten allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Wichtig ist vor allem, dass Gaskraftwerke und die entsprechenden Investitionen auf den Übergang zu einer vollständigen Abdeckung mit erneuerbarer Energie ausgelegt sind.
Mit maximal 270 Gramm je Kilowattstunde liegt der Emissionswert neuer Gaskraftwerke weit unter denen von … sagen wir mal … Braunkohlekraftwerken mit 940 Gramm. Brauchen wir nicht solche Technologien, um Blackouts zu verhindern?
Wir benötigen sie in der oben bereits skizzierten Übergangsphase. Bis erneuerbare Energien zuverlässig und in entsprechendem Umfang gespeichert werden können, bieten Gaskraftwerke aufgrund der schnellen Inbetriebnahme die technischen Voraussetzungen, die Netzstabilität bei Spitzenauslastungen zu gewährleisten. Neue, effiziente Gaskraftwerke können vor diesem Hintergrund einen schadstoffreduzierten Übergang zu einer flächendeckenden Versorgung mit erneuerbaren Energien unterstützen.
„Das wäre aus unserer Sicht Greenwashing“
„Nur noch Anlagen, die mindestens Artikel 8 erreichen“
„Unfallgefahr und die nicht geklärte Endlagerung sind problematisch“
Dieser Anspruch – Gaskraftwerke und die entsprechenden Investitionen nur für den Übergang zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen einzusetzen – kann jedoch nur durch eine konsequente Einzelfallbetrachtung erfüllt werden, die den individuellen Beitrag eines Gasenergie-Investments zur Energiewende berücksichtigt.
Welche Rolle spielt die Taxonomie generell in Ihren Anlagerichtlinien?
Die Bedeutung der Taxonomie für Anlagestrategien und -prozesse wird sich erst noch über die Zeit herausstellen. Frühestens in zwei Jahren wird sich abzeichnen, ob die Taxonomie wirklich zur Lösung einer der größten Herausforderungen nachhaltigen Investierens beitragen kann – der Konsolidierung der fragmentierten Datenlage und der Verbesserung der aktuell durchwachsenen Datenqualität.
Gleichzeitig sollten diesbezüglich die Erwartungen mit Blick auf die Taxonomie nicht zu hoch gesetzt werden. Selbst wenn sich Datenverfügbarkeit und -qualität deutlich steigern, dürfte dies vor allem auf den europäischen Raum beschränkt sein. Für die Talanx als globalen Investor kann die EU-Taxonomie dementsprechend nur einen Teil der Lösung für unser internationales Portfolio darstellen.
Losgelöst von der Taxonomie und den einzelnen Wirtschaftsaktivitäten, die sie umfasst, verstehen wir uns aber zuallererst als Wegbereiter der Energiewende. Daran wird sich unabhängig von der aktuellen und künftigen Entwicklung der Taxonomie zweifelsfrei nichts ändern.
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