Pfefferminzia-Redakteur Andreas Harms: „Sollte wirklich ein Aktienindex alles zugleich vernünftig abdecken, dann darf er nicht nach Börsenwert gewichtet sein“ © Pfefferminzia
  • Von Andreas Harms
  • 08.04.2025 um 16:00
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In vielen Investmentdepots und Fondspolicen sollte er es richten. Der MSCI World ganz allein. Doch nun greift Entsetzen um sich, weil er plötzlich heftiger einbricht als zahlreiche andere Aktienindizes. Dabei muss man klar sagen: Es ist ein Fehler, auf einen einzigen ETF zu setzen. War es schon immer.

Es musste ja irgendwann so kommen. Und nein, damit meine ich jetzt erstmal nicht den Umstand, dass die weltweiten Aktienbörsen zusammenklappen. Wobei auch das nur eine Frage der Zeit war, denn Crashs gehören nun mal dazu (die Älteren erinnern sich). Ich meine vielmehr das neue kollektive Verwundern darüber, dass so ein Muster-Aktien-Index wie der MSCI World derart mies laufen kann. Wo er doch jahrelang … ach, was sage ich … jahrzehntelang immer vorneweg lief.

Seit Jahresbeginn liegt er sogar um fast 20 Prozentpunkte hinter dem irgendwie immer ein bisschen knuddelig wirkenden Dax aus Deutschland. Wie konnte das nur passieren?

Dieser Frage sehen sich nun vor allem Verbraucherschützer und weitere Vertreter der Ein-Fonds-Politik gegenüber. Allen voran der Stiftung-Warentest-Ableger „Finanztest“, der den MSCI World per ETF zum dauerhaften Mitglied seines Pantoffelportfolios erkor. So einfach und bequem wie ein Pantoffel eben. Lief ja auch immer gut, oder?

Doch so einfach ist es nicht. Zwar ist ein MSCI-World-ETF immer noch besser als gar keine Aktien zu besitzen. Gar keine Frage. Aber ebenso, wie es im Haushalt (noch) kein Gerät gibt, das staubsaugen, abwaschen und Auto volltanken kann und dabei die neue Sendung mit Joko und Klaas zeigt, so gibt es auch nicht den einen Aktienindex für alles. Tut mir wirklich Leid, aber so ist das nun mal.

Doch warum sollte man zugeben, dass man einen Fehler begangen hat? Eben. Weshalb sich jetzt allenthalben die Durchhalteparolen häufen. „Wird schon wieder“, heißt es dann. Und das stimmt wahrscheinlich auch. Aber das macht den Index nicht besser. Noch immer hängt er fast komplett von Wohl und Wehe der US-Aktien ab.

Sollte wirklich ein Aktienindex alles zugleich vernünftig abdecken, dann darf er nicht nach Marktkapitalisierung, sprich: Börsenwert, gewichtet sein. Dann muss er die wichtigen Aktienmärkte Nordamerika, Südamerika, Europa, Asien und vielleicht auch Afrika dauerhaft gleichmäßig enthalten. Und das tut derzeit kein Index, zumindest kenne ich keinen.

Stattdessen schraubt der MSCI World alles, was gut läuft, automatisch im Portfolio höher. Bis US-Aktien in der Spitze 72 Prozent ausmachten. Ausgewogen ist das nicht, aber ich wiederhole mich.

An der Börse gibt es das geflügelte Wort der Mean-Reversion: Was lange überdurchschnittlich läuft, fällt irgendwann auf den Durchschnitt zurück. Und alles mies Gelaufene holt auf. Auch mit den hochgejubelten US-Aktien musste das passieren. Nur wusste eben niemand, wann genau. Und dann kam Donald Trump und klärte die Frage.

Index ist nur scheinbar gut gestreut

Zudem ist der Index nur scheinbar gut gestreut. Zwar enthält er meist zwischen 1.500 und 1.700 Aktien (zurzeit nur 1.350), was seine Fans auch gern lobpreisen. Doch die Top 10 nehmen insgesamt schon fast ein Viertel des Index ein. Und ab Aktie Nummer 100 findet alles nur noch als Spurenelement statt.

Wir befinden uns nun auf nicht wirklich erschlossenem Terrain. Ich kann mich nicht an einen US-Präsidenten erinnern, der ohne Not und außer Rand und Band den Welthandel zerstören wollte. Die Zölle werden Unternehmensgewinne weltweit sinken lassen, und die Aktien gehen dem schon mal voraus. Und wenn die ersten Zahlen auf dem Tisch liegen, wird nachgerechnet. Umkehren lässt sich das vermutlich nur ohne Trump.

Doch das bezieht sich eben auf den Markt. Es sind diese zwei speziellen Konstruktionsfehler, die den MSCI World so nerven lassen:

  • Dass er gut laufende Aktien(-märkte) höher und höher gewichtet
  • Und dass er keine Schwellenländer enthält

Weshalb auch der Vorschlag der Verbraucherzentrale so charmant daherkommt. Denn am Ende (!) eines Beitrags zeigt sie, wie sich der MSCI World gut ergänzen lässt: Indem man Teile in einen reinen europäischen Aktienfonds tauscht (hier: 10 Prozent) und 25 Prozent in einen Schwellenländerfonds. Dann betrüge der US-Anteil „nur noch“ 45 Prozent. Weitere interessante Ideen für globale Aktienportfolios zeigt das Portal JustETF.com hier. Außerdem sollte man auch die zweite Reihe nicht vergessen: die Nebenwerte. Schließlich hat fast jeder MSCI-Index auch eine Small- und Midcap-Version, und auf die gibt es ETFs.

Solche Maßnahmen lassen sich übrigens auch jetzt noch ergreifen. Für kluge strategische Maßnahmen ist es nur selten zu spät.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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