„Ich hör die Versicherungswirtschaft jetzt schon sagen, dass sie das alles viel besser können. Und da kann ich nur sagen: Zeigt doch mal. Der Bürger soll das für sich beste Produkt wählen. Welches ist mir egal.“ – CDU-Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann hat einen Vorschlag für ein neues Standardprodukt in der Altersvorsorge vorgelegt. © picture alliance/Marius Becker/dpa
  • Von Lorenz Klein
  • 04.11.2019 um 15:00
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:45 Min

Die private Altersvorsorge müsse deutlich effizienter, fairer und verbindlicher werden. Mit dieser Forderung hat sich der Sozialflügel der CDU – die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) – zu Wort gemeldet und acht Kriterien für ein neues Standardvorsorgeprodukt aufgestellt. Scharfe Kritik muss sich dabei die Versicherungswirtschaft anhören.

Bei Karl-Josef Laumann hat sich viel Ärger angestaut – und nun lässt der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) gehörig Dampf ab: „Die Versicherungswirtschaft hat uns vor der Einführung von Riester doch den Himmel auf Erden versprochen. Insbesondere die Einführung eines Standardprodukts. Passiert ist nix. Wirklich gar nix.“ Die Riester-Rente bleibe auch fast 20 Jahre nach ihrer Einführung „weit hinter allen Erwartungen zurück“.

Seinen Frust lässt Laumann auf der Website des CDA seinen Lauf: „Wir haben einen undurchsichtigen Dschungel an Produkten, die eine Menge Kosten für die Menschen und kaum Rendite bringen“, wird der Politiker dort zitiert. Zwar trage dazu auch die Niedriglohnphase bei, man habe aber schon den Eindruck, „der Versicherungswirtschaft waren Abschlussgebühren wichtiger als transparente und einfache Produkte“, so Laumann weiter. Und damit nicht genug: „Fakt ist, würde der Staat nicht Milliarden reinstecken, käme für den Bürger nichts mehr dabei rum. Da ist es kein Wunder, dass kaum Menschen noch private Altersvorsorge machen“, poltert der Sozialpolitiker.

Neues Standardvorsorgeprodukt umfasst acht Kriterien

Um dies zu ändern, will der Parteiflügel zum 32. Bundesparteitag der CDU am 22./23. November 2019 in Leipzig einen weitgehenden Vorschlag zur Reform der privaten Altersvorsorge einbringen. Das Ziel: Ein staatlich organisiertes einfaches Standardprodukt nach dem Vorbild des baden-württembergischen Vorsorgekontos oder der hessischen Deutschlandrente.

In dem Forderungspapier „Private Altersvorsorge stärken!“ werden acht konkrete Kriterien aufgelistet:

  1. Verpflichtend für alle Arbeitnehmer mit Opt-Out-Regelung: Der Arbeitnehmer kann wählen, in welchem anderen Produkt er vorsorgen möchte. Wählt er nicht, sorgt er im Standardprodukt vor.
  2. Selbstständige, Erwerbslose, Beamte und Minijobber mitdenken: Sie können das Standardvorsorgeprodukt zu den gleichen Konditionen abschließen.
  3. Keine Schwächung der gesetzlichen Rente: Die Beiträge werden vom Nettolohn des Arbeitnehmers abgezogen und vom Arbeitgeber direkt einbezahlt.
  4. Hohe Mobilität: Der Vertrag liegt beim Arbeitnehmer und wird beim Arbeitgeberwechsel automatisch mitgenommen.
  5. Geringe Kosten: Keine Abschlusskosten und ein gesetzlicher Deckel für die Verwaltungskosten in Höhe von maximal 0,2 Prozent pro Jahr.
  6. Vorteile des Kapitalmarktes nutzen: Aktienbasierte Anlage ohne Garantieleistung um ausufernde Sicherungskosten zu vermeiden.
  7. Solidarisch: Staatliche Zuschüsse für kleine Einkommen.
  8. Staatliche Kontrolle, private Kompetenz: Ausschreibung und Kontrolle der privaten Anlageverwaltung durch einen staatlichen Träger und die Finanzaufsicht Bafin.

Als ein „solides Produkt zur Vorsorge“, fasst Laumann die Vorschläge zusammen. „Das Ausland zeigt doch wie es geht: Niedrige Abschluss- und Verwaltungskosten machen die Sache erst attraktiv. Und wenn der Staat für Vertrauen sorgt, können auch die Richtlinien für die Garantien gelockert werden.“

Offenbar ahnt der CDA-Chef allerdings schon, dass er für sein Forderungspapier nicht alle wird begeistern können:

„Ich hör die Versicherungswirtschaft jetzt schon sagen, dass sie das alles viel besser können. Und da kann ich nur sagen: Zeigt doch mal. Der Bürger soll das für sich beste Produkt wählen. Welches ist mir egal. Wenn die Produkte der Versicherungswirtschaft durch das staatliche Standardvorsorgeprodukt besser werden, freu ich mich. Ein Bisschen Wettbewerb hat doch noch niemand geschadet. Und nach Wettbewerb ruft die Wirtschaft sonst doch auch immer.“

BVK hält Vorstoß für „bevormundend und unangemessen“

Die Kritik auf den Laumann-Vorstoß ließ nicht lange auf sich warten. Als „bevormundend und unangemessen“, kritisiert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) die CDA-Pläne für ein Standardprodukt zur Altersvorsorge.

„Wenn alle Arbeitnehmer von ihren Nettolöhnen noch Sparbeiträge in ein Standardprodukt ohne Wahlfreiheit einzahlen sollen, ist das ziemlich dirigistisch“, kommentiert BVK-Präsident Michael Heinz die CDA-Pläne in einer am Montagnachmittag verschickten Mitteilung. „Außerdem ist es nicht sachgerecht, die Altersvorsorge der Volatilität der Aktienmärkte zu überlassen.“

Weiter kritisiert der BVK, dass mit einem staatlich verordneten Standardprodukt die „sozialpolitische Aufgabe der Versicherungsvermittler“ ignoriert werde. So sorgten dank der qualifizierten Vermittlungstätigkeit die meisten Deutschen für das Alter mit Lebens- und Rentenversicherungen sowie mit Riester-Produkten vor. Nötig wäre eine bürokratische Entschlackung und Vereinfachung der staatlichen Riester-Förderung, so der Verband weiter. Die anbietenden Unternehmen müssten entlastet und die Kosten reduziert werden, um die Produkte attraktiver zu machen, heißt es.

„Das wäre ein konstruktiver Vorschlag und nicht ein staatlich gelenkter Fonds, der alle über einen Kamm schert“, so Heinz. „Ich kann mir daher derzeit nicht vorstellen, dass die CDU als Partei der Markwirtschaft und Freiheit das auf ihrem Parteitag beschließen wird.“

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Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare
Ulrich Mahlich
Vor 5 Jahren

Schon unglaublich, was mancher da von sich gibt. Wir haben ein ganz tolles Produkt unter staatlicher Kontrolle – die gesetzliche Rentenversicherung. Wenn ich nachrechne, was da vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber einbezahlt wird und was am Ende an Rente raus kommt, erschrecke ich über die Geldvernichtung.
Wer soll zur Standardvorsorge beraten, wenn keine Abschlusskosten erlaubt sind?
Ach so, auf Honorarbasis? Auch nicht schlecht! Dann verdienen wir endlich faires Geld für den tatsächlichen Aufwand und ohne Stornohaftung. Nur müssten wir dann auch für die Beratung zur Hausrat-, Unfall-, Privathaftpflicht-, KFZ- und anderen Versicherungen auch Honorar berechnen. Diese Beratung war seither nämlich stark unterbezahlt und musste durch die Altersvorsorgeberatung subventioniert werden. Unglaublich, diese immer wieder isolierte Betrachtungsweise von Unwissenden.
Ich schlage vor, wir reformieren zuerst einmal die Entlohnung unserer Politiker. Nebenbeschäftigungsverbot und Stundenlohn in Höhe des Durchschnittlichen Arbeitsentgeltes der deutschen Bevölkerung. Das wäre eine faire Bezahlung. Zusätzlich eine Durchgriffshaftung auf das Privatvermögen bei erkennbaren Schäden, die dem deutschen Volke angetan wurden, wenn nicht nachweisbar aktiv gegengewirkt wurde. Und ganz wichtig, die Abschaffung des Parteiensystems. Wirklich gute Köpfe werden leider viel zu oft von ihren Parteien ausgebremst und müssen faulen Absprachen weichen.

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Ulrich Mahlich
Vor 5 Jahren

Schon unglaublich, was mancher da von sich gibt. Wir haben ein ganz tolles Produkt unter staatlicher Kontrolle – die gesetzliche Rentenversicherung. Wenn ich nachrechne, was da vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber einbezahlt wird und was am Ende an Rente raus kommt, erschrecke ich über die Geldvernichtung.
Wer soll zur Standardvorsorge beraten, wenn keine Abschlusskosten erlaubt sind?
Ach so, auf Honorarbasis? Auch nicht schlecht! Dann verdienen wir endlich faires Geld für den tatsächlichen Aufwand und ohne Stornohaftung. Nur müssten wir dann auch für die Beratung zur Hausrat-, Unfall-, Privathaftpflicht-, KFZ- und anderen Versicherungen auch Honorar berechnen. Diese Beratung war seither nämlich stark unterbezahlt und musste durch die Altersvorsorgeberatung subventioniert werden. Unglaublich, diese immer wieder isolierte Betrachtungsweise von Unwissenden.
Ich schlage vor, wir reformieren zuerst einmal die Entlohnung unserer Politiker. Nebenbeschäftigungsverbot und Stundenlohn in Höhe des Durchschnittlichen Arbeitsentgeltes der deutschen Bevölkerung. Das wäre eine faire Bezahlung. Zusätzlich eine Durchgriffshaftung auf das Privatvermögen bei erkennbaren Schäden, die dem deutschen Volke angetan wurden, wenn nicht nachweisbar aktiv gegengewirkt wurde. Und ganz wichtig, die Abschaffung des Parteiensystems. Wirklich gute Köpfe werden leider viel zu oft von ihren Parteien ausgebremst und müssen faulen Absprachen weichen.

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