- Von Oliver Lepold
- 02.02.2021 um 17:50
Pfefferminzia: Sie haben 2017 errechnet, dass eine Kapitalgarantie einen durchschnittlichen Sparer in Altersvorsorgeprodukten über 200.000 Euro kosten kann. Wie hat sich die Situation seitdem verändert?
Olaf Stotz: Seitdem sind die Zinsen noch weiter gefallen, in fast allen Laufzeitenbereichen bestehen negative Zinsen. Das ist der Hauptgrund dafür, dass eine Garantiedarstellung in Vorsorgeprodukten noch deutlich teurer wurde. Natürlich spielen hier viele Variablen wie der Anwendungsfall und das Alter des Anlegers eine Rolle, aber man kann davon ausgehen, dass die Garantiekosten nochmals um rund 50 Prozent gestiegen sind. Das bedeutet etwa für die Anbieter von Riester-Renten, dass die geforderte Beitragsgarantie heute kaum noch darstellbar ist.
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Ist die Forderung nach einem kompletten Verzicht von Garantien in der Altersvorsorge realistisch?
Es besteht ein breites Spektrum mit verschiedenen Anlegern. Man sollte daher nicht nach der Abschaffung der Garantien fragen, sondern danach, welches Spektrum angeboten werden muss, um dem Risiko- und Renditekalkül der Menschen gerecht zu werden. Die Rahmenbedingungen für die gesetzliche Rente, die Riester-Rente und lange Zeit auch für die betriebliche Altersversorgung, sehen eher risikoarme Investments vor. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber die Anleger unabhängig von ihrer Risikopräferenz in eher risikoarme Produkte zwingt, wenn sie staatliche Förderung in Anspruch nehmen möchten. Da wäre eine Öffnung des Rahmens sehr wünschenswert.
Würden die Anleger diese Möglichkeiten auch nutzen?
Ich glaube, viele Anleger benötigen eine wesentlich bessere Aufklärung, Finanzbildung und Information. Viele Studien besagen, dass das Risiko verzerrt wahrgenommen wird. Das heißt, es werden Risiken deutlich überschätzt und Chancen unterschätzt. Auf lange Sicht sind Aktien eine risikoarme Anlage. Diejenigen Anlageklassen, die kurzfristig als risikoarm gelten, stellen hingegen eine risikoreichere Anlage dar. Natürlich funktioniert Aufklärung nicht kurzfristig. Wenn Sie einem Anleger eine Studie zum Thema zuschicken, wird er durch die Lektüre nicht von seiner verzerrten Wahrnehmung geheilt. Das ist ein langwieriger Prozess.
Haben Sie für das Risiko ein Zahlenbeispiel?
Wir haben ein Tool namens Pensions Pilot entwickelt und damit errechnet, welches Vermögen ein Anleger erreicht hätte, wenn er in einem beliebigen Zeitraum der letzten 150 Jahre 30 Jahre lang jeden Monat 100 Euro in verschiedene Anlageklassen investiert hätte. Die Rentabilität eines 30‐jährigen Aktiensparplans lag dabei im Schnitt mit real 6,47 Prozent rund dreieinhalb Mal so hoch wie die eines Anleihesparplans. Mit letzterem hätte zudem das Risiko, einen realen Wertverlust zu erzielen, mehr als 30 Prozent betragen. Bei Aktien lag dieses Risiko bei 0 Prozent.
Wie beurteilen Sie den Vorschlag, bei Riester die Mindestauszahlung am Ende der Vertragslaufzeit nur für die Eigenbeträge zu garantieren, nicht aber für die staatlichen Zulagen.
Hier geraten Sie schnell in die Komplexität der verschiedenen Anlegerprofile hinein. Nehmen sie einen Anleger, der viele Kinder hat und daher eine hohe staatliche Zulage erhält und wenig Eigenbeitrag leistet. Der könnte dann ein ganz anderes Niveau darstellen als jemand, der keine Kinder hat und letztendlich nur für sich spart. Auch hier würden wieder exogene Grenzen oder Rahmenbedingungen herangezogen. Die Anzahl der Kinder hat aber mit der Frage zum Garantieniveau nichts zu tun. Das halte ich nicht für sinnvoll.
Inwieweit wäre eine risikobasierte Anlagestrategie mit einer altersabhängigen Aktienquote eine Alternative zu einer reformierten Beitragsgarantie?
Eine altersabhängige Aktienquote wird schon lange diskutiert, aber auch hier gibt es gravierende Nachteile. Es sollte doch die Entscheidung des einzelnen bleiben, wie er anlegen möchte. Sie würden einem Autofahrer doch auch nicht eine altersabhängige PS-Zahl oder eine altersabhängige Höchstgeschwindigkeit vorschreiben. Die Grundtendenz sollte stets auf den Menschen und ihren Präferenzen basieren. Auch wenn es verlockend ist, eine einfache Daumenregel umzusetzen, eignet sich dies nicht für eine Anlage in den Kapitalmarkt.
Wie beurteilen Sie die von Europäischen Parlament jüngst lancierte Lösung des „Pan European Personal Pension Product“ (PEPP)?
Auf dem Papier ist das eine tolle Idee eines flexiblen Altersvorsorgeprodukts. Das PEPP ist transferierbar, sodass diese Altersvorsorge-Säule privat länderunabhängig und europaübergreifend gestaltet werden kann. Die Förderung sollte dann aber auch europaweit identisch sein. Ob das Potenzial dann national wirklich gehoben werden kann, ist unklar. Das hängt auch von den Anbietern ab, und inwieweit die staatliche Unterstützung und die Besteuerung ausfallen werden. Da sind noch viele Detailfragen zu klären.
1 Kommentare
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kommentierenW.Strassnig@T-online.de
Vor 4 JahrenDie gesetzliche Rentenversicherung MUSS bald geändert werden-Maschinenrente-Gewinnrente etc. Das aktuelle System ist mit Viren belastet, für die es niemals eine Impflösung geben wird. Nur mehr warten auf den Endzeitpunkt.
Allernativlösung für Versicherungen, Banken, aber auch für viele Staaten rund um den Erdball.
Ein Vorstand, am besten, um den Zeit Vorteil der Alleinstellung mit unserer Jahrhundertidee optimal ausnützen zu können, mit großem Vertrieb und international tätig, wird damit wahnwitzige Gewinne erzielen. Bestandsausbau,-das Unternehmen für viele Jahre an die Spitze führen, oder halten und zur Freude der Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre erheblich beitragen.
Weshalb Fonds-auch Mischfonds nicht so interessant sind erfährt man dann ebenso, wie Renditen um 9%, -mit Förderung sogar höher, erzielbar sind und damit erstmals für 90% der Bürger Vorsorge leistbar ist, ebenfalls.
Es ist sicher nicht die beste Idee, abzuwarten bis die Konkurrenz, ihre Bestände-auch in völlig wehrlosen Gruppenverträgen, erobert.
Richtig gefährlich wird es, wenn das Plattformgiganten mit ihrer Datenpower machen.
Man kann immer denken, es sowieso schon, oder bald, in der Pipeline zu haben. HABEN SIE NICHT UND WERDEN SIE NICHT. Bei Kosten um 0,2% für Geschäft, das man nie schreiben würde, eher ein Grund sich sofort zu melden. Wenn Sie nicht innerhalb von 3
Monaten-mit Geheimhaltungsvereinbarung, diese Innovation umsetzen und wir dann diese an die Konkurrenz vermitteln, fallen keine Kosten an. Wohl wesentlich RISIKOÄRMER und günstiger als eine STARTUP Beteiligung mit ungewissem Ausgang.
Nur für die Marketingidee, die, aus der Sicht der Normalbürger hilft, dieses Produkt sogar mit Begeisterung zu erwerben, wird eine Vorabpauschale fällig.
Wenn es dann später alle NACHAHMEN, werden die Bürger, die Wirtschaft und der Sozialstaat, ohne Zukunftsangst profitieren.