- Von Oliver Lepold
- 14.12.2017 um 14:50
Verändert sich das Risikobewusstsein bei den Kunden?
Das ist ein wichtiger Punkt. Wer heute 65 ist, hat im Durchschnitt noch eine Restlebenszeit von 23 Jahren. Das ist ein langer Zeitraum – zu lang, um nur risikolos anzulegen. Daher muss man schon mit 50 die Weichen stellen. Ich kenne genügend Rentner, die es sich nicht leisten können, auch nur einen Euro extra zu investieren. Da ist Sicherheit das oberste Gebot. Aber es gibt eben auch eine ganze Menge anderer Rentner. Die sollten nicht in zu sichere Geldanlagen getrieben werden unter einem falschen Lebenserwartungsszenario und einem falschen Anlagehorizont. Und diese Kunden wollen nicht alles verbrauchen, sondern auch nachhaltige Werte schaffen. Anlagen, die inflationsbereinigt schrumpfen wie das Sparbuch, sind aber nicht nachhaltig.
Wagen viele Makler es nicht, so an das Problem heranzugehen?
Zu viele Makler nehmen einfach von vornherein an: Der deutsche Kunde hat gern Garantien und möchte ungern etwas riskieren. Natürlich ist da etwas dran, aber unsere jüngste Umfrage unter 1.300 Kunden hat ergeben, dass Sicherheit erst an dritter Stelle der wichtigsten Kriterien für eine Geldanlage steht. An erster Stelle stand Rendite. Kunden müssen verstehen, was Risiko eigentlich bedeutet. Das ist auch ein Problem in unserem Job, in dem wir mit abstrakten Begriffen nur so um uns werfen. Können Sie erklären, was Volatilität wirklich für den Kunden bedeutet? Das ist unheimlich schwer greifbar zu machen. Das ist übrigens auch ein Thema in unserer Workshop-Reihe „Future Ready“.
Inwieweit wirkt die Regulierung auf die Ruhestandsplanung und die zugehörigen Beratungskonzepte ein?
IDD und Mifid II wirken definitiv darauf ein. Und zwar mit einer unglaublichen Transparenz. Bei Kapitalanlagen muss der Berater begreifbar machen, wofür die Gebühren aufzuwenden sind. Er muss sich darauf einstellen, die Transparenz zu leben und mit ihr umgehen zu können. Zudem ist es zu begrüßen, dass bei Produkten künftig klar sein muss, für wen sie sich denn wirklich eignen. Es ist auch gut, dass wir ein Stück weit in eine Standardisierung des Beratungsprozesses hineinkommen. Die Produktvielfalt wird meiner Ansicht nach unter der Regulierung nicht leiden.
Warum nicht?
Weil sie grundsätzlich auch außerhalb der durch Product Governance definierten Zielgruppe beraten dürfen, wenn Sie dies gut begründen können. Die Vielfalt in Bezug auf die Produktmäntel sehe ich also nicht eingeschränkt durch die neuen Anforderungen. Anders ist das bei der Vielfalt der Investmentlösungen. Die Zahl der Fonds wird definitiv zurückgehen. Für den Vermittler wird es wohl einfacher werden mit der Auswahl. Als Berater muss ich ohnehin hinterfragen, ob ich Portfolios noch selbst zusammenstelle oder ob ich nicht besser risikooptimierte Portfolio-Lösungen von Investmenthäusern oder Haftungsdächern für meine Kunden wähle. Und mich so auf meine ureigene Dienstleistung, nämlich die Beratung, konzentriere.
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