Peter Süßengut ist Experte für alternative Vergütungsmodelle und Gründer von Peter Süßengut Consulting. © privat
  • Von Lorenz Klein
  • 14.04.2020 um 11:05
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 04:25 Min

Im Interview sagt Vergütungsexperte Peter Süßengut, wie Vermittler ihren Wunsch nach hohen, wiederkehrenden Einnahmequellen in die Tat umsetzen können, ob er einen Einbruch der Vermittlerzahlen befürchtet und wie sich die Vergütungssysteme in Zukunft entwickeln könnten.

Pfefferminzia: Landauf, landab ist nun zu hören, dass eine regelrechte Stornowelle auf Vermittler und Versicherer zurollen könnte und außerdem flächendeckende Provisionseinbrüche drohen. Wie realistisch sind derartige Szenarien?

Peter Süßengut: Es ist zu früh, um etwas über die konkreten Auswirkungen der Corona-Krise zu sagen. Derzeit gibt es keine belastbaren Szenarien, da viele Fragen unbeantwortet sind. Dies zählt beispielsweise für die Frage, wie lange Kurzarbeit und Schließung von Betrieben andauern.

Was ich jedoch sehe – und da möchte ich die Branche loben –, ist eine schnelle Reaktion vieler Vermittler: Das Angebot von Onlineberatung haben die meisten binnen weniger Tage erfolgreich umgesetzt. Viele haben auch das Thema Onlinemarketing von der To-Do-Liste gestrichen, indem sie damit einfach begonnen haben.

Für mich zeigt die oft geschlagene und über einen Kamm gescherte Branche ihren wahren Charakter: Offen, den Kunden zugewandt und um attraktiven Service bemüht. Damit tut sie alles, um größeren Schaden abzuwenden.   

Laut der aktuellen Vermittlerzahlen (Stand 1. April 2020) bestehen seit Jahresbeginn knapp 1.000 Vermittler-Registrierungen weniger. Die Krise hat sich darin naturgemäß noch nicht niederschlagen können. Wird sich nun der Abwärtstrend bei den künftigen Vermittlerzahlen noch beschleunigen?

Die Frage nach der Entwicklung der Vermittlerzahlen beschäftigt die Branche jedes Quartal. Der angesprochene Rückgang ist vor allem dem Beginn der Verrentung der Babyboomer geschuldet.

Aus meiner Sicht ist dies eher ein Grund mehr für junge Vertriebler, in unsere Branche zu wechseln und einem attraktiven, im Wachstum befindlichen Markt beizutreten. Deshalb rechne ich nicht damit, dass hier größere Rückgänge zu erwarten sind.

Tatsächlich zeigt sich jedoch auch in der Frage des Geschäftsmodells ein deutlicher Unterschied: Wer heute mit dem Vertrieb von Finanzdienstleistungen beginnt, der besitzt in der Regel einen genauen Plan. Wer schon lange dabei ist, der verliert sich oft im Alltag. Genau an diesem Punkt setzt mein Konzept an: Indem ich mit dem Vermittler gemeinsam Strukturen erarbeite, erhält er wieder mehr Zeit und Fokus für seine Arbeit. Der Kunde profitiert zudem, da sein Berater wieder besser erreichbar ist.

Sie haben zuletzt bei Pfefferminzia darüber berichtet, dass es für Vermittler möglich sei, sich durch Servicevereinbarungen ein krisensicheres Einkommen aufzubauen. Ist das denn angesichts der Schnelligkeit dieser Krise so auch weiterhin möglich?

Selbstverständlich! Als Antwort auf die Krise kann es meiner Meinung nach aus Vermittlersicht nur eine Reaktion geben: Einkommensströme diversifizieren. Servicevereinbarungen sind und bleiben, ein hervorragendes Instrument, um sich für die Zukunft ein starkes finanzielles Fundament aufzubauen.

Neben der Frage des höheren Einkommens ist es auch wichtig, das Konzept der Servicevereinbarung zu verstehen. Dazu zählt es, die bestehende Bindung der Kunden an ihren Berater zu vertiefen. Insbesondere die aktuelle Situation macht den Kunden bewusst, was sie von einigen Finanzdienstleistern erwarten dürfen – und was nicht. Anbieter von Servicevereinbarungen bieten Kunden durch proaktive Termine und Serviceleistungen einen erlebbaren, echten Nutzen an. Somit ist eine solche Vereinbarung nichts anderes als das dokumentierte Vertrauen der Kunden in das Leistungsangebot des Finanzdienstleisters ihrer Wahl.

Erklären Sie uns doch bitte Ihr Modell einmal genauer.

Servicevereinbarungen zählen zu den alternativen Vergütungsmodellen. Der Versicherungsmakler kann dieses als Ergänzung zur weiterhin an ihn ausbezahlten Bestandsprovision nutzen.

In der Praxis bietet der Makler mithilfe eines Servicekonzepts einen Katalog an Sonderleistungen an, die über die gesetzlichen Pflichten der Kundenbetreuung hinaus gehen. Der Kunde seinerseits profitiert von diesen Mehrwerten und einer lebensbegleitenden Unterstützung. In der Folge wird der Versicherungsmakler für diesen geleisteten Service wieder angemessen vergütet.

Somit findet nachträglich ein Ausgleich zwischen Kunden und Finanzdienstleistern statt: Das ist aufgrund der Regulierungen der vergangenen Jahre auch notwendig. Einerseits steigt der zeitliche Aufwand in der Kundenbetreuung um ein Vielfaches an, andererseits sinkt die Vergütung durch Provisionskürzungen und steigende Haftungszeiten massiv.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“

Skip to content