Joris Kunzer ist Senior Manager und Studien-Co-Autor bei Bearingpoint. © Bearingpoint
  • Von Oliver Lepold
  • 04.12.2024 um 09:21
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Bearingpoint hat 14 teils sehr provokative Thesen zum Maklermarkt im Jahr 2030 veröffentlicht. Pfefferminzia befragte Senior Manager und Studien-Co-Autor Joris Kunzner zu seinen Schlussfolgerungen und was Maklerinnen und Maklern für ihre Position im Markt zu raten ist.

Pfefferminzia: Welche Rolle werden Makler im Jahr 2030 spielen? 

Joris Kunzner: Aus unserer Sicht wird der Makler einer der entscheidenden Vertriebswege sein. Das hat sich in unseren Experten-Interviews für die Studie herausgestellt. Natürlich sind Maklerverantwortliche dabei tendenziell eher positiv gestimmt. Aber auch Private-Equity-Unternehmen oder Insuretechs haben die Bedeutung des Maklers klar unterstrichen. Schließlich kommen die Online-Vertriebe gerade bei komplexeren Punkten nach wie vor an ihre Grenzen. Viele Kunden wünschen sich eine unabhängige Beratung und möchten dabei auf das persönliche Gespräch nicht immer verzichten. 

Das geht dann auf Kosten der Ausschließlichkeitsorganisation (AO)? 

Kunzner: Der demografische Wandel wird beide Vertriebswege treffen. Aber es wird keinen großen Shift von der AO in den Maklervertrieb geben. Der AO‘ler wird AO‘ler bleiben aufgrund der Vorzüge, die er dort genießt. Er geht dann eher in Rente als zum Makler zu werden. Aber diejenigen, die in der Branche nachrücken, neigen tendenziell eher der unabhängigen Beratung zu, werden also in die Maklerschaft gehen. 

Welche Ihrer Thesen fand die größte Zustimmung? 

Kunzner: Zwei Thesen fanden von allen Parteien sehr hohe Zustimmung. Das war erstens jene, die besagt, dass sich die Anzahl an rein digitalen Maklern mindestens verdoppeln wird. Aktuell gibt es noch wenige rein digitale Makler. Das heißt, hier ist noch viel Potenzial. Besonders die nachkommenden Makler werden verstärkt auf digitale Geschäftsmodelle setzen. Die Grundgesamtheit der digitalen Makler ist noch auf einem so niedrigen Niveau, dass eine Verdopplung von einem sehr niedrigen Ausgangswert ausgeht. Die Versicherer haben zudem betont, dass ihre Zusammenarbeit mit digitalen Maklern und Plattformen wie Thinksurance auf einer besseren prozessualen Ebene stattfindet und dort auch besser ausgebaut ist. Die zweite These mit sehr hoher Zustimmung war, dass die Hälfte der Bevölkerung keine persönliche Beratung mehr in Anspruch nehmen wird, falls ein Provisionsverbot kommt. Gerade mit Blick auf einkommensschwächere Schichten kann das gravierende Folgen haben, weil gerade diese dann nicht mehr bereit wären, für die Beratungsleistung gegebenenfalls zu zahlen. Da gibt es einige Beispiele aus dem Ausland, wo genau das passiert ist.

Welche Ihrer Thesen lehnten die meisten ab? 

Kunzner: Ganz klar, die These zu den Geldstrafen. Wir haben postuliert, dass 10 Prozent der Makler ihre Zulassung wegen regulatorischer Verstöße verlieren könnten und mit empfindlichen Geldstrafen belegt werden würden. Hier ist klar, solange die Verstöße nicht konsequent kontrolliert werden, ist der Hebel nicht stark genug, um die Verstöße nennenswert zu ahnden. Daher ist verständlich, dass Makler momentan mehrheitlich nicht an unsere These glauben und die Versicherer sogar noch skeptischer sind. Wir sagen aber: Das könnte sich ändern. 

Gibt es ein Ergebnis der Studie, das Sie besonders überrascht hat? 

Kunzner: Besonders überrascht war ich, dass sich die Meinungen der Makler und Versicherer bei den wesentlichen Themen schon sehr gleichen. Das bedeutet meiner Ansicht nach, dass die Branche zusammensteht und gemeinsam in die Zukunft blickt. Ein sehr positives Ergebnis der Studie. 
 
Wie beurteilen Makler und Versicherer die Chancen, den Beruf des Maklers attraktiver für den Nachwuchs zu machen?  

Kunzner: Unsere These hierzu war negativ formuliert: „Schafft man das irgendwie?“
Um den Beruf von den letzten Plätzen des Attraktivitäts-Ratings für Berufe nach vorne zu bringen, muss noch viel passieren. Eine punktuelle Imagekampagne der Branche reicht nicht aus. Makler sollten, wie die Versicherer, selbstbewusst sein und mit breiter Brust propagieren, welchen gesellschaftlichen Nutzen sie durch ihren Beruf stiften.
Hierzu geben uns auch die Jungmakler umfangreich Auskunft in unserem Spin-off der Maklerstudie, das im Januar 2025 erscheint. 

Was würden Sie Maklern heute raten, um sich in Zukunft rechtssicher aufzustellen?

Kunzner: Makler müssen ganz klar für sich herausstellen, wie sie mit welchen Versicherern zusammenarbeiten, die dann auch ihre Prozesse entsprechend bedienen. Das ist für Makler ein wesentlicher Punkt, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Das heißt, sie müssen die Partner passgenau auswählen und digitaler werden. Darüber hinaus die eigenen Prozesse im Griff haben, aber dann auch die auf sie abgestimmten Prozesse der Versicherer ganz klar einfordern.

Weitere Informationen zur Bearing-Point-Studie mit 14 Thesen zum Maklermarkt im Jahr 2030. 

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Oliver

Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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