- Von Karen Schmidt
- 01.06.2023 um 13:08
In ihrem vielbeachteten Vorschlag für die EU-Kleinanlegerstrategie („Retail Investment Strategy“) hat EU-Kommissarin Mairead McGuinness nicht nur Ideen für ein mögliches Provisionsverbot erdacht. Wie der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung mitteilt, sieht das Papier auch eine Weiterbildungspflicht für Personen vor, die im Namen einer Wertpapierfirma Anlageberatung durchführen oder über Finanzinstrumente informieren.
Nach einer eigenen, nicht offiziellen Übersetzung des AfW müssten diese Personen
- über die „erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen“ um ihre Beratungspflichten erfüllen zu können,
- mindestens über die in einem neuen Anhang V der Mifid genannten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen und diese aufrechterhalten,
- diese Kenntnisse und Fähigkeiten durch regelmäßige berufliche Weiterbildung und Schulungen, einschließlich spezieller Schulungen, wenn die Firma neue Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen anbietet, aufrechterhalten und aktualisieren,
- dafür jährlich mindestens 15 Stunden an beruflicher Fort- und Weiterbildung teilnehmen und
- diese Teilnahme durch eine Bescheinigung nachweisen.
Könnten auch Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) unter diese Weiterbildungsanforderungen fallen? „Formal nicht, denn unter die oben genannten Bestimmungen fallen nur Personen, die im Namen einer Wertpapierfirma beraten oder informieren: also im Namen einer Bank oder eines Haftungsdaches tätig werden“, heißt es in der Pressemitteilung des AfW.
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Der Verband schiebt allerdings ein „Aber“ hinterher: „Es ist festzuhalten, dass der Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f GewO in Brüssel kaum bekannt ist. So wurde er bereits bei der Transparenzverordnung (TVO) schlicht vergessen beziehungsweise übersehen.“ Die EU-Kommission spreche in ihren FAQ lediglich von „Financial Advisors“, also Finanzberatern, und unterscheide nicht zwischen verschiedenen Vertriebsformen.
So stehe in den FAQ zur Kleinanlegerstrategie sinngemäß übersetzt:
„Finanzberater spielen eine entscheidende Rolle als Torwächter zum Finanzsystem und sind daher von besonderer Bedeutung für Kleinanleger …“ und: „Die Untersuchungen der Kommission hatten ergeben, dass das Niveau der Qualifikationen, Kenntnisse und Fähigkeiten von Finanzberatern in den einzelnen Mitgliedstaaten und in den geltenden Rechtsrahmen unterschiedlich ist. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen den Kleinanlegern die Gewissheit geben, dass der Kenntnisstand und die Kompetenz der Finanzberater den erforderlichen Standards entsprechen, unabhängig davon, wo sie in der EU ansässig sind, auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit, um das Vertrauen der Kleinanleger in die Beratung zu stärken und für die Marktteilnehmer, die Beratung anbieten, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.“
Die Bundesregierung müsse daher entscheiden, ob auch die Finanzanlagenvermittler unter die Weiterbildungsverpflichtung fallen, glaubt AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Dafür müsse die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) angepasst werden. „Zuständig dafür ist das Bundeswirtschaftsministerium, das von einem grünen Minister geleitet wird. Sein für dieses Thema zuständiger Staatssekretär Sven Giegold dürfte eher zu einer strengen Auslegung des Brüsseler Textes tendieren. Eine Weiterbildungspflicht für Finanzanlagenvermittler erscheint daher wahrscheinlich“, so Rottenbacher weiter.
Weiter sei anzumerken, dass die EU-Kommission ihre ursprünglich vorgeschlagene Anforderung von 35 Stunden Weiterbildung auf 15 Stunden reduziert habe. Diese Anpassung sei konsistent mit den derzeitigen Anforderungen der Insurance Distribution Directive (IDD) und deute auf eine Annäherung der Anforderungen aus Mifid und IDD hin. Die Kommission schreibe dazu in ihren FAQ: „Darüber hinaus wird im Einklang mit den derzeitigen Anforderungen der IDD eine begrenzte Anforderung an die laufende berufliche Weiterbildung eingeführt.“
Der Entwurf muss laut AfW noch von der EU-Kommission verabschiedet und vom EU-Parlament und EU-Rat beschlossen werden. Damit sei mit einem Inkrafttreten frühestens in zwei Jahren zu rechnen.
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