- Von Oliver Lepold
- 16.03.2020 um 15:53
Wie sollten sich Vermittler zukunftsfähig positionieren?
Aufgrund der Verbreitung der Digitalmedien beanspruchen viele Kunden einen unkomplizierten, schnellen und professionellen Workflow der Verträge, der idealerweise voll digital abzulaufen hat. Kunden erwarten auch einfache Kontaktmöglichkeiten übers Internet und Social-Media-Kanäle. Diesem Kundenbedürfnis müssen sich die modernen Vermittlerbetriebe stellen und dies auch als Chance sehen, mithilfe von digitalen Assistenten – wie zum Beispiel elektronischer Termin- und Vertragsverwaltung – mehr Zeit für die persönliche Beratung zu haben. Dazu bietet der BVK seinen Mitgliedern über ein sogenanntes digitales Vermittlerbüro einige Optionen und Dienste, um die Vorteile der Digitalisierung für die Vermittlerpraxis zu nutzen.
Gleichzeitig halten wir es für wichtig, dass sich die Vermittlerbetriebe professionalisieren und ihre unternehmerische Positionierung weiterentwickeln. Auch dazu hat der BVK seinen Mitgliedern durch seine Unternehmerberatung und seinen BVK Quick-Check ein Programm zur Verfügung gestellt.
Wie beurteilt der BVK den Status quo in der Regulierung der Versicherungsbranche?
Wir meinen, dass die Branche durch die zahlreichen Regulierungen der vergangenen Jahre – Stichworte LVRG, IDD, DSGVO – schon überreguliert ist. Die politischen Entscheidungsträger sollten erst einmal die Wirkung der Regulierungen überprüfen, bevor weitere auf den Weg gebracht werden und sie sollten den Vermittlern Gelegenheit geben, die Regulierungen umzusetzen. Es sollte die Regel gelten: Für ein neues Gesetz müssen zwei alte entfernt werden.
Inwieweit hat sich die Beratung durch regulatorische Maßnahmen verändert? Ist die Qualität dadurch gestiegen?
Die Beratung hat sich verkompliziert und ist viel aufwendiger geworden, weil den Vermittlern jetzt mehr Haftungsfallen drohen. Bevor überhaupt die eigentliche Beratung beginnt und der Kundenbedarf erarbeitet werden kann, müssen die Vermittler erst einmal diverse Pflichten zur Erstinformation, zum Datenschutz oder zur Genehmigung telefonischer Kontaktaufnahme abklären. Dann hat der Kunde fast schon abgeschaltet und ist ermüdet, bevor man zum Kern seines Anliegens kommt. Dadurch steigt die Beratungsqualität nicht, denn schließlich lebt die Beratung vom lebendigen Dialog zwischen Kunde und Vermittler. Mit anderen Worten: Qualität steigt in erster Linie nicht durch Regulierung, sondern durch gezielte Qualifizierung.
Gibt es noch wesentliche unregulierte Bereiche, die Sie anpacken würden?
Nein, die Regulierung, die die Vermittlerbranche betrifft, ist erschöpfend. Vielmehr müsste eher eine Lockerung stattfinden.
Welches sind Ihre Hauptargumente gegen die geplante Kontrolle der Finanzanlagenvermittler durch die Bafin?
Mit der geplanten Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler auf die Bafin werden weitere bürokratische Hürden für den Berufsstand aufgebaut und Doppelstrukturen bei den Industrie- und Handelskammern (IHKn) und der Bafin geschaffen, zumal das Gros der Finanzanlagenvermittler auch als Versicherungsvermittler tätig ist und sie weiterhin über die örtlichen IHKn beaufsichtigt werden. Hinzu kommt, dass die Zuständigkeit für den Sachkundenachweis der Finanzanlagenvermittler ohnehin bei den Industrie- und Handelskammern verbleiben soll. Die bisherige IHK-Aufsicht hat sich bewährt.
Außerdem wird das Bafin-Aufsichtssystem mit vielen zusätzlichen Kosten und bürokratischem Aufwand verbunden sein. Zudem werden viel Zeit und Arbeit für die Übertragung und die Erfüllung der neuen Aufsichtsregeln der Bafin nötig, die für die Kundenberatung und -betreuung der Finanzanlagenvermittler wegfallen werden.
Die Industrie- und Handelskammern verfügen über langjährige Erfahrungen in gewerberechtlichen Verfahren und es ist nicht nachvollziehbar, warum die Bafin eine größere Kompetenz bei der Prüfung und Überwachung der Gewerbeordnung haben soll, als die jetzt zuständige Aufsicht. Eine zentrale Aufsicht durch eine Behörde wie die Bafin, die in ihrer Arbeitsweise und Überwachung auf eine in der Regel kleinere Zahl von eher großen Institutionen ausgerichtet ist, kann auch leichter als das aktuelle System der IHKn zu grundsätzlichen Qualitätsproblemen führen.
Mit welchen Mehrkosten für Vermittler rechnen Sie, falls die Aufsicht wechselt?
Wir rechnen mit vierstelligen Kosten pro Finanzanlagenvermittler. Auch das ist ein Argument gegen die Übertragung der Aufsicht. Der BVK hat im Übrigen eine klare Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium abgegeben, die sich gegen die Übertragung der Aufsicht auf die Bafin ausspricht.
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