Marco Gietz ist Syndikusrechtsanwalt in der Rechtsabteilung von Standard Life. © Standard Life
  • Von Redaktion
  • 03.05.2021 um 10:58
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lesedauer Lesedauer: ca. 04:20 Min

Welche Pflichten müssen Vermittler nach der neuen EU-Transparenzverordnung jetzt erfüllen, was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeitsrisiko – und was hat ein Tulpenfeld damit zu tun? Das berichtet Marco Gietz, Syndikusrechtsanwalt in der Rechtsabteilung von Standard Life, im Interview.

Denn der Begriff „Nachhaltigkeitsrisiken“ umfasst ökonomische Risiken für das Investment, die aus dem Bereich der Nachhaltigkeit kommen. Es geht also nicht darum, wie sich das Investment auf die Umwelt auswirkt, sondern wie sich Umwelt- oder sonstige Nachhaltigkeitskriterien auf das Investment auswirken. Ob also das Risiko besteht, dass das Investment aufgrund von Umweltereignissen oder gesellschaftlichen Wandlungen im Rahmen der Nachhaltigkeit an Wert verliert. Über dieses Risiko, wenn es in signifikantem Umfang vorliegt, ist genauso aufzuklären wie über andere spezielle Risiken des Investments.

Auf welche Nachhaltigkeitsrisiken müssen Vermittler zum Beispiel hinweisen?

Ein Extrembeispiel, das den Begriff „Nachhaltigkeitsrisiken“ aber anschaulich verdeutlicht: Sie investieren als Fonds oder als sonstiger Anbieter in ein Tulpenfeld in Holland. Das Tulpenfeld liegt 2 Meter unter dem Meeresspiegel und ist durch einen Deich vor der Nordsee geschützt. Wenn nun die Klimaerwärmung zu einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels führt, der gegebenenfalls über den Deich steigt, dann wird dieses Tulpenfeld in Holland überflutet und damit – so nehme ich als Nicht-Florist an – wertlos werden. Dies wäre ein typisches Nachhaltigkeitsrisiko aus dem Bereich der Umweltrisiken. Wenn solche Nachhaltigkeitsrisiken sichtbar sind, dann ist auf diese hinzuweisen, und diese sind genauso in die Beratung mit einzubeziehen wie alle anderen ökonomischen Risiken auch.

Und was muss nun beim Internetauftritt beachtet werden?

Für die Umsetzung der Transparenzverordnung ist die Webseite sehr zentral, da die Artikel 3 bis 5 die Veröffentlichungen auf der Website des Unternehmens erfordern. Dabei gibt es aber keine Vorgaben, an welcher Stelle des Internetauftritts die Informationen zu veröffentlichen sind. Die meisten Vermittler veröffentlichen die Informationen im Impressum oder haben sogar eine eigene Rubrik „Nachhaltigkeit“. Die Vorgaben bedeuten aber auch, dass die Artikel 3 bis 5 für Vermittler, die keinen Internetauftritt haben, nicht anwendbar sind. Es gibt weder eine Pflicht, eine Internetseite zu erstellen, noch, alternativ diese Informationen beispielsweise auf Papier vorzuhalten.

Wie ist aus Ihrer Sicht der Informationsstand bei den Versicherungsvermittlern?

Vor der Einführung der Verordnung haben wir eine recht große Unsicherheit auf Seiten der Vermittler festgestellt, was aber natürlich bei einer neuen Verordnung auch ein Stück weit normal ist. Hier haben wir in einigen Webinaren, unter anderem mit dem Bundesverband Finanzdienstleitung AfW, Aufklärungsarbeit geleistet und den Vermittlern gezeigt, dass die Anforderungen recht leicht umzusetzen sind. Es sind nur ein paar Angaben, die gemacht werden müssen. Die Verbände wie der AfW, Votum oder der BVK haben Musterformulierungen und Checklisten auf ihren Webseiten veröffentlicht, die sehr hilfreich sind. Insofern hat jeder Vermittler die Chance, sich die Musterformulierungen anzusehen und die für sich passenden herauszusuchen beziehungsweise auf sein Geschäftsmodell anzupassen. Das ist dann tatsächlich gar nicht mehr solch ein großer Aufwand. Standard Life bietet auf der Website für Vermittler die Aufzeichnungen der Webinare, Links zu den Checklisten und natürlich auch viele weitere Hintergrundinfos zum Thema Nachhaltigkeit.

Welche neuen nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten müssen Produktgeber wie Standard Life nun erfüllen? Wie haben Sie dies konkret umgesetzt?

Zunächst ist natürlich Standard Life als Produktgeber, als sogenannter Finanzmarktteilnehmer, verpflichtet, nach der Offenlegungsverordnung insbesondere im Interesse der Vermittler auch die vorvertraglichen Informationen bereitzustellen. Das tun wir bei Standard Life sowohl auf unserer Website im Fondsfinder – wo wir für jeden Fonds ein sogenanntes ESG-Factsheet bereitstellen, das die fondsspezifischen vorvertraglichen Informationen beinhaltet – als auch in unserer Angebotssoftware. Wenn Sie in der Angebotssoftware den Prozess durchlaufen, werden Sie automatisch zu jedem Fonds, den Sie dem Kunden empfehlen, dieses ESG-Factsheet finden. Sie können es herunterladen, gemeinsam mit dem Antrag und den übrigen vorvertraglichen Informationen ausdrucken oder in elektronischer Form abspeichern und dem Kunden übergeben. So können Sie Ihre Pflicht, soweit sie produktbezogene Informationen beinhaltet, sehr komfortabel erfüllen.

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