Von der künstlichen Intelligenz zu Versicherungen beraten lassen? So weit sind wir noch nicht, aber für Vermittler kann sich der Einsatz im Beratungsalltag lohnen. © tongpatong / Freepik.com mit KI bearbeitet
  • Von Oliver Lepold
  • 02.09.2024 um 15:49
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 04:55 Min

KI-Anwendungen halten Einzug in den Versicherungsvertrieb. Wo Vermittler künstliche Intelligenz (KI) bereits nutzen, wo sie zögern, und welche Gefahren damit verbunden sein können, lesen Sie hier.

Bei der Netfonds Gruppe verweist man auf sechs Felder, in denen die Nutzung von KI großes Potenzial aufweist (siehe Grafik unten). „KI ist ein Thema, das alle Bereiche eines Unternehmens betrifft. Es geht nicht nur um die Implementierung neuer Technologien, sondern auch um die Anpassung von Geschäftsmodellen, Prozessen und der Unternehmenskultur. Unternehmen, die KI erfolgreich nutzen wollen, müssen alle Ebenen des Unternehmens miteinbeziehen“, sagt Dietgar Völzke, Technikchef der Netfonds Gruppe.

Dazu werden auch verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen benötigt. Die EU-Kommission hat im April 2021 einen EU-Rechtsrahmen für KI vorgeschlagen. Am 14. Juni 2023 haben die Abgeordneten die „Verhandlungsposition zum Gesetz über Künstliche Intelligenz“ angenommen. Der Ansatz: Je nach Risiko wird die Software entweder in die Kategorie Unannehmbares Risiko, Hoch­risiko-KI-Systeme, Generative KI oder KI als begrenztes Risiko eingestuft. Die mit höheren Risiken behafteten Anwendungen werden stärker reguliert.

Es gibt Bereiche, in denen der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Beratung nicht zielführend ist. „Wo Empathie und emotionale Intelligenz benötigt werden, bei komplexen, interdependenten Beratungssituationen und wenn kreative Lösungsfindungen gefragt sind“, so Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW.

Auch bei der Finanzplanung kommen Vermittler mit KI noch nicht weit: „Die Integration verschiedener Lebensbereiche wie Beruf, Familie, Altersvorsorge und mehr in eine kohärente Finanzstrategie erfordert ein Verständnis, das KI noch nicht vollständig abbilden kann“, so Rottenbacher – der dem Einsatz von KI für Vermittler ansonsten sehr positiv gegenübersteht. Der AfW sieht große Chancen dabei, die Effizienz im Vermittleralltag zu erhöhen, warnt aber auch vor Risiken der KI.

Fehleranfälligkeit und Kontrollverlust sind die beiden von Vermittelnden am häufigsten genannten Bedenken, wenn es um den Einsatz von KI geht (Grafik oben). Neben Rechtsfragen (Kann es zu Datenschutzverstößen kommen?) gehören auch die Verarbeitung falscher Daten durch die KI und deren ungeprüfte Übernahme in die Beratungsdienstleistung dazu. „Vor allem bei der ungeprüften Übernahme wird es Grenzen des Versicherungsschutzes in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung geben“, so Rottenbacher.

Auch bei Qualitäts- und Haftungsfragen kann es problematisch werden, insbesondere, da viele gesetzliche Bestimmungen nicht angewandt werden können. Und es gibt ethische Gefahren: „KI ist durch ihre Trainingsdaten ‚voreingenommen‘, weil sie daraus gelernt hat. Passen diese Einstellungen zu den ethischen Anforderungen des Vermittlers?“, fragt der AfW-Vorstand.

Makler sollten sich nie blind auf künstliche Intelligenz verlassen. Die Ergebnisse müssen stets geprüft und angepasst werden. „Eine Gefahr ist, dass Resultate zu allgemein gehalten sind, etwa im Schriftverkehr oder bei Chatbots. Wenn Kunden merken, dass sich eine KI um ihr Anliegen kümmert, kann das zu Unmut führen. Vor allem dann, wenn ihnen simuliert wird, dass es sich um eine ‚echte‘ persönliche Betreuung handelt“, warnt Karsten Allesch.

Auch Makler Ludwig Meierin arbeitet noch seine KI-generierten Dokumente nach. „Wer gesunden Menschenverstand anwendet, sollte hier auf der sicheren Seite sein. Ich möchte das Arbeiten mit KI in meinem Alltag nicht mehr missen“, so Meierin, der die Software auch privat nutzt. „Wenn meine Kinder mir Fragen stellen, auf die ich keine Antwort weiß, frage ich ChatGPT und erhalte immer valide Antworten.“

autorAutor
Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“

Skip to content