- Von Oliver Lepold
- 25.06.2024 um 11:12
Pfefferminzia: Sie lassen Ihre Klienten gerne probesterben. Wie läuft das ab und welche Reaktionen erhalten Sie?
Christoff Spahl: Wir verwenden den Begriff wohldosiert bereits seit 2008 in der Beratung, aber nicht in der Akquise. Unsere Kernzielgruppe sind Unternehmer, ehemalige Unternehmer und vermögende Privatpersonen. Sie gehen erstaunlich gelassen mit dem Probesterben um. Wir gewinnen unsere Mandanten in der Regel über Fachvorträge. Dort erklären wir die Folgen einer nicht durchdachten Nachlassplanung anhand vieler emotionaler Fälle. Am Ende sind die Teilnehmenden betroffen, weil sie sich in den Beispielen wiederfinden. Wir verwenden das Probesterben als Präzisierung im Vortrag. Trefflicher wäre eigentlich das Wort Erbfallsimulation. In jedem Fall ist am Ende des Vortrags der Schrecken genommen und der Begriff gesetzt.
„Rente und Auszahlplan zu kombinieren, ist im Alter sinnvoll“
„Vielen Kunden ist Kontrolle beim Schenken sehr wichtig“
„Das derzeitige Erbrecht passt nicht mehr zu vielen heutigen Lebensmodellen“
Wie lässt sich Probesterben im Zug eines Beratungserstgesprächs sinnvoll einbinden?
Spahl: Fragen Sie den Mandanten, ob er schon mal gehört hat, dass es bei etwa 70 Prozent aller Erbfälle zu Streit kommt? Und ob er weiß, woran das liegen mag. Dann sind Sie schon im Thema. Unserer Erfahrung nach haben die allermeisten Menschen überhaupt keinen Überblick über ihre Vermögens- und Vorsorgesituation, schon gar nicht aus dem Blickwinkel eines Erbfalles. In der Realität gibt es nämlich kein Probesterben. Es gibt kein zweites Mal, sie müssen gleich beim ersten Mal alles richtig machen. Und deshalb ist das Probesterben eigentlich der Architekt der Nachfolgeplanung. Zuerst brauchen Sie einen Plan und Überblick, bevor es dann in die konkrete Umsetzung und Gestaltung geht.
Wie gehen Sie denn mit besonders komplizierten Familienverhältnissen um – uneheliche Kinder, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Patchwork-Familien?
Spahl: Wir müssen immer ganz genau ins Detail schauen. Der Ablauf ist stets gleich: Es geht darum, den Status quo des Vermögens zu erfassen, über angedachte oder vorhandene Regelungen sprechen, diese dann zu simulieren und dann zu schauen, welche Ergebnisse dabei herauskommen. Häufig gehört auch dazu, die Versorgung des länger lebenden Ehepartners sicherzustellen. Das ist vielen Mandanten unbekannt, weil sie nicht wissen, wie hoch Pflichtteile und eventuelle Steuern ausfallen. Die Mandanten begreifen in der Beratung schnell, dass es ihnen an Wissen fehlt.
Wie unterscheidet sich Ihre Tätigkeit von der eines Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Notars?
Spahl: Alle drei sind befugt eine Rechtsberatung durchzuführen. Das ist uns Nachfolgeplanern nicht erlaubt. Ein Notar zum Beispiel schreibt Ihr Testament so auf, dass es juristisch korrekt ist, dass Vererben und Vermachen nicht verwechselt werden. Eine steuerliche Beratung hat damit aber nicht stattgefunden. Der Steuerberater wiederum schaut beispielsweise auf die Freibeträge bei der Vermögensübertragung. Er hat genau wie der Notar und der Jurist nur einen punktuellen Blick auf die Vermögensnachfolge, während ein Nachfolgeplaner diese Sichtweisen alle miteinander verbindet und auch auf die Zeitachse projiziert. Zum Beispiel, wie sich eine Schenkung auf spätere Pflichtteile und spätere Erbanrechnung auswirkt. Der Nachfolgeplaner spielt die angedachten Gestaltungen (Testament) des Mandanten durch und visualisiert diese über ein Programm. Dadurch erkennt der Mandant die Probleme und Herausforderungen seiner Vermögensnachfolgeplanung.
Seite 2: “Ein typisches Beispiel für einen Irrtum ist das Berliner Testament.”
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