- Von Andreas Harms
- 21.06.2022 um 13:05
Die Deutsche Bundesbank hält es für eine gute Idee, das gesetzliche Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Aber nicht eins zu eins, sondern anteilig. Das geht aus ihrem aktuellen Monatsbericht hervor, der sich mit der gesetzlichen Rente und ihrem Demografieproblem befasst.
Hintergrund: Die Bundesregierung will die Höhe der Rente im Vergleich zum durchschnittlichen Lohn, also das Mindestrentenniveau, nicht unter 48 Prozent sinken lassen. Sie will aber auch den Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen lassen. Und das Renteneintrittsalter soll bis 2031 zwar auf 67 Jahre, dann aber erst einmal nicht mehr weiter steigen.
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Der Kniff hinter dem Bundesbank-Vorschlag: Wenn das Renteneintrittsalter automatisch mit der Lebenserwartung mitsteigt, erspart man sich einerseits wiederkehrende politische Diskussionen, und andererseits bleibt das Verhältnis zwischen Beitrags- und Rentenjahren ausgewogen. Laut Bericht bliebe das sogar erstaunlich überschaubar: „In dem simulierten Szenario steigt das Renteneintrittsalter zwischen Anfang der 2030er Jahr und 2070 von 67 auf gut 69 Jahre, dabei nimmt aber auch die Rentenphase um ein Jahr zu, weil die Lebenserwartung steigt.“
Die Maßnahme dämpfe den Druck auf Beitragssatz und Bundeshaushalt deutlich, heißt es weiter. Denn der Beitragssatz müsse bei einem nach unten auf 48 Prozent begrenzten Versorgungsniveau dann nur noch auf 27 Prozent steigen. Ohne gestiegenes Rentenalter wären es 29 Prozent. Kleiner Unterschied. Außerdem steige parallel dazu auch das Beschäftigungsniveau, was den Steuerhaushalt zusätzlich entlaste.
Auch die Bundesbanker weisen in ihrem Bericht auf das Problem mit den vielen Stellschrauben bei der gesetzlichen Rente hin. Nimmt man zwei davon aus, wie es die Regierung derzeit tut, muss man an den anderen umso stärker drehen. Und dabei könnte man sie auch überdrehen. Soll also das Versorgungsniveau auch nach 2025 nicht unter 48 Prozent fallen und das Rentenalter nach 2031 die 67 Jahre nicht übersteigen, wird es in anderer Hinsicht schwierig. Denn dann müssten Beitragssatz und Zuschüsse aus dem Steuersäckel umso stärker anziehen.
Genau das haben die Fachleute für das Jahr 2070 simuliert und kommen dabei auf den bereits erwähnten Beitrag von 29 Prozent und hohe Zuschüsse. „Für diese zusätzlichen Mittel besteht absehbar aber wohl kein Spielraum, ohne Ausgaben an anderer Stelle zu kürzen oder Steuern zu erhöhen“, schreiben die Spezialisten.
Wer sich für weitere Reformoptionen und deren Effekte interessiert, findet sie im Monatsberichtsaufsatz der Bundesbank und kann sie hier herunterladen.
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