- Von Redaktion
- 20.07.2021 um 09:14
Die Corona-Krise hat vieles ins Digitale verlagert. Das gilt auch für die Versicherungswirtschaft. Kundenberater mögen sich dabei fühlen, als müssten sie fortan mit dem Informationsangebot des Internets konkurrieren. Schließlich wird das veränderte Kundenverhalten auch nach der Pandemie Bestand haben. Doch das Internet bietet nicht die persönliche Komponente eines Beraters. Die Kunst einer Omnikanalstrategie besteht darin, die Kanäle intelligent miteinander zu verbinden.
Digitale Kanäle immer stärker gefragt
Denn die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Im Versicherungssektor kommt es auf den persönlichen Kontakt an. So wurden 2019 rund 74 Prozent der Sachversicherungen in Deutschland offline verkauft. Wer aber einen Blick auf die Wachstumsraten wirft, wird merken, dass digitale Kanäle immer stärker gefragt sind: So hat sich in Deutschland zwischen 2008 und 2018 der Anteil online verkaufter Versicherungen auf 17 Prozent versechsfacht.
An sich ist diese Steigerung aber noch kein Anlass zur Freude über neues, organisches Wachstum. Denn Versicherer sind im Netz einem hohen Wettbewerb ausgesetzt. Tatsächlich kommt ein Großteil des Online-Neugeschäfts über Aggregatoren, etwa Vergleichsportale, rein. Solche Verträge werden in der Regel jedoch kürzer gehalten und die Kosten für die Kundenakquisition sind hoch.
Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung einsetzen
Wer wirklich von der Digitalisierung profitieren möchte, sollte jede Aufgabe der eigenen vertrieblichen Wertschöpfungskette optimieren. Dabei gilt es heute mehr denn je, den individuellen Anforderungen des jeweiligen Kundensegments gerecht zu werden. Jeder Touchpoint mit dem Kunden sollte digital unterstützt werden: Erstinformation, Beratung, Versicherungsabschluss und der After Sales Service wie etwa Schadensmeldung und -abwicklung.
Denn der heutige Kunde erwartet, auf allen Kanälen die gleiche Customer Experience zu erleben. Egal, ob er on- oder offline unterwegs ist. Die Onlinepräsenz eines Versicherers sollte sich also nicht einfach auf einen Online-Tarifrechner beschränken. Es gibt mittlerweile viele Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung, die Versicherer im Onlinevertrieb einsetzen können: Etwa, dass Menschen mehr Versicherungsschutz wünschen, wenn sie gefragt werden, gegen welche potenziellen Risiken aus einer vorgefertigten Liste sie sich nicht versichern lassen möchten – anstatt offen zu fragen, gegen welche der gelisteten Risiken sie versichert sein möchten.
Es geht nicht darum, den Berater zu ersetzen
Es gibt daher keinen Grund für einen firmeninternen Kampf um den Vertrieb: Es geht bei einer Omnikanalstrategie nicht darum, den Berater zu ersetzen. Sondern vielmehr darum, seine Qualitäten mithilfe digitaler Lösungen zu verbessern. Denn die persönliche Beratung ist weiterhin wichtig. Während der Berater früher maßgeblich dafür verantwortlich war, den Vertragsabschluss sicherzustellen, ist heute der Austausch zwischen Berater und Kunde wichtiger geworden.
Für die Versicherer ist das eine große Chance: Im persönlichen Gespräch lassen sich viele Daten sammeln. Eine günstige Gelegenheit, die aber kaum genutzt wird. Bei vielen Versicherern werden die Daten aus den Interaktionen mit Kunden und Interessenten nur spärlich aufbereitet und verwendet. Wenn Versicherer hier ansetzen und on- und offline Kanäle smart verzahnen, können sie zum Lebensbegleiter ihrer Kunden werden. Die persönliche Beratung wird dann durch digitale Angebote bereichert.
Über die Autoren:
Dirk Schmidt-Gallas ist Senior Partner und Leiter der Versicherungs-Practice bei der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners. Maximilian Effing ist Director und Insurance Specialist bei Simon-Kucher & Partners.
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