Christian Nuschele ist Vertriebschef von Standard Life Deutschland. © Rüdiger Glahs
  • Von Karen Schmidt
  • 13.07.2020 um 13:05
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Die Standard Life hat ihre Produkte zur privaten Altersvorsorge grundlegend überarbeitet. Wir sprachen mit Vertriebschef Christian Nuschele über die neue einheitliche Investment-Palette, günstigere Fonds-Anteilsklassen, eine gerechte Illustrationsmethode für die Ablaufleistung der Policen und die Pläne der Standard Life fürs zweite Halbjahr.

Pfefferminzia: Herr Nuschele, die Standard Life hat ihre Produkte Maxxellence Invest, Parkallee und Weitblick gerade grundlegend überarbeitet. Was war der Grund hierfür?

Christian Nuschele: Im Laufe der Jahre kam es durch verschiedene Produkteinführungen und Tarifüberarbeitungen zu einigen Konsistenzproblemen bei unseren Produkten. Dies ist bis zu einem gewissen Grad normal, wir wollten diese Inkonsistenzen aber beheben. Es fehlte zum Beispiel eine einheitliche Investment-Palette für alle Produkte. Wir brauchten außerdem ein System, mit dem wir schneller auf neue Anlagetrends reagieren können. Auch bei der Vergütung kamen unterschiedliche Ergebnisse dabei heraus, wenn man beispielsweise eine Parkallee gegen Honorartarif verkaufte oder eine Parkallee courtagefrei berechnete. Das ist nicht ideal für Kunden und Vermittler, weil nur schwer abzusehen ist, welche Variante für den Kunden im Endeffekt die beste Wahl ist.  Außerdem haben wir im Einzelfall gute Ideen aus dem Markt, sei es von Versicherer- oder Beraterseite, gesehen, die wir aufgegriffen haben. Ein einfaches Beispiel ist das Recht auf Dynamik. Widerspricht man der Dynamik dreimal, verliert man das Recht darauf. Aus Kundensicht ist das nicht wirklich nachvollziehbar und es schränkt die Flexibilität ein, das haben wir also geändert. Uns war auch immer das Thema Transparenz wichtig. Da hinkt der Versicherungsmarkt mitunter ziemlich hinterher. Wir wollten daher im Versicherungsvertrag alles offenlegen, was Kosten verursacht, und auf der anderen Seite die Investments so schlank wie möglich anbieten.

Und wie haben Sie das umgesetzt?

Wir haben die Investment-Palette komplett umgestellt und bieten nur noch institutionelle Anteilsklassen und provisionsfreie Anteilsklassen an, die sogenannten Clean Share Classes. Das macht einen großen Unterschied bei den Kosten. Nehmen Sie den Flossbach von Storch Multiple Opportunities als Beispiel. Die Retail-Klasse liegt bei den laufenden Kosten bei 1,65 Prozent, die Clean Share Class bei nur 0,90 Prozent. Der Kostenvorteil der Clean Shares gegenüber der Retail-Klasse ein- und desselben Fonds kann bis zu 0,85 Prozent betragen.  Für die Angebote von Aberdeen Standard Investments haben wir neue Preise verhandelt, sodass wir ein passives MyFolio-Portfolio jetzt im Schnitt zu 0,14 Prozent anbieten können und die aktiven MyFolios um die 0,34 Prozent liegen. Wir haben unsere Palette auch um Fonds des ETF-Anbieters Vanguard ergänzt. Auch diese Produkte sind extrem kostengünstig verfügbar. Insgesamt haben wir aktuell rund 80 Fonds in der Palette, das ist etwas weniger als vorher. Das liegt aber schlicht daran, dass es manche Fonds gar nicht als provisionsfreie Anteilsklasse gibt, oder wir sie noch nicht auf unsere Plattform gezogen haben. Das sind wir aber dran.

Sie wechseln bei der Illustration der Fondskosten in Ihren Fondspolicen von der Netto- zur Bruttomethode. Warum?

Das sorgt für mehr Transparenz und Fairness. Bei der Nettomethode wird die Ablaufleistung von Fondspolicen üblicherweise mit den Prozentsätzen 3, 6 oder 9 Prozent hochgerechnet. Allerdings gelten diese Werte nach Fondskosten. Das heißt, der Fonds muss zusätzlich zu diesen Performance-Werten noch die Management-Fee verdienen. Die liegt bei Aktienfonds bei rund 2 Prozent inklusive aller Vertriebsvergütungen. Statt 6 Prozent muss der Fonds also eine Rendite von 8 Prozent schaffen. In vielen Fällen bedeutet das, dass die illustrierte Ablaufleistung nicht erreicht wird und die Kunden enttäuscht sind. Dann machen es Versicherer oft so – und da nehme ich uns gar nicht aus, wir haben das in der alten Produktwelt zum Teil auch so gemacht – dass sie Kickbacks oder Kundenboni, die sie den Kunden am Anfang abgezogen haben, auf die Ablaufleistung wieder draufrechnen. Das macht die Illustration hoch attraktiv. Das ist zulässig und auch in Ordnung, wenn man es den Kunden deutlich macht, Kickbacks beziehungsweise Kundenbonus transparent offenlegt und ihnen garantiert, dass sie dieses Geld auch tatsächlich bekommen. In ganz vielen Versicherungsbedingungen ist das aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, dass der Kunde lang genug Beiträge bezahlt hat zum Beispiel. Das war uns zu intransparent, deshalb illustrieren wir jetzt nach der Bruttomethode. Wenn bei uns also eine Wertentwicklung von 3 Prozent in der Illustration steht, haben wir alle Kosten schon abgezogen.

Sie sprachen ja auch gerade Versicherungsoptionen wie das Recht auf Dynamik an. Was hat sich hier noch getan?

Wir bieten das Startmanagement jetzt neben Einmalbeiträgen auch für Zuzahlungen an. Weil wir gerade in Krisenzeiten wie jetzt feststellen, dass Menschen zurückhaltender dabei sind, größere Beträge auf einmal zu investieren und ein gewisses Maß an Sicherheit wünschen. Das Startmanagement läuft für bis zu drei Jahre – über diesen Zeitraum wir das Geld nach und nach investiert. Das Ablaufmanagement kann nun für einen Zeitraum von fünf statt drei Jahren vereinbart, und die Nachversicherungsoptionen bis zum Alter 50 statt nur bis 40 beziehungsweise 45 Jahre ausgeübt werden.

Wie läuft aktuell das Geschäft?

Unglaublich gut. Wir liegen derzeit um die 50 Prozent über dem Vorjahr und deutlich über Plan. Gerade in der Corona-Krise haben wir viel Zuspruch bekommen. Es gab viele Vermittler, die die Zeit genutzt haben, ihre Kunden intensiv aufzuklären, immer wieder für diese da zu sein und Beratung anzubieten. So haben viele Unternehmer oder Freiberufler während der Krise zwar mit Einnahmeproblemen zu kämpfen, sie wollten aber auch endlich ihre Angelegenheiten regeln. Und daraus ist viel, sehr qualifiziertes Neugeschäft entstanden – hochvolumige Verträge, die schon länger in Vorbereitung waren. Für das zweite Halbjahr sind wir angesichts dieser Basis ganz guter Dinge.

Was haben Sie sich für das zweite Halbjahr vorgenommen?

Wir haben es in der Corona-Krise geschafft, unsere bisher größte Online-Seminar-Reihe durchzuführen. Das ist eine Trainingsreihe zum Thema Erben und Schenken und Vermögensplanung gewesen. Das Interesse daran war sehr hoch. Da wollen wir nacharbeiten, das Thema in den nächsten Monaten weiter vertiefen und ein Geschäftsmodell für Vermittler daraus entwickeln. Da liegt noch viel Arbeit vor uns. Womit wir uns auch befassen werden, ist die Frage, welche Unterstützungsbedarfe denn ein Makler in Zukunft haben wird. Wie unterstützt man Vermittler digital, welche Rolle spielt ein Maklerbetreuer in Zukunft, nutzt er ein Online-Tool, oder fährt er doch noch überwiegend raus?

Und gibt es da schon erste Ideen?

Wir haben alle unsere Vertriebsbetreuer mit Webex-Meeting-Lizenzen ausgestattet. Das heißt, sie haben jetzt die Möglichkeit, sich in kleinen Gruppen mit den Vermittlern zu vernetzen. Außerdem nutzen wir das Tool Flexperto als Beratungssuite für Makler. Dort können wir eigene Standard-Life-Beratungsräume schaffen, welche die Maklerbetreuer, aber auch die Makler selbst für die Beratung und Unterstützung nutzen können. Außerdem haben wir natürlich im Produktbereich neue Ideen und wollen nun entscheiden, welche Entwicklungen von uns als nächstes angegangen werden. Da gibt es zwei heiße Kandidaten, aber die werden noch nicht verraten.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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