Kamera an, und bitte! Finfluencer geben Followern auf Social Media Tipps in Sachen Geld. © Freepik
  • Von Oliver Lepold
  • 24.04.2025 um 15:03
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:35 Min

Finfluencer informieren auf Social Media zu allen möglichen Themen rund um die Kapitalanlage, unterliegen aber keiner berufsspezifischen Regulierung. Die Branche blickt skeptisch auf die unliebsame Konkurrenz und beklagt intransparente Geschäftsmodelle. Aus Brüssel soll nun eine Lösung für das Problem kommen.

Immer wieder gibt es Bericht von Kunden, die einem Finfluencer blind vertraut, die gesunde Skepsis beiseite geschoben – und das letztendlich teuer bezahlt haben. Die gekauften Immobilien etwa sind dann schlussendlich zu teuer oder in schlechtem Zustand gewesen. Oder das gehypte Kryptopapier hat die Altersvorsorge des Kunden in Luft aufgehen lassen.

Menschen können schnell viel Geld verlieren, wenn sie unüberlegt Finanzentscheidungen treffen. „Die Follower von Finfluencern vertrauen ihnen und legen oft jedwede Vorsicht und Skepsis ab“, sagt Tom Wonneberger von Progress Finanzplaner. Das wirft ein Licht auf die rechtliche Grauzone, in der Finfluencer agieren.

Finfluencer sind keine Anlageberater

Manche Stimmen aus der Vertriebsbranche fordern daher eine Gleichsetzung mit Beratern. Dazu hat sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) jüngst geäußert: „Solange Finfluencer sich nur an die breite Öffentlichkeit richten und sie Kundinnen und Kunden nicht individuell ansprechen und ihre Empfehlungen auf eine Prüfung persönlicher Umstände stützen, erbringen sie keine Anlageberatung und stehen somit auch nicht unter Erlaubnisvorbehalt“, betont Sylvia Schwenke, Leiterin des Referats „Aktives Marktmonitoring, Mystery Shopping und Verbraucheraufklärung“ im Verbraucherschutzbereich der Bafin. Immerhin gälten je nach konkreter Ausgestaltung der Tätigkeit unterschiedliche Vorschriften, etwa Transparenz- oder Offenlegungspflichten.

Die Rechtslage ist eindeutig, das sieht auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW so. „Dennoch können im Spannungsfeld zwischen Meinungsäußerung und Anlageberatung irreführende oder falsche Aussagen wettbewerbsrechtliche oder andere zivilrechtliche Folgen haben“, ergänzt Norman Wirth, Rechtsanwalt und Vorstand des AfW.

Er beklagt, dass die Mehrheit gegenüber den vermeintlich guten Tipps im Internet nicht das erforderliche Misstrauen aufbringt. „Es wimmelt von Ratgebern, die gelinde gesagt oberflächlich und einseitig informieren. Viele können weder ausreichende Qualifikationen noch eine Zulassung vorweisen“, so Wirth. Laut Bafin werden vor allem Tipps zu Aktien und Kryptowährungen gegeben.

Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken.

Laut einer Studie des Swiss Finance Institute gibt es weltweit 29.000 Finfluencer. 56 Prozent davon gelten als „anti-skilled“. Das heißt: Sie haben keine Ahnung, wovon sie sprechen. „Diese Einschätzung teile ich vollauf“, bekräftigt Stefan Schmitt. Der Geschäftsführer der unabhängigen Vermögensverwaltung Inno Invest beobachtet die Finfluencer-Szene seit Jahren.

„Kritisch sehe ich es, wenn Finfluencer an große Marketing-Agenturen angeschlossen sind und so mit maximaler Reichweite Online-Coachings für teuer Geld verkaufen, ohne den Kunden einen nennenswerten Vorteil bei der Anlageberatung oder -vermittlung zu bieten“, so Schmitt. Im Schnitt liege die monatliche Rendite bei minus 2,3 Prozent. „Interessanterweise haben Finfluencer mit wenig bis keinem Fachwissen die meisten Follower. Online-Marketing beherrschen sie also gut“, so der Experte.

Intransparente Interessenkonflikte

Die opaken Geschäftsmodelle (siehe Kasten unten) sind ein Problem, so können die Follower kaum beurteilen, welche Interessenkonflikte hinter einem Finanztipp stehen. „Es ist doch absurd, dass einige Finfluencer Hunderttausenden von Anlegern unreguliert Empfehlungen geben oder sogar Werbeverträge mit Fondsgesellschaften haben, aber Finanzanlagenvermittler mit einem örtlich begrenzten Kundenkreis eine qualifizierte Ausbildung, eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, eine Registrierung und vieles mehr nachweisen müssen“, ärgert sich Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Der Verband hat die Bafin-Einschätzung vehement kritisiert und fordert, dass Finfluencer unter dieselben Regularien fallen wie professio­nelle Finanzanlagenvermittler.

Auf der folgenden Seite lesen Sie, was die Europäische Union in Sachen Finfluencer vorhat.

Quelle: Progress Finanzplaner
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Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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