Die Sonne geht hinter der Europäischen Zentralbank und der Frankfurter Skyline unter: Die Nullzinsen belasten die Lebensversicherer. © picture alliance / greatif | Florian Gaul
  • Von Karen Schmidt
  • 30.11.2020 um 15:24
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Das aktuelle Zinsumfeld stellt die Lebensversicherer hierzulande weiter vor große Probleme, verschafft ihnen paradoxerweise aber auch Handlungsspielraum. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Ertragskraft-Garantie-Checks (EKG-Check) der Rating-Agentur Assekurata.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ging es mit den Zinsen in nur eine Richtung: bergab. Und zwar auf historische Tiefststände, wie die Rating-Agentur Assekurata beobachtet. Selbst Bundesanleihen mit 30-jähriger Laufzeit notieren mittlerweile im negativen Bereich. „Die Corona-Hilfspakete von Staaten und Europäischer Zentralbank drücken die Zinsen nach unten und zementieren sie auf Rekordtiefstständen“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata.

Dies setze die Lebensversicherer unter Zugzwang, da sie auch unter diesen schwierigen Bedingungen die Garantieversprechen bedienen und Mittel für die Zinszusatzreserven (ZZR) stellen müssten. Aber gerade bei letzterem verschaffen die Null- beziehungsweise Negativzinsen etwas Luft. Denn: Durch die neuerliche Talfahrt der Zinsen steigen die Bewertungsreserven in den Handelsbilanzen.

Dies ist ein wesentliches Ergebnis aus dem Ertragskraft-Garantie-Check (EKG-Check), den Assekurata in diesem Jahr zum fünften Mal durchgeführt hat. Dabei hat die Rating-Agentur zahlreiche Kennzahlen zu Ertrag, Sicherheit und Beständen von 70 Lebensversicherern untersucht.

ZZR-Zuführung bis 2030 bei 170 Milliarden Euro?

Zu Jahresanfang hatte Assekurata prognostiziert, dass die Lebensversicherer der ZZR in diesem Jahr zwischen 9 und 11 Milliarden Euro werden zuführen müssen. „Angesichts des erneuten Zinsverfalls seit Ausbruch der Pandemie gehen wir nun vom oberen Ende dieser Spanne aus“, so Heermann. Um das zu bezahlen, müssen die Unternehmen aus ihren Kapitalanlagen einen Nettozins von gut einem Prozent erwirtschaften, zusätzlich zu den Erträgen zur Bedienung der eigentlichen Garantieverpflichtungen, haben die Analysten ausgerechnet.

Und: Geht man von anhaltenden Nullzinsen aus, steigt der Reservetopf bis 2030 auf ein Gesamtvolumen von knapp 170 Milliarden Euro. Das sind 15 Milliarden Euro mehr als bei den letzten Hochrechnungen zum Zinsniveau am Jahresanfang. „Mit dem Ende 2020 aufgebauten ZZR-Bestand von rund 85 Milliarden Euro hätten die Lebensversicherer also in diesem Szenario gerade einmal die Hälfte der Strecke geschafft“, rechnet Heermann vor. „Der Weg zur Ausfinanzierung ist damit weiter als gedacht.“

Entlastung aus Korridormethode wieder aufgehoben

Anhand dieser Entwicklungen wird deutlich, dass der positive Effekt aus der 2018 eingeführten Korridormethode, mit der die Aufbaugeschwindigkeit der ZZR gedrosselt werden sollte, vom negativen Zinstrend wieder zunichte gemacht wird. Aus Sicht der Kölner Analysten ist daher ein sorgfältiges Ertragsmanagement wichtiger denn je.

Wie gut das die Lebensversicherer können, soll der EKG-Check von Assekurata vermitteln. In der aktuellen Studie hat Assekurata feststellt, dass die EKG-Quote 2019 im Marktdurchschnitt mit 512,49 Prozent um fast 100 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist. Heißt: Das Ertragsvolumen der Branche reicht im Extremfall aus, um die Rechnungszinsanforderungen im Geschäftsjahr 2019 mehr als fünf Mal zu finanzieren. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist maßgeblich auf die gesunkenen Zinsen und den daraus resultierenden Anstieg der Bewertungsreserven in den HGB-Bilanzen zurückzuführen.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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