- Von Juliana Demski
- 15.12.2021 um 16:41
Im Jahr 2021 haben weite Teile Deutschlands die Wucht des Klimawandels zu spüren bekommen. Laut dem Versicherungsverband GDV entstanden für die Versicherer durch die Flutkatastrophe im Sommer Rekordschäden in Höhe von 8,2 Milliarden Euro (wir berichteten). „Die direkten Gefahren wie beispielsweise Stürme, Flutkatastrophen und Hitzewellen betreffen vor allem die Sachversicherung“, bestätigt Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). „Aber auch die Lebens- und Krankenversicherung muss grundsätzlich mit Auswirkungen des Klimawandels rechnen.“
GDV korrigiert Schadenschätzung nach Flutkatastrophe nach oben
Aktuare fordern mehr Prävention für „vermeidbare“ Versicherungsschäden
Relevante Risiken für die Lebensversicherung könnten vor allem extreme und lang andauernde Hitzewellen sein, wodurch es zu einem Anstieg an Todesfällen kommen könne, so der Hinweis der Aktuare in einer aktuellen Pressemitteilung. Die Hitzewellen in den Jahren 2003 und 2010 hätten bereits Zigtausend Todesopfer in Europa gefordert.
DAV-Analysen zeigten diesbezüglich: „Durch eine Zunahme der Durchschnittstemperatur muss in Zukunft mit häufigeren und noch deutlich schwerwiegenderen Extremereignissen gerechnet werden. Zusätzlich wird es durch die insgesamt erhöhte Anzahl von Sonnentagen eine erhöhte UV-Einstrahlung und verlängerte Blühzeiten von Pflanzen geben. Das kann unter anderem öfter Hautkrebs sowie Allergien und Asthma hervorrufen.“
Auf der anderen Seite bedeute das aber auch, dass jegliche Anstrengungen gegen den Klimawandel die zukünftige Risikoentwicklung und die Gesundheit der Menschen auch positiv beeinflussen würden. „Zum Beispiel kann der Ausstieg aus der Kohleverbrennung und eine vermehrte Elektromobilität zu einer verbesserten Luftqualität führen und entsprechend Atemwegs- und Lungenerkrankungen reduzieren“, sagt Schneidemann. „Außerdem kann ein reduzierter Fleischkonsum etwa als persönlicher Beitrag zum Klimaschutz zu einer Verringerung von Krankheiten wie Darmkrebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.“
Auswirkungen aktuell noch moderat
Für den Moment erwartet die DAV für die Risikoversicherung noch, dass sich der Klimawandel aufgrund des jungen bis mittleren Alters der Versicherungsnehmenden in dieser Sparte nur moderat auf die Ergebnisse auswirken wird: Es müsse nicht mit grundsätzlich höheren Sterberaten und damit höheren Aufwendungen gerechnet werden, wohl aber mit einer „deutlich zunehmenden Volatilität der Ergebnisse“.
„Im Gegensatz dazu erhöhen sich die Kosten in der privaten Krankenversicherung in allen Altersbereichen“, ergänzt der DAV-Vorstandsvorsitzende. „Klimafolgen wie Hitzewellen oder Epidemien betreffen hier besonders ältere Menschen sowie akut oder chronisch Erkrankte. Dies wird langfristig wahrscheinlich über den Mechanismus der Beitragsanpassung zu einer Erhöhung der Prämien in der Krankenversicherung führen.“
Allgemein könnten die Auswirkungen auf die Pensionsversicherung „je nach versichertem Segment und Zielgruppe variieren“, so Schneidemann weiter. Außerdem könnten sich wohlhabende Versicherungsnehmende gegebenenfalls vor Hitzewellen besser schützen. Nichtsdestotrotz könnten Lebensversicherer und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung vom Klimawandel betroffen sein, wenn sich durch Extremereignisse die Lebenserwartung anders entwickelt als ursprünglich angenommen, so der DAV-Vorstandschef.
Höhere Schwankung und größere Unsicherheiten
Die Warnung der DAV lautet daher: „Je nach Zusammensetzung des Produkt-Portfolios und der Zielgruppen müssen Lebens- und Krankenversicherer mit einer deutlich höheren Schwankung und damit mit größeren Unsicherheiten in der Prognose und Projektion der Ergebnisse rechnen.“ Die Aktuare appellieren deshalb an die Versicherer, für diese zukünftigen Projektionen und Analysen zunächst Szenarien und deren Auswirkungen auf die Bilanz im Risikomanagement genauer zu verstehen. Aktuell sei es jedoch noch zu früh, sie als Basis für Reservierungen und Preisberechnungen von Produkten zu nutzen.
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