- Von Lorenz Klein
- 19.02.2018 um 10:55
Ende 2017 hatte die Diskussion um Bestandsübertragungen in der Lebensversicherung ihren Höhepunkt erreicht, als die großen Versicherer Ergo und Generali ankündigten, ihre Leben-Töchter verkaufen zu wollen. Ende Januar erhielt die Debatte neues Futter durch die Ankündigung der Axa, ihre Pensionskasse an die Frankfurter Leben Gruppe zu übertragen.
Frankfurter Leben übernimmt Pensionskasse der Axa
Was bei einer Bestandsübertragung passiert und wer davon profitiert
Debatte um Run-offs werde zu emotional geführt
Die Art und Weise wie Medien und Verbraucherschützer über die jüngsten Vorgänge berichteten, stößt allerdings auf großen Unmut bei Branchenteilnehmern. So beklagte kürzlich der Chef des Versicherungsverbands GDV, Wolfgang Weiler, dass die Debatte „extrem unsachlich“ und zu emotional geführt werde. Von einem Verkauf der Kunden könne keine Rede sein, kritisiert Weiler.
„Pauschalurteil hält einer näheren Prüfung nicht stand“
Nun hat sich auch die Finanzaufsicht Bafin umfassend zum Thema geäußert – und mahnt ebenfalls eine Versachlichung der Debatte an. Die in der Öffentlichkeit vorherrschende Meinung beantworte die Frage, ob ein Run-off gut oder schlecht für den Kunden sei, „mit einem klaren ‚schlecht‘“, heißt es in einem langen Beitrag, der in der aktuellen Ausgabe des Bafin-Journals erschienen ist. „Dieses Pauschalurteil hält einer näheren Prüfung aber nicht stand“, kritisieren die Bafin-Autoren Kay Schaumlöffel, Abteilungsleiter für Lebensversicherungen und Kapitalanlagen, und Hannah Wesker, Referentin für Aktuariate in der Lebensversicherung.
Autoren räumen mit Begrifswirrwarr auf
In ihrem Beitrag räumen die Experten der Bafin zunächst mit dem Begriffswirrwarr auf, in dem sich nicht nur die Tagespresse immer wieder verheddert, wenn sie über das Thema Run-off berichtet. So sei es wichtig, zwischen internem und externem Run-Off zu unterscheiden, betonen die Bafin-Experten.
„Bei einem internen Run-off behalten die Kunden ihren bisherigen Vertragspartner und bleiben in derselben Versicherungsgruppe“, stellen die Autoren klar. Ob sich dabei für die Kunden durch die offizielle Verkündung der Einstellung des Neugeschäfts materiell überhaupt etwas ändere, hänge „stark von den Umständen des Einzelfalls ab“.
Unter einem externen Run-Off ist hingegen zu verstehen, dass der Bestand an einen Investor verkauft wird. Dies kann laut der Autoren in zwei Formen geschehen: Entweder verkauft die bisherige Versicherungsgruppe das gesamte Unternehmen (Inhaberwechsel), oder der Bestand wird in Gänze auf einen anderen Versicherer übertragen (Bestandsübertragung oder Verschmelzung). „Nur im zweiten Fall erhält der Kunde einen anderen Vertragspartner“, erklären Schaumlöffel und Wesker.
„Für den Erfolg zukünftiger Transaktionen ist eine gute Reputation entscheidend“
Dabei sei es der externe Run-off, der derzeit die öffentliche Debatte dominiert – und hier kommt es aus Sicht der Autoren offenbar häufig zu falschen Rückschlüssen. „Die Befürchtungen beruhen vor allem darauf, dass Abwicklungsspezialisten nicht darauf angewiesen seien, bei potenziellen Kunden ein positives Image zu haben“, heißt es in dem Bericht. Deshalb bestehe in der Öffentlichkeit die Sorge, die Betreiber der Run-off-Plattformen würden die Überschussbeteiligung so weit wie gesetzlich möglich herunterfahren und den Kundenservice verschlechtern. Doch diese Annahme halten die Autoren für falsch: „Den Abwicklungsspezialisten kann ihr Image keineswegs gleichgültig sein.“ Der Grund: Nach ihrem Geschäftsmodell hätten die Bestandskäufer ein Interesse daran, die Bestände langfristig zu verwalten. Erhöhtes Storno sei nicht lukrativ. Darüber hinaus planten die Unternehmen meist, weitere Bestände aufzunehmen. „Für den Erfolg zukünftiger Transaktionen ist eine gute Reputation entscheidend“, folgern die Autoren.
Ähnliches gelte für die übertragenden Lebensversicherer. Demnach spiele auch bei den Verkäufern die Kundeninteressen eine entscheidende Rolle: „Keine Versicherungsgruppe, die einen Verkauf plant, wird sich der Illusion hingeben, dass ihre Reputation unberührt bliebe, wenn die Kundeninteressen erst nach dem Verkauf unter die Räder gerieten“, sind Schaumlöffel und Wesker überzeugt und begründen ihre These so: Alle Gruppen, die für einen externen Run-Off in Frage kämen, seien weiterhin in Deutschland tätig. Zudem sei zu bedenken, dass auch bei einem internen Run-Off die Anreize aus dem Neugeschäft fehlten. „Auch sollte man nicht vergessen“, so die Autoren, dass es immer auch Versicherer mit Neugeschäft gegeben habe, deren Überschussbeteiligung nicht höher gewesen sei, als es die Mindestzuführungsverordnung vorschreibe.
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