Philipp Kanschik, Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge © Policen Direkt
  • Von Redaktion
  • 01.10.2020 um 18:03
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75 Prozent der Versicherungsmakler haben noch keinen Plan für Ihren Ruhestand. Wer wichtige Entscheidungen aufschiebt, landet im Bestands-„Run-off“ inklusive rechtlicher und regulatorischer Risiken. Ein Faktencheck hilft, den Wert des eigenen Lebenswerks richtig einzuschätzen und die Weichen rechtzeitig zu stellen. Das meint Philipp Kanschik, Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt, in seinem Gastbeitrag.

  • Woran erkenne ich einen solventen Käufer?

Es spielt keine Rolle, ob ein Versicherungsmakler den Verkauf per Share oder Asset Deal anstrebt: der Käufer sollte seriös, vertrauenswürdig und solvent sein. Wer sein Unternehmen komplett verkauft, will wissen, ob das Unternehmen auch weiterexistiert und ob die Mitarbeiter auch in Zukunft weiter sicher beschäftigt sind. Zentral ist bei regionaler Kundschaft auch die Frage, ob die Betreuung durch den neuen Besitzer auch weiter gewährleistet ist – man begegnet sich schließlich auf der Straße, im Verein oder in der Kneipe.

Das gilt ebenfalls für den Asset Deal. Bestandsverkäufer sollten einen Käufer auswählen, der bereits Erfahrung mit dem Thema hat und die Bestandsübertragung auch operativ umsetzt. Manch ein Versicherungsmakler fühlt sich allein gelassen, wenn er eine Anleitung ausgehändigt bekommt, mit der er selbst die Bestandsübertragung bei seinen Versicherern vornehmen muss. Verkäufer sollten auch prüfen, ob für die Übertragung Gebühren verlangt werden. Wichtig ist eine umfassende Erfahrung des Käufers auch in Fragen des Datenschutzes. Die DSGVO spielt auch hier eine wichtige Rolle. Ein zuverlässiger Käufer ist daran zu erkennen, wie lange er bereits am Markt ist. Idealerweise ist er auch selbst Versicherungsmakler und betreut künftig die Kunden selbst. Das senkt die Wahrscheinlichkeit von Umdeckungen. Vorsicht bei Rentenanbietern, die Garantien anbieten. Vermutlich sind diese im Kleingedruckten des Kaufvertrages irgendwo aufgeweicht oder die Rente fällt von Beginn an deutlich geringer aus. Wie bei allen finanziellen Entscheidungen gilt auch hier: Garantien kosten Rendite. Das kann man leicht beim Vergleich des Asset-Deals gegen fixen Kaufpreis mit dem Rentenmodell erkennen.

Ein direkter Besuch vor Ort beim potenziellen Nachfolger kann darüber hinaus Vertrauen schaffen.

  • Warum sollte ich nicht einfach den Bestand auslaufen lassen?

60 Prozent der über 55-Jährigen gaben bei der Umfrage zum Policen Direkt-Maklerbarometer 2020 an, über das gesetzliche Rentenalter hinaus weiterarbeiten zu wollen. Das bedeutet mit fortschreitendem Alter de facto, dass sie die Bestandscourtage mit einer fortlaufenden Rente gleichsetzen und Kunden gar nicht oder nur noch auf Anfrage betreuen. Finanziell wirft ein solcher Bestands-„Run-off“ zunächst auch mehr ab. Bei unserem Beispielmakler mit anfänglich noch 75.000 Euro wendet sich das Blatt aber ziemlich schnell. Nach 5 Jahren hat das Rentenmodell in einer exemplarischen Rechnung längst die Vorteile ausgespielt. Der Makler erhält vor Steuern jährlich dann rund 56.000 Euro. Mit dem Bestands-„Run-off“ hat er anschließend nur noch rund 31.000 Euro. Beim Rentenmodell bleiben durch laufende Betreuung wesentlich mehr Kunden und damit Bestandscourtage erhalten und die Betriebskosten sind durch eine Verwaltungspauschale des Käufers auf maximal 500 Euro im Monat gedeckelt.

Makler unterschätzen zudem, wie viel Arbeit sie trotzdem weiterhin mit der Verwaltung des Bestands haben. Dazu kommen rechtliche und finanzielle Risiken aufgrund von Deckungslücken. Kann man dem Versicherungsmakler nachweisen, dass er seinen Betreuungspflichten nicht nachgekommen ist, drohen in einem solchen Fall Haftungsrisiken – und bei einem Makler, der seinen Bestand einfach auslaufen lässt, dürfte dieser Nachweis nicht schwerfallen. Zu allem Übel müssen auch Kleinbetriebe die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) umsetzen, was nicht unerheblichen Aufwand bedeutet. Bei Nichtbeachtung drohen empfindliche Strafen.

Und wenn es gesundheitlich doch mal nicht mehr geht, ist niemand da, der sich um den Bestand kümmern oder ihn verkaufen könnte. Dass das ganz schnell gehen kann, wissen Makler aus ihrem eigenen Umfeld. Es wird aber gerne ignoriert.

Viele Versicherungsmakler – gerade auch solche, die bereits im Rentenalter sind – schieben auch angesichts der COVID-19-Krise die Entscheidung über ihren Ruhestand auf. Planungssicherheit ist gerade dann fundamental, wenn der Bestand die einzige Altersvorsorge ist. Sein Lebenswerk kann man schließlich nur einmal aufbauen. Wer im Notfall überstürzt handeln muss, gerät in jedem Fall ins Hintertreffen. Makler haben den richtigen Weg eingeschlagen, wenn sie im Vorfeld die wichtigen Fragen für sich beantworten. Denn nur auf einer fundierten Basis können gegebenenfalls noch Maßnahmen zur Wertsteigerung eingeleitet werden. Denn Versicherungsmakler mit gut gepflegten Beständen werden trotz aller Verschiebungen im Markt nach wie vor einen ordentlichen Preis für ihr Lebenswerk erzielen.

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Philipp Kanschik ist Mitglied der Geschäftsleitung bei Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

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