- Von Lorenz Klein
- 21.07.2020 um 13:00
Die Corona-Pandemie habe die deutsche Wirtschaft im Griff – und damit auch die Versicherungsindustrie. Besonders hart bekämen das die Lebensversicherung und die private Krankenversicherung (PKV) zu spüren, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung EY Innovalue ergab.
Für 2020 rechnen die Studienautoren mit einem Einbruch des Neugeschäfts in der Lebensversicherung von 23 bis 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dem PKV-Neugeschäft drohen demnach Einbußen von 22 bis 29 Prozent. Vergleichsweise glimpflich kommt laut der EY-Prognose das Komposit-Privatkundengeschäft mit einem Minus von 2 bis 3 Prozent davon. Hier sehe man „den generellen Wachstumstrend nicht gebrochen, sondern zeitlich verschoben“.
Studie stimmt Abgesang auf Vermittler an
Digitalisierung des Versicherungsbetriebs nimmt Fahrt auf
„Die nach wie vor relevanten Kontakt- und Mobilitätsbeschränkungen haben einen deutlichen Einfluss auf den Vertrieb. Darüber hinaus sorgt die Verunsicherung der Privat- aber auch der Firmenkunden für Zurückhaltung beim Neugeschäft und Abrieb im Bestand“, begründet Julia Palte, Partnerin bei EY Innovalue, die düsteren Aussichten.
Beschleunigter Vermittlerschwund erwartet
Einen massiven Abrieb erwartet das Beratungshaus zudem bei den Vermittlerzahlen. So wird von einem Rückgang der registrierten Versicherungsmakler um 18 bis 23 Prozent bis zum Jahr 2025 ausgegangen. Zu Mitte dieses Jahres waren rund 46.000 Makler im Vermittlerregister der DIHK hinterlegt. Bei den rund 120.000 gebundenen Vermittlern rechnen die EY-Experten im gleichen Zeitraum sogar mit Rückgängen von 30 bis 34 Prozent.
Diese Prognosen überraschen in ihrer Deutlichkeit dann doch ziemlich. Denn bislang deutet nichts auf einen derart massiven Aderlass hin. Zwar gehen die Vermittlerzahlen kontinuierlich zurück, aber zumeist nur um unter 1 Prozent innerhalb eines Quartals.
„Neben dem Einfluss von Covid führen zunehmende regulatorische Anforderungen und vor allem die Überalterung zu rückläufigen Zahlen der aktiven Makler“, erklärt EY-Partnerin Palte ihre Schock-Prognose. Dabei seien vor allem „die Einzelkämpfer der Einzel- und kleineren Mittelstandsmakler unter Druck“. Und auch bei Pools und Vermittlerorganisationen setze sich der Konsolidierungstrend fort.
Und wie erklären die EY-Berater den schwarzen Ausblick bei den gebundenen Vertretern?
„Ausschließlichkeitsagenten sind zwar kurzfristig durch die Unterstützung der Versicherer gut gewappnet, gleichwohl bleibt der Trend zum Ausscheiden älterer Vermittler oder von Vermittlern mit hohem Leben-/Kranken-Fokus bestehen. Dies gilt insbesondere, wenn die Vermittler die digitalen Möglichkeiten der Kundeninteraktion nicht nutzen“, sagt Tobias Schulz, Director bei EY Innovalue.
Dessen ungeachtet erwartet man bei EY keine „wesentliche Veränderung des Vertriebswegemixes“. So bleibe „der langfristige Trend des direkten Abschlusses wenig beratungsintensiver Produkte sowie der Bedeutungsgewinn von Maklern weiterhin intakt“, wie es heißt.
„Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen“
Allerdings erhöhten die veränderten Marktbedingungen den Druck auf ineffiziente Geschäfts- und Prozessmodelle, erläutern die Autoren den scheinbaren Widerspruch hinsichtlich Vermittlerschwund bei zugleich fortbestehender Relevanz der persönlichen Beratung. „Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen, wer in der Lage ist, sich schnell umzustellen und aus Herausforderungen Chancen zu machen“, prognostiziert Palte. Zudem erwartet sie, dass „abschlussorientierte Vermittler mit Branchenfokus in Leben und Kranken“ eher aus dem Markt scheiden werden „als Vermittler mit Sachfokus und höheren laufenden Einnahmen“.
So leide in der Corona-Zeit vor allem das Einmalbeitragsgeschäft. Wobei die Rückgänge in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) noch stärker ausfallen könnten. „So ist gerade in der bAV aktuell das Neugeschäft teilweise komplett eingestellt, in der privaten Altersvorsorge drückt die anhaltende Unsicherheit auf die Abschlussbereitschaft. Hinzu kommen Beitragsfreistellungen und Storni“, zählen die Autoren auf.
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