Fallstrick Unabhängigkeit? Verbraucherschützer mahnen aktuell Makler ab, die auf ihrer Website mit Unabhängigkeit werben. © Pressfoto/Freepik.com
  • Von Oliver Lepold
  • 17.02.2025 um 12:58
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Dürfen Versicherungsmakler mit ihrer Unabhängigkeit werben? Um diese Frage tobt seit anderthalb Jahren ein juristischer Streit mit den Verbraucherzentralen, der viele Makler verunsichert. Trotz eines neuen Urteils zugunsten eines Maklers ist die Frage noch nicht rechtssicher geklärt.

Björn Jöhnke von der Kanzlei Jöhnke & Reichow.
„Bis der BGH urteilt, wird es dauern“

Pfefferminzia befragte Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow, zu seinem kürzlichen Etappensieg vor Gericht für die unabhängige Maklerschaft.

Pfefferminzia: Inwieweit lässt sich das aktuelle Urteil des Landgerichts Bremen auf die gesamte Maklerbranche anwenden?

Björn Thorben M. Jöhnke: Der Aspekt der Unabhängigkeit ist schon allgemeingültig. Dieser Fall hatte aber noch zwei andere spezielle Aspekte. Der beklagte Versicherungsmakler hatte nicht nur mit Unabhängigkeit, sondern auch mit seiner Vermögensschadenhaftpflicht geworben, die eine höhere Deckungssumme aufweist als gesetzlich gefordert. Das ist eben keine Selbstverständlichkeit und damit laut Gericht auch erlaubt. Und der Makler hatte auf seiner Website mitgeteilt, dass die lokale Verbraucherzentrale auf ihrer Website schreibe, sie würde selbst Versicherungsmakler empfehlen. Das hat die Verbraucherzentrale abgestritten, aber wir konnten das durch einen Screenshot der Website belegen. In allen drei Aspekten wurden die Argumente des Verbraucherzentrale Bundesverbands, kurz VZBV, zurückgewiesen.

Das Urteil ist auf Landgerichtsebene gefallen. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass es bis hin zum Bundesgerichtshof weitergeht?

Jöhnke: Das Urteil ist am 4. Dezember 2024 auf Landgerichtsebene gefallen. Der VZBV hat am 30. Dezember erwartungsgemäß Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt. Allein deshalb, weil er anscheinend Urteile sammelt. In zwei anderen Verfahren hat der Verband gewonnen, und diese Urteile sind rechtskräftig geworden. Je nachdem, wie die Berufung ausgeht, könnte das ein Fall für den Bundesgerichtshof werden, der dann abschließend über diese Frage urteilen müsste. Das aber kann noch eine lange Zeit dauern.

Nach dem anders lautenden Urteil des Landgerichts Bremen haben Anwaltskollegen geraten, auf den Begriff der Unabhängigkeit in der Außendarstellung zu verzichten und stattdessen „ungebunden und frei“ zu verwenden. Wie stehen Sie dazu?

Jöhnke: Grundsätzlich sollten Makler sich dieser Problematik bewusst sein, also sich darüber informieren, dass es problematisch werden kann, wenn sie auf ihrer Website mit Unabhängigkeit werben. Ich empfehle, entweder das Thema Unabhängigkeit näher zu beschreiben. Also zum Beispiel: Ich als Makler bin unabhängig. Darunter verstehe ich, dass ich rechtlich im Lager des Kunden stehe und nicht von Versicherungen, sondern vom Kunden direkt beauftragt werde. Oder, und da stimme ich meinen Berufskollegen bei, man verwendet andere Begriffe wie „ungebunden“. Allerdings kann sich auch ein Mehrfachagent ungebunden nennen. Frei kann sich ein Makler natürlich auch nennen, weil der Begriff so offen ist. Das kann alles bedeuten. Eine Irreführung ist da auch nicht zwingend anzunehmen.

Warum ist der Begriff „unabhängig“ so wichtig?

Jöhnke: Viele Makler arbeiten sehr suchmaschinenoptimiert mit ihrer Website, und für sie ist das Keyword „Unabhängigkeit“ in der Außendarstellung sehr viel wert. Bei einigen sehe ich auch den Hintergrund, dass sie sich damit klar von Mehrfachagenten abgrenzen wollen.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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