- Von Redaktion
- 05.12.2018 um 09:20
„Wenn ich an meine Krankenversicherung denke, denke ich an eine alte, verstaubte Welt.“ Frank Thelen, digitaler Vordenker, Unternehmer und einer der Investoren aus der Vox-TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ hat nicht gerade eine hohe Meinung von der privaten Krankenversicherung (PKV) hierzulande.
Die Branche müsse endlich mal „revolutioniert, digitalisiert und auch wieder ein Stück weit sexy gemacht werden“, fordert der Start-up-Experte. Deshalb freut er sich im Werbefilmchen des digitalen Krankenversicherers Ottonova auch so, dass sich jetzt „ein Gründerteam“ gefunden habe, das die Revolution ausruft und moderne Krankenversicherungsprodukte anbieten will. „Das liebe ich“, schwärmt Thelen.
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Ottonova hat seit Juni 2017 nur 31.000 Euro eingenommen
Warum sollte man seine Zeit heute noch in Wartezimmern verschwenden, wenn man auch eine Video-Verbindung zum Arzt aufbauen kann, gern auch um neun Uhr abends, und dann gibt es eine erste, schnelle Diagnose? „Das bietet jetzt Ottonova – und das ist ein Gamechanger“, verkündet der Investor. Revolution, Gamechanger – die Vokabeln, die digitale Start-ups oder ihre Verfechter nutzen, wenn sie in einen Markt eintreten, sind gern vollmundig. Schließlich hat man ja Großes vor und will auffallen. Aber warum auch nicht?
Genau 134 Jahre nach Gründung der ersten deutschen Krankenversicherung durch Otto von Bismarck brachten die Macher Roman Rittweger (Mediziner), Frank Birzle (Informatiker) und Sebastian Scheerer (Designer) am 21. Juni 2017 den ersten voll digitalen Krankenversicherer Ottonova an den Markt. Es war außerdem die erste Gründung eines privaten Krankenversicherers überhaupt in 17 Jahren. Da kann man ruhig mal von frischem Wind sprechen. Angeboten werden Krankenvollversicherungen für Angestellte und Selbstständige und für Beamte und Beihilfeberechtigte, eine Zahnzusatz- und eine Krankenhauszusatzversicherung und schließlich eine Versicherung für Ausländer, die in Deutschland arbeiten.
Technisch sind die jungen Anbieter im Vorteil
So weit, so normal. Beim Service hebt sich das Angebot aber dann doch von dem der etablierten Anbieter am Markt ab. „Als Beispiel möchte ich die in unsere App integrierte digitale Patientenchronik mit automatischen Einträgen aller Arztbesuche und unseren rund um die Uhr per Text-nachricht erreichbaren Concierge-Service nennen“, sagt Bernhard Brühl, Aktuar und Vorstand von Ottonova. „Bei der Entwicklung solcher Dienste haben wir als junges Technologieunternehmen einen großen Vorteil. Denn die Computersysteme etablierter Versicherer sind häufig schon älter, was das Integrieren moderner Anwendungen enorm erschwert.“
Tatsächlich ist das ein Vorteil, den sogar die Etablierten als den größten der Insurtechs sehen. Eine aktuelle Umfrage unter 60 Branchenexperten (63 Prozent davon aus Versicherungen, die restlichen 37 Prozent aus Dienstleistungsfirmen) hat ergeben, dass 94 Prozent der Versicherer die neuen Marktteilnehmer als relevant für den Kundenservice und für den Vertrieb einschätzen. Auch im Schadenmanagement (89 Prozent) und in der Produktentwicklung (78 Prozent) messen die Befragten den Start-ups eine hohe Bedeutung zu (siehe Grafiken rechts). Wohl auch ein Grund, warum 60 Prozent der Umfrageteilnehmer bereits heute mit den Startups zusammenarbeiten. An Ottonova ist zum Beispiel der Krankenversicherer Debeka mit 10 Prozent beteiligt.
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