Debeka-Chef Thomas Brahm: „Kernenergie nicht als Ausschlusskriterium“ © Debeka
  • Von Andreas Harms
  • 11.02.2022 um 11:17
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Die EU-Kommission hat Atom- und Gaskraft in die Taxonomie aufgenommen und damit für nachhaltig erklärt. Notwendiger Schritt und Renditechance oder einfach nur ein schmutziger Fehltritt? Wir haben bei Versicherern nachgefragt, wie sie sich jetzt verhalten und aufstellen. Wir beginnen mit dem Vorstandschef der Debeka, Thomas Brahm.

Pfefferminzia: Sind Atom- und Gaskraftwerke wirklich nachhaltig?

Thomas Brahm: Die Aufnahme von Atom- und Gaskraft als nachhaltige Investition in die EU-Taxonomie sehen wir kritisch. Durch das ESG-Komitee wurde eine interne Leitlinie „ESG-Kriterien für die Kapitalanlage der Debeka-Versicherungsunternehmen“ erarbeitet. In dieser werden Investitionen in die Kernenergie nicht als Ausschlusskriterium gesehen. Allerdings betrachten wir die Gefahr von schwerwiegenden Unfällen und die nicht geklärte Endlagerung von Atommüll als problematisch. Die Teilnehmer des ESG-Komitees sind sich allerdings darin einig, dass verstärkte Investitionen in die Kernenergie nicht in Frage kommen. Einer nachhaltigen Entwicklung gemäß dem Verständnis der Brundtland-Definition steht die Aufnahme von Atomkraft in die EU-Taxonomie entgegen.

Mit maximal 270 Gramm je Kilowattstunde liegt der Emissionswert neuer Gaskraftwerke weit unter denen von … sagen wir mal … Braunkohlekraftwerken mit 940 Gramm. Brauchen wir nicht solche Technologien, um Blackouts zu verhindern?

Grundsätzlich stellen neue Gaskraftwerke eine gute Übergangstechnologie im Vergleich zu Braunkohlekraftwerken dar, bis die Versorgung über erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Die Tatsache, dass wir solche Technologien im Jahr 2022 noch brauchen, um Blackouts zu verhindern, steht nicht im Widerspruch zur Zielsetzung, eines zukünftigen Tages davon abzukommen und nur noch tatsächlich nachhaltig zu wirtschaften – das heißt ohne Erdgas zu verbrennen.

Vor allem klassische Energieaktien und -anleihen kamen zuletzt mit enorm günstigen Bewertungen und hohen Dividendenrenditen daher. Sollte man solche Renditechancen nicht nutzen und dann die Unternehmen als Aktionär beeinflussen?

Den günstigen Bewertungen stehen hohe transitorische und physische Risiken gegenüber, die wir berücksichtigen müssen und die den Gewinn relativieren. Wir sind der Initiative Climate Action 100+ beigetreten, um uns bei Unternehmen zu engagieren, die für 80 Prozent der industriellen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.

„Die hauseigenen ESG-Kriterien decken Teile der Taxonomie schon ab“

Welche Rolle spielt die Taxonomie generell in Ihren Anlagerichtlinien?

Die Debeka-eigenen ESG-Kriterien wurden vor Verabschiedung der Taxonomie entwickelt und decken thematisch Teile der Taxonomieverordnung bereits ab.

Wie teilt sich das von Ihnen verwaltete Vermögen prozentual in nachhaltig und herkömmlich auf?

Zur EU-Taxonomie, die sich noch in der Abstimmung befindet, können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aufteilung bekannt geben. Hierzu fehlt noch die Datenbasis. Intern haben wir für alle Asset-Klassen ESG- und Nachhaltigkeitskriterien definiert. 100 Prozent der Kapitalanlagen werden mit ESG-Kriterien verwaltet. Lediglich weniger als 5 Prozent des Bestandes erfüllen diese internen Kriterien noch nicht.

Welche Tendenz erkennen Sie?

Wichtig ist, zu den bestehenden ESG-Kriterien eine fortlaufend spezifizierte Klimastrategie umzusetzen. Unser Ziel ist die sukzessive Umstellung der Kapitalanlage auf Klimaneutralität bis 2050. Das wird die Arbeit der nächsten Jahre bestimmen, weil dies ein langwieriger und schwieriger Prozess ist.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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