- Von Oliver Lepold
- 17.11.2023 um 14:19
Rund 80 bundesweite Vertriebspartner hatte Standard Life in die britische Botschaft eingeladen. Im Zentrum der Veranstaltung „Finanzberatung 2030“ standen die aktuellen regulatorischen Herausforderungen für die Finanz- und Versicherungsbranche.
Nach der Begrüßung von Botschaftsrat Nick Alexander und einleitenden Worten von Christian Nuschele, Vertriebsleiter der Standard Life, sowie Nigel Dunne, CEO von Standard Life International, setzten zwei Impulsvorträge den fachlichen Rahmen. Zunächst informierte Jessica Mosher, Policy Analyst and Actuary von der OECD, anhand von zehn grundlegenden Prinzipen über die Empfehlungen ihrer Organisation bezüglich der Altersvorsorge. Dazu zählen unter anderem wirksame finanzielle Anreize, angemessene Anlagestrategien, ein Langlebigkeits-Risikomanagement und finanzielle Bildung.
„Wir haben sehr gute Argumente, aber wir können uns nicht zurücklehnen“
Bonner Erklärung missbilligt Beschränkungen und Verbote von Provisionen
„Auch der Honorarberater macht das nicht umsonst“
Umverteilung durch Provisionsberatung nutzt Geringverdienern
Anschließend nahm Professor Jochen Ruß, Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa), mit einer Einschätzung zur EU-Kleinanlegerstrategie kein Blatt vor dem Mund. „Ein Provisionsverbot schadet Kleinanlegern“, so der Experte. Was zudem häufig vergessen werde, seien die Umverteilungsaspekte in der umsatzabhängigen Provisionsberatung. „Größere Verträge, die meist von wohlhabenderen Kunden abgeschlossen werden, subventionieren einen Teil der Beratung weniger wohlhabender Kunden.“
Die meisten Ideen der Fokusgruppe private Altersvorsorge beurteilte der Aktuar wohlwollend, allerdings sei es ein Fehler, eine Abkehr von der obligatorischen lebenslangen Rente zu erwägen. Es sei offensichtlich, dass die Frage, welche Alternativen es zur lebenslangen Rente geben solle, bisher nicht ansatzweise zu Ende gedacht seien. Dies betreffe sowohl die Frage der Dauer der Zahlung als auch des Verlaufs der Zahlungshöhe.
Regierungsvertreter entspannt
So eingestimmt, wurden in der anschließenden von Marc Surminski moderierten, mit Vertretern aus der Branche, Politik und Wissenschaft prominent besetzte Diskussionsrunde, aktuelle Positionen ausgetauscht. Als Vertreter der Ampel-Regierung beruhigte Stefan Schmidt, Bündnis 90/Die Grünen: „Ich bin vergleichsweise entspannt. Wir sind nicht an dem Punkt, wo es ums Eingemachte geht“, sagte das Mitglied im Finanzausschuss. Einen Konflikt mit jahrelanger Rechtsunsicherheit sehe er nicht. Zudem werde die Kleinanlegerverordnung mit „Tausend Änderungsanträgen“ nicht mehr vor der Europawahl abgeschlossen werden, die Umsetzung werde mehr Zeit benötigen.
Norman Wirth, AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, konnte ihm da nicht beipflichten: „Wir haben Handlungsbedarf.“ Die Verwendung des Begriffs unabhängig im aktuellen Verordnungsentwurf könnte in der Umsetzung zu einem faktischen Provisionsverbot für Makler beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten führen und sie gegenüber anderen Vertriebswegen benachteiligen. Gutachter seien hier bereits zu unterschiedlichen Einschätzungen gekommen. Wirth plädierte vehement dafür, den Text jetzt zu ändern und nicht erst auf eine wesentlich spätere Klarstellung durch den EuGH nach jahrelanger Rechtsunsicherheit zu warten.
Abschreckende und praxisferne Regelungen
„Die Kleinanlegerstrategie ist komplett überflüssig“, konstatierte Carsten Brodesser. Das CDU-Mitglied im Finanzausschuss hinterfragte unter anderem „gut gemeinte Beratungs- und Dokumentationspflichten“, die nicht nur Berater und Produktgeber abschreckten, sondern auch beim Kunden „zum Informations-Overload“ führten. Er nannte ein aktuelles Praxisbeispiel, wo ein Kunde nach der Beratung 750 Gramm Papier übergeben bekam.
Seite 2: „Das ist ein großer Wurf, wir erkennen darin nichts Negatives.“
0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren