Burkard Neidert ist Versicherungsmakler in Fulda. © Privat
  • Von Oliver Lepold
  • 17.05.2024 um 08:23
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:50 Min

Beim vorzeitigen Übergang von Vermögen auf die nächste oder übernächste Generation kann einiges schiefgehen. Der auf diesem Gebiet erfahrene Versicherungsmakler Burkard Neidert spricht über teure Irrtümer und wiederkehrende Aha-Erlebnisse von Kunden.

Pfefferminzia: Welche typischen Irrtümer beim Thema Erben und Schenken begegnen Ihnen immer wieder bei der Beratung?

Burkard Neidert: Kunden denken häufig, dass Schenken sehr kompliziert ist, dass sie zwingend zum Notar müssen und einen Schenkungsvertrag brauchen. Natürlich gibt es Situationen, wo das der Fall ist. Aber in vielen Fällen kann ohne notarielle Beurkundung auf einfache Art und Weise Vermögen rechtssicher verschenkt werden – nämlich über einen Versicherungsmantel mit zwei Versicherungsnehmern und unter Umständen auch mehreren versicherten Personen. Ein anderer Irrtum ist, dass Menschen glauben, der Aufwand lohnt sich nicht. Dabei haben sie zum Beispiel ein Einfamilienhaus und Erspartes. Wenn ich nachrechne, sind viele Kunden erstaunt, dass ihr Erbschaftsteuerfreibetrag unter Verheirateten von 500.000 Euro überschritten wird. Oder nehmen wir den Irrtum, dass alles noch Zeit hat. Dabei können die Freibeträge – wie 400.000 Euro für Kinder – alle zehn Jahre neu genutzt werden. Auch das ist vielen Kunden nicht bewusst. 

Sie arbeiten in diesem Themenfeld viel mit Fondpolicen. Was ist ein typischer Fall? 

Ein Vater kommt zu Geld, indem er eine Immobilie verkauft. Er möchte auf seinen 18-jährigen Sohn 400.000 Euro übertragen. Wenn er ihm in Form einer Schenkung ein Fondsdepot einrichtet, kann der Sohn über das Guthaben jederzeit verfügen. Der Vater – und das ist sehr häufig so – möchte aber ein Stück weit die Vermögenskontrolle behalten. Mit dem Versicherungsmantel ist das möglich. Dabei handelt es sich um eine kapitalbildende Versicherung mit zwei Versicherungsnehmern und bis zu zwei versicherten Personen. Der Vater ist Versicherungsnehmer mit 1 Prozent, der Sohn mit 99 Prozent – nämlich den 400.000 Euro. Immer dann, wenn über Geld verfügt werden soll, müssen beide unterschreiben. Vater und Sohn können zudem beide als versicherte Personen fungieren. Stirbt der Vater, fällt er als Versicherungsnehmer und als versicherte Person weg. Aber es lässt sich vereinbaren, dass dann die Mutter beziehungsweise Ehefrau die 1 Prozent des Vaters einnimmt. Und die Vermögenskontrolle besteht weiter.

Welche steuerlichen Vorteile hat diese Lösung? 

Nach einer Laufzeit ab zwölf Jahren und mindestens dem Alter von 62 Jahren beginnt das Halbeinkünfteverfahren zu gelten. Die Hälfte der Gewinne bleibt steuerfrei, das ist ein erheblicher Vorteil gegenüber der klassischen Depotlösung, weil dort die Kursgewinne steuerpflichtig sind. Wenn Sie Großeltern als Kunden haben, die ihren Enkeln Geld schenken möchten, dann können Sie etwa den Großvater als versicherte Person in den Vertrag mit hineinnehmen. Statistisch ist es sehr wahrscheinlich, dass er vor dem Enkel verstirbt. Dann ist eine solche Todesfallleistung aus dem Versicherungsmantel heraus einkommensteuerfrei.  

Worauf ist beim Thema Schenken besonders zu achten? 

Zum einen darauf, die Freibeträge korrekt einzuhalten. Das heißt, unter Eheleuten 500.000 Euro. Wenn Eltern an Kinder schenken, sind es 400.000, und von Großeltern an ihre Enkel 200.000 Euro. Wichtig ist auch, dass jeder Elternteil bis zu 400.000 Euro an Kinder schenkungssteuerfrei verschenken kann. Zum anderen müssen Makler sehr gut aufpassen, wenn es um Patchwork-Familien und Paare ohne Trauschein in eheähnlicher Gemeinschaft geht. Diese haben sehr großen Beratungsbedarf, denn hier liegt der Freibetrag nur bei 20.000 Euro. Makler sollten auch darauf achten, dass sie in der Beratung sehr exakt die rechtlich zulässigen Grenzen einhalten. 

Wie sichern Sie sich vor unerlaubter Rechtsberatung ab?  

Ich frage meine Kunden bereits in der Anbahnung danach, ob sie einen Steuerberater, Familienanwalt oder Notar des Vertrauens haben. Wenn das der Fall ist, beziehe ich diese Experten ab einem gewissen Zeitpunkt der Beratung mit ein. Ich vermittle sonst auch gern die entsprechenden Kontakte. Als Makler dürfen Sie keine Stellung zu konkreten rechtlichen Fragen nehmen, also zum Beispiel wie ein Testament ausgestaltet wird. Oder wie sich der Pflichtanteil für die Tochter reduzieren lässt. Da müssen Sie zwingend an den Juristen verweisen. Oder an den Steuerberater, wenn es etwa darum geht, ein Firmenvermögen zu bewerten.  

Ihr Fazit – was raten Sie Maklern generell zu diesem Thema?  

Gehen Sie frühzeitig auf Ihre Kunden in den 50ern zu. Nehmen Sie sich die Zeit für eine echte Versorgungsanalyse. Zeigen Sie den Kunden, mit welchen Beträgen sie aufgrund ihrer Altersversorgung in der Rente rechnen können. Und zwar nicht nur brutto, sondern auch nach Steuern und unter Berücksichtigung der Inflation. Daraus ergeben sich automatisch Überlegungen, die eigene Versorgung abzusichern und wie Kinder oder die Familie am besten mit einbezogen werden können. 

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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