Gaskraftwerk Duisburg-Huckingen, das vom Energieriesen RWE betrieben wird, aufgenommen im Februar 2021. © picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack
  • Von Lorenz Klein
  • 04.02.2022 um 16:01
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Die EU-Kommission hat entschieden, dass ihre sogenannte Taxonomie auch für Atom- und Gaskraftwerke gelten soll. Doch beendet ist die Debatte über die Ausgestaltung nachhaltiger Finanzprodukte damit keinesfalls – zumal von grünen Geldanlagen kaum eine Steuerungswirkung ausgehe, wie Experten kritisieren.

Aller Gegenwehr zum Trotz: Die EU-Kommission hat beschlossen, dass Atomenergie und fossiles Gas als nachhaltige Finanzanlage gelten dürfen. Doch die Debatte über diese höchst umstrittene Entscheidung der Kommission dürfte damit nicht verstummen. So werden sich sowohl der Europäische Rat als auch das Europäische Parlament in den kommenden Monaten mit dieser Entscheidung befassen, wobei zumindest über das Ziel weitgehend Einigkeit besteht.

So sollen Investitionen durch die EU-Taxonomie künftig umgeleitet werden, um dadurch für mehr Klima- und Umweltschutz zu sorgen – und zugleich ein international anerkannter Standard für nachhaltige Finanzen geschaffen werden. Erstmals würde also mit dem Klassifizierungssystem namens Taxonomie ein EU-weit einheitliches Regelwerk entstehen, was Nachhaltigkeit in der Wirtschaft genau meint.

Weit entfernt vom „Goldstandard“?

Doch von einem „Goldstandard“ sei der Entwurf der EU-Kommission weit entfernt, kritisiert etwa der Umweltverband Nabu. Der Entwurf bleibe „hinter Branchenstandards für nachhaltige Finanzen zurück und droht seine internationale Lenkungswirkung zu verfehlen“, heißt es in einer Mitteilung. Die EU-Taxonomie verliere so an Glaubwürdigkeit, meint NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Experten zufolge könnten mit diesen Plänen sogar das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Gefahr geraten, so Krüger. Der Rat und das Europäische Parlament sollten diese daher stoppen.

Dem Entwurf zufolge dürfen Wertpapiere von Gas- und Kernkraftfirmen nun zumindest in der schwächsten der drei geplanten Taxonomie-Untergruppen auftauchen, in der klima- und umweltfreundliche Aktivitäten aufgezählt werden. In der obersten Gruppe befinden sich klassische grüne Aktivitäten wie das Betreiben von Windkraftanlagen.

Bürger hoffen auf nachhaltigere Gesamtwirtschaft…

Und was bringt das alles? Der grüne Investment-Dschungel soll mit Hilfe allgemein verbindlicher Standards gelichtet werden, um Versicherern, Banken, Investoren und privaten Anlegern hier einen besseren Durchblick zu ermöglichen. Fondsgesellschaften müssen dann zum Beispiel angeben, welcher Anteil ihres Fondsvermögens Taxonomie-konformen Wirtschaftstätigkeiten zuzuordnen ist. Außerdem sind Bankberater und Versicherungsvermittler spätestens ab August 2022 dazu verpflichtet, ihre Kunden nicht nur nach ihrer Risikobereitschaft zu befragen, sondern auch nach ihren Präferenzen in Sachen Nachhaltigkeit.

Doch auch wenn das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde ist – geht es um konkrete Anlage-Entscheidungen spielt Nachhaltigkeit bislang noch keine große Rolle. So ist den Deutschen bei der Kapitalanlage der Faktor Sicherheit mit einem Wert von 40 Prozent am wichtigsten, gefolgt von Rentabilität (27 Prozent) und Liquidität (18 Prozent). Erst dann kommt Nachhaltigkeit mit 15 Prozent. Das geht aus einer Sonderbefragung des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (Diva) hervor (wir berichteten). Immerhin: Im Vergleich zur Sommerbefragung 2021 hat Nachhaltigkeit um 2 Prozentpunkte zugelegt.

…doch Experten bezweifeln das

Es tut sich also was: Und laut der Diva-Umfrage ist die Mehrheit von 54 Prozent der Deutschen überzeugt, dass nachhaltige Geldanlagen zu einer nachhaltigeren Gesamtwirtschaft beitragen können. Aber ist dem so?

Nicht wirklich, sagen Fachleute. Grüne Finanzanlagen haben weit weniger Einfluss auf die Investitionen von Unternehmen und Staat haben als gewünscht, lautet das Kernergebnis einer aktuellen Studie. „Wer in grüne Finanzanlagen investiert, macht dadurch zwar sein eigenes Portfolio grüner, aber es ändert sich nichts an den Emissionen der Gesamtwirtschaft“, sagte Studienautor Jan Pieter Krahnen, Direktor des Frankfurter Leibniz-Instituts SAFE, der „Süddeutschen Zeitung“ (bezahlpflichtig).

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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